| # taz.de -- Diskussion um US-Raketen: Entscheidung mit kleiner Reichweite | |
| > Die deutsche Politik reagiert auf Bidens Kurswechsel in der Ukraine | |
| > weitgehend positiv. Aber kündigt sich auch ein Umdenken bei der eigenen | |
| > Linie an? | |
| Bild: Bleibt dabei? Scholz mit Präsident Selenskyj bei dessem Berlinbesuch im … | |
| Berlin/Rio de Janeiro taz | In Deutschland trifft [1][Joe Bidens | |
| Ankündigung, dass die Ukraine US-Raketen mit einer Reichweite bis zu 300 | |
| Kilometern auf russischem Gebiet einsetzen darf], auf ein geteiltes Echo. | |
| Die Union will, dass Deutschland dem Beispiel von Biden folgt. „Es wäre | |
| logisch, wenn Deutschland sich wie die USA verhielte“, sagt | |
| CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul. Allerdings ist die Aussage | |
| interpretationsoffen. Denn es gibt in der Ukraine keine deutschen | |
| Waffensysteme, die eine Reichweite von 300 Kilometern haben. Die Ukraine | |
| verfügt über eine – allerdings unbekannte – Zahl von britischen, | |
| französischen und US-Raketen mit Reichweiten von 250 bis 300 Kilometern. | |
| Die US-Regierung geht offenbar davon aus, dass Kyjiw die US-Raketen ATACMS | |
| nutzen wird, um den bevorstehenden Großangriff von russischen und | |
| [2][nordkoreanischen Truppen] auf die grenznahe Region Kursk zu stoppen. In | |
| Kursk hat die Ukraine russisches Gebiet besetzt. Das kann für Kyjiw ein | |
| taktischer Vorteil sein, falls der nächste US-Präsident Donald Trump einen | |
| Deal Frieden gegen Gebietsabtretung zugunsten von Russland forcieren würde. | |
| Offenbar ist Bidens Entscheidung auch ein Signal an Nordkorea. | |
| Am ersten Tag des G20-Gipfels in Rio löste sich Scholz aus dem Windschatten | |
| Joe Bidens. Weder will er der Ukraine erlauben, mit deutschen Waffen Ziele | |
| im russischen Hinterland zu attackieren, noch will er | |
| Taurus-Mittelstreckenraketen liefern. Scholz geht es ums Prinzip. Er sei | |
| sich sicher, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Sorgen | |
| machten um die Sicherheit und den Frieden in Europa. „Wir müssen deshalb | |
| das Richtige tun, das heißt, klare Worte finden, aber immer besonnen | |
| handeln. Und dabei bleibts.“ | |
| Heißt: keine Lieferung von Taurus, weil deutsche Soldatinnen und Soldaten | |
| in die Zielsteuerung eingebunden werden müssten. Und auch keinen Freibrief | |
| für den Einsatz anderer „starker“ Waffen. „Charkiw war eine Ausnahme, ab… | |
| das ändert nichts an den Grundprinzipien, die mir wichtig sind.“ | |
| Deutschland bleibe aber der zweitwichtigste Unterstützer der Ukraine. Fast | |
| scheint es so, der einzige. Denn das Thema Ukraine steht eigentlich gar | |
| nicht auf der Tagesordnung des G20-Gipfels in Rio. Es gestaltet sich | |
| offenbar auch mühselig, es in die Abschlusserklärung zu bekommen, wie | |
| Scholz andeutete. „Man muss dann auch Ross und Reiter benennen.“ | |
| Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock unterstützt den neuen Kurs der | |
| US-Regierung. Die Ukraine müsse die Abschussbasen im Inneren Russlands | |
| erreichen können, von denen aus Russland die Ukraine bombardiert, so die | |
| Außenministerin. Das sei „im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts“ legitim. | |
| [3][Baerbock und der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck] fordern ebenso | |
| wie viele Unionspolitiker, [4][dass Deutschland das Waffensystem Taurus an | |
| die Ukraine liefern]. Die Marschflugkörper haben eine Reichweite von bis zu | |
| 500 Kilometern. | |
| ## Vermeidung von Eskalationsgefahr | |
| [5][Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump haben sich auch die | |
| Koordinaten deutscher Politik verschoben.] „Die Abstimmung der | |
| Bundesregierung mit den USA wird künftig nicht mehr so eng sein, wie sie es | |
| mit Joe Biden war“, sagt SPD-Politiker Ralf Stegner zur taz. Das Nein von | |
| Scholz zu der Lieferung von Taurus sei mit der Vermeidung einer | |
| Eskalationsgefahr „gut begründet“. Dieser Grund sei ja „nicht entfallen�… | |
| Die Auswirkungen von Bidens Kurswechsel auf die deutsche Politik hält | |
| Stegner insofern für überschaubar. „Für Deutschland bedeutet das nichts | |
| Besonderes.“ | |
| Die FDP hatte kürzlich öffentlich darüber spekuliert, im Bundestag einen | |
| Antrag für die Taurus-Lieferung einzubringen. FDP-Fraktionschef Christian | |
| Dürr hatte erklärt, dass auch Union und Grüne dafür stimmen würden. | |
| Allerdings entscheidet über die Lieferung von Waffensystemen – anders als | |
| über den Einsatz der Bundeswehr – nicht der Bundestag, sondern der | |
| Bundessicherheitsrat und damit der Kanzler, der dem Gremium vorsteht. | |
| Zudem klingen die Stimmen aus der Union für eine schnelle Lieferung von | |
| Taurus eher gedämpft. CSU-Chef Markus Söder betonte zwar, die Union sei | |
| „immer offen bei Taurus“ gewesen. Nun aber müsse man abwarten, was Trump | |
| vorhabe. Die Union will im Wahlkampf offenbar den Eindruck vermeiden, den | |
| Krieg in der Ukraine unbedacht anzuheizen und Olaf Scholz somit ein | |
| Wahlkampfthema frei Haus zu liefern. | |
| 18 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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