Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- G20-Gipfel in Brasilien: Milei will mit Kapitalismus aus der Armut
> Erstmals trafen sich Brasiliens Präsident Lula und Argentiniens Präsident
> Milei auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Die Stimmung blieb
> unterkühlt.
Bild: Eiseskälte beim Fototermin: Karina Milei, Javier Milei, Luiz Inacio Lula…
Buenos Aires taz | Die eisige Begrüßung zwischen G20-Gastgeberpräsident
Lula da Silva und seinem argentinischen Amtskollegen Javier Milei am
Montagmorgen verhieß nichts Gutes. Nicht vergessen ist, dass Milei
Brasiliens Regierungschef Lula noch vor einem Jahr als „korrupt“,
„kommunistisch“ und als „Linken mit einem aufgeblasenem Ego“ beschimpft
hatte.
Umso überraschender war die Nachricht, dass Argentinien schließlich doch
der „Globalen Allianz gegen Hunger und Armut“ beigetreten ist, die von Lula
[1][auf dem Gipfel] in Rio de Janeiro ins Leben gerufen und von über 80
Ländern unterstützt wurde. Bis zum letzten Moment hatte sich der libertäre
Präsident geweigert, die Allianz zu unterstützen, deren Ziel die
Beseitigung des Hungers bis 2030 ist.
Allerdings setzt Mileis dabei seine eigenen Akzente. „Argentinien ist
entschlossen, Hunger und Armut mit Hilfe von Marktreformen zu bekämpfen“,
fügte er in einer eigenen Zusatzerklärung hinzu. Und weiter heißt es:
„Sozialistische Politiken verletzen die Rechte des Einzelnen und
verursachen durch das Abwürgen der Wirtschaft von Nationalstaaten eine
unhaltbare Unterentwicklung, die eine wirksame Bekämpfung von Hunger und
Armut verhindert“.
## Bloß keine Reichensteuer
Und als sei das nicht deutlich genug, legte das Präsidialamt in
Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires nach. „Präsident Javier Milei vertritt
eine klare Position: Wenn wir den Hunger bekämpfen und die Armut ausrotten
wollen, ist die Lösung, den Staat aus dem Weg zu räumen. […]. Der
Kapitalismus der freien Marktwirtschaft hat bereits 90 Prozent der
Weltbevölkerung aus der extremen Armut geholt und die Lebenserwartung
verdoppelt“, heißt es in der am Montagabend verbreiteten Erklärung.
Auch die allgemeine Abschlusserklärung unterstützt Milei nur unter
Vorbehalt. „Zum ersten Mal seit der Teilnahme Argentiniens am G20
unterzeichnete die Regierung die Erklärung der Präsidenten und distanzierte
sich teilweise von allen Inhalten bezüglich der Agenda 2030“, bestätigte
sein Präsidialamt in Buenos Aires. Deutlich wurde Milei beim Thema
Reichensteuer. „Zählen Sie nicht auf uns, wenn das Recht auf Eigentum durch
Steuern und Vorschriften verletzt werden soll“, sagte er am Gipfeltisch.
Was inzwischen als Milei-Doktrin bekannt ist, wurde bereits im Juni auf der
Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)
demonstriert. [2][Milei hatte die Ablehnung aller Resolutionen angeordnet,
die sich positiv auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beziehen.]
Jüngstes Beispiel ist das [3][vorzeitige Verlassen der argentinischen
Delegation] der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku.
## Gegen Frauenrechte, aber für Fracking
Hinzu kommt die Ablehnung von zwei UN-Resolutionen. Am 11. November stimmte
Argentinien als einziges Land gegen eine Resolution der
UN-Generalversammlung zur Prävention und Beseitigung aller Formen von
Gewalt gegen Frauen und Mädchen, insbesondere im digitalen Umfeld gestimmt.
Die Resolution war unter anderen von Deutschland eingebracht worden. 170
Länder stimmten dafür, 13 enthielten sich der Stimme, nur Argentinien
votierte dagegen.
Bereits eine Woche zuvor war Argentinien das einzige Land, das eine
Resolution zu den Rechten indigener Völker ablehnte. „Es ist notwendig, die
Rechte der indigenen Völker und ihrer Territorien, Ländereien und
Ökosysteme anzuerkennen, zu respektieren, zu fördern und zu schützen“,
heißt es darin. 168 Länder stimmten für die Resolution, sieben enthielten
sich.
Doch trotz der Eiseskälte zwischen Lula und Milei sorgte eine Nachricht für
eine wohltemperierte Atmosphäre. Beide Regierungen unterzeichneten am
Montag in Rio de Janeiro ein Abkommen, das die Lieferung von Gas aus dem
[4][patagonischen Fracking-Gebiet Vaca Muerta] an die brasilianische
Industrie beschleunigt werden soll.
19 Nov 2024
## LINKS
[1] /G20-Gipfel-in-Rio-de-Janeiro/!6047006
[2] /Organisation-Amerikanischer-Staaten/!6020438
[3] /UN-Klimakonferenz-in-Baku/!6049455
[4] /Alberto-Acosta-zu-Fracking-in-Argentinien/!5924912
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
G20-Gipfel
Javier Milei
Luiz Inácio Lula da Silva
Brasilien
Argentinien
Argentinien
G20-Gipfel
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)
Fracking
## ARTIKEL ZUM THEMA
Argentinien ein Jahr unter Javier Milei: Arm sein im Anarcho-Kapitalismus
Argentiniens Präsident legt die Kettensäge an den Sozialstaat. In den
Elendsvierteln von Buenos Aires nutzt das vor allem den Drogenbaronen.
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien: Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
Auf dem G20-Gipfel wurde deutlich, wie sehr sich die Gewichte in der Welt
verschieben. Der Westen steht mit seiner Kritik am russischen Einmarsch
allein da.
G20-Gipfel in Rio de Janeiro: Der Wind hat sich gedreht
Das Thema Ukraine steht beim G20-Gipfel nicht als Punkt auf der
Tagesordnung. Bundeskanzler Scholz telefoniert nach zwei Jahren erstmals
wieder mit Putin.
Organisation Amerikanischer Staaten: Mileis Fußnoten gegen LGBTI+
In Paraguays Hauptstadt endete die Generalversammlung der OAS. Argentinien
war bemüht, alle progressiven Inhalte aus der Schlussresolution
rauszustreichen.
Alberto Acosta zu Fracking in Argentinien: „Mehr Abbau, weniger Demokratie“
Argentinien bringt seine Schiefergasvorkommen ins Spiel. Der
ecuadorianische Ökonom Alberto Acosta hat mit einem Tribunal die Zerstörung
begutachtet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.