# taz.de -- G20-Gipfel in Rio de Janeiro: Der Wind hat sich gedreht | |
> Das Thema Ukraine steht beim G20-Gipfel nicht als Punkt auf der | |
> Tagesordnung. Bundeskanzler Scholz telefoniert nach zwei Jahren erstmals | |
> wieder mit Putin. | |
Bild: Armut im Fokus: Die leeren Teller am Strand in Rio repräsentieren die 73… | |
Das jährliche Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer, das | |
am Montag [1][im brasilianischen Rio de Janeiro] beginnt, fällt in eine Art | |
Übergangszeit. Für die USA reist Noch-Präsident Joe Biden an, sein | |
Nachfolger Donald Trump wird erst am 20. Januar ins Amt eingeführt. | |
Gastgeber Brasilien hat den Kampf gegen Hunger und Armut zum Schwerpunkt | |
seiner Präsidentschaft gemacht. Mit dem Machtwechsel im Weißen Haus wird | |
sich die Marschrichtung bei vielen wichtigen Themen wohl ändern. Das könnte | |
auch für den dann 1.000 Tage währenden Krieg in der Ukraine gelten. Das | |
Land könnte zwischen alle Stühle fallen. Unklar ist, wie lange die USA als | |
wichtigster militärischer Unterstützer ihre Hilfe aufrechterhalten werden. | |
Trump hatte angekündigt, den Krieg rasch zu beenden, zu welchen | |
Konditionen, [2][bleibt die spannende Frage.] | |
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist erst gar nicht eingeladen | |
nach Rio, beim letzten Gipfel in Delhi war er immerhin noch zugeschaltet. | |
Aber Brasiliens Präsident Lula da Silva hatte ausdrücklich eine Einladung | |
an Wladimir Putin ausgesprochen – der aber doch nicht selbst kommt, sondern | |
seinen Außenminister schickt. Auch das Thema Ukraine steht nicht explizit | |
als Punkt auf der Tagesordnung. Aus dem Kanzleramt heißt es, dass es | |
trotzdem angesprochen werden müsse. In den Gesprächen, die Olaf Scholz am | |
Rande des Gipfels führe, werde der russische Angriffskrieg eine wichtige | |
Rolle spielen. Scholz wird unter anderem den chinesischen Präsidenten Xi | |
Jinping und die Ministerpräsidenten Vietnams und Singapurs treffen. | |
Ob es das Thema Ukraine in die Abschlusserklärung schafft, ist jedoch | |
ebenfalls unklar. Als sich die G20-Staaten vor zwei Jahren im indonesischen | |
Bali trafen, verurteilte die Mehrheit den Krieg in der Abschlusserklärung | |
noch aufs Schärfste. Der Bundeskanzler feierte das damals auch als seinen | |
Erfolg. „Der russische Präsident steht mit seiner Politik in der Welt fast | |
alleine da. Er hat keine starken Bündnispartner“, stellte Scholz nach Ende | |
des G20-Gipfels fest. | |
Nun hat sich der Wind gedreht. Die Themen Ukraine, aber auch Nahost seien | |
in der Vorbereitung des Gipfels die am heftigsten umstrittenen gewesen, so | |
Vertraute des Kanzlers. Man werde sehen, wie weit man damit im Kommuniqué | |
komme. Und man hängt die Erwartungen schon jetzt tief. Der Erfolg des | |
Gipfels sollte nicht daran bemessen werden, „welche Adjektive man jetzt | |
noch in das Kommuniqué hineingezwängt kriegt“. Es werde auch ein Erfolg in | |
Rio sein, wenn sich eine Reihe von großen G20-Mitgliedern klar äußere und | |
das Thema anspreche. Im Klartext: Die Ukraine muss froh sein, wenn man | |
überhaupt noch über sie spricht. | |
Dort ist man gerade aber auch nicht so gut auf Deutschland zu sprechen. | |
Scholz hatte am Freitag das erste Mal seit zwei Jahren wieder mit Putin | |
telefoniert und diesen aufgefordert, den Krieg zu beenden. Aus Kyjiw kam | |
scharfe Kritik. „Das Gespräch war sehr ausführlich, hat aber auch zu der | |
Erkenntnis beigetragen, dass sich bei dem russischen Präsidenten an seinen | |
Ansichten zu diesem Krieg nicht viel geändert hat, was keine gute Nachricht | |
ist“, sagte Scholz im Nachgang. Das Gespräch sei auch mit Blick auf | |
diejenigen wichtig gewesen, die meinten, der [3][Konflikt könne einfach | |
beigelegt werden]. „Aber der kann ja nur beendet werden, wenn der russische | |
Präsident auch bereit ist, von seinen imperialistischen Zielen abzulassen“, | |
betonte er. | |
Ob Scholz selbst noch mal zum G20-Gipfel kommt, ist zurzeit eher | |
unwahrscheinlich. Auch in der SPD herrschen zum Teil offen formulierte | |
Zweifel, ob die SPD mit Scholz als Kanzlerkandidat die Wahl gewinnen kann. | |
Darauf angesprochen, meinte der Kanzler nur: „Die SPD und ich sind bereit, | |
in diese Auseinandersetzung zu ziehen mit dem Ziel, diese zu gewinnen.“ | |
18 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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