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# taz.de -- Nach Überschwemmungen in Spanien: Tausende werden weiter vermisst
> Die Schäden durch die verheerenden Unwetter in Spanien sind größer als
> angenommen. Die Zahl der Toten dürfte noch deutlich steigen.
Bild: Paiporta bei Valencia: Gewaltige Zerstörung und noch immer sind viele Me…
Madrid taz | Langsam wird das ganze Ausmaß der [1][Überschwemmungen] in der
spanischen Mittelmeerregion Valencia klar. 211 Tote wurden bereits
geborgen. Dutzende weitere Leichen seien – so die Presse – gefunden worden
und würden auf die Bergung warten.
Doch damit nicht genug. In einem Dokument des Krisenstabes, das von der
online-Zeitung [2][elDiario.es] veröffentlicht wurde, ist von 1.900
Vermisstenmeldungen die Rede. Selbst wenn davon manche doppelt gemacht
wurden und andere wieder aufgetaucht sind, ohne den Behörden Bescheid zu
sagen, wird die Zahl der Todesopfer ganz sicher erheblich steigen.
Um die Sucharbeiten zu beschleunigen, kamen am Samstagabend und Sonntag
früh weitere 5.000 Soldaten in das Krisengebiet, um die regionalen
Hilfskräfte und Feuerwehren zu unterstützen. Damit sind jetzt knapp 8.000
Soldaten im Einsatz – 1.200 davon aus der auf Katastrophen spezialisierten
Militärischen Notfalleinheit UME.
Hinzu kommen 4.000 Polizisten. Weitere 5.000 werden entsandt. Unter anderem
sollen sie Plünderungen verhindern. Es sei „das größte Aufgebot, das
Spanien in Friedenszeiten je erlebt hat“, erklärt in einer Ansprache
Ministerpräsident Pedro Sánchez.
## Tiefgaragen als Todesfalle
Während am Wochenende [3][Tausende von Freiwilligen] aus dem Umland und dem
restlichen Spanien der Bevölkerung bei den Aufräumarbeiten zur Seite
standen, suchen Armee und Feuerwehren weiter nach Opfern. Eine Frau, die
seit Dienstag in ihrem Auto eingeschlossen überlebte, wurde in Benetússer –
einem südlichen Vorort der Stadt Valencia – gerettet. Und 30 Kilometer
weiter die Küste entlang in Riola fanden die Rettungskräfte eine Frau mit
ihrem Bay, die völlig isoliert überlebt hatten.
Doch solch gute Nachrichten sind selten. Die Retter befürchten, vor allem
in den Tiefgaragen unter Wohnblocks und Einkaufszentren weitere Todesopfer
zu finden. Vielerorts hatte es nicht einmal geregnet. Es waren die Fluten,
die vom Oberlauf des Flusses Barranco del Poyo kamen, die die Dörfer
zerstörten. Die Regionalregierung hätte Zeit gehabt, die Bevölkerung
rechtzeitig zu warnen. Doch die Handys schrillten viel zu spät. Viele
Menschen waren da bereits von den Fluten eingeschlossen oder hatten gar ihr
Leben verloren.
Der Barranco del Poyo stieg durch den Starkregen schlagartig an und führte
Wassermengen wie sonst nur Spaniens größter Fluss, der Ebro. Dort wo der
Barranco del Poyo über die Ufer trat, verwandelten sich Straßen in
reißenden Flüsse. Einfahrten zu Tiefgaragen wurden zu regelrechten
Abflüssen mit riesigen Strudeln, die alles rundherum mitrissen.
In vielen Tiefgaragen befanden sich außerdem Anwohner, die – als das erste
Wasser kam – glaubten, ihr Auto noch retten zu können. Eine verheerende
Fehleinschätzung der Lage. In viele dieser Tiefgaragen konnten die Retter
noch nicht vordringen, da sie erst einmal leergepumpt werden müssen.
## Regionalregierung vollkommen überfordert
Fünf Tage hat die Regionalregierung von Valencia gebraucht, um die
Rettungsarbeiten zu strukturieren. Am Samstagnachmittag trat der
konservative Regionalpräsident Carlos Mazón vor die Presse und kündigte die
Gründung von fünf Arbeitsgruppen zur Soforthilfe an – für Gesundheit,
Wirtschaft, Arbeit, Wohnung, Soziales sowie Transport und Verkehr. In jeder
dieser Gruppen soll neben den Regionalministerien auch die zuständigen
MinisterInnen der Zentralregierung in Madrid vertreten sein, so bat Mazón
den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez.
Dieser hatte wenige Stunden zuvor in einer Institutionellen Ansprache Mazón
aufgefordert, zu verlangen, was immer er brauche. Sánchez hatte
gleichzeitig abgelehnt, direkt einzuschreiten, in dem er einen Alarmzustand
ausrufen lässt, der der Regionalregierung die Kompetenzen entziehen würde.
„Die valencianischen Behörden kennen das Gelände besser als jeder andere“,
begründete er diese Entscheidung.
Mazón hob im Gegenzug die Notfallstufe nicht auf die Stufe 3 an. Dies hätte
ebenfalls die Übergabe der Kompetenzen an Madrid zufolge gehabt. De facto
jedoch – so analysiert die Presse – erkenne Mazón mit der Ankündigung, die
Minister in die Arbeitsgruppen aufnehmen zu wollen, an, dass er und seine
Verwaltung restlos überfordert sind.
## Katastrophenalarm hatte Verspätung
Nicht nur, dass der Katastrophenalarm mit bis zu zwölf Stunden Verspätung
auf die Handys kam; nach der Flut lehnte Mazón das Angebot der
Nachbarregion Katalonien, 200 Feuerwehrleute zu schicken, ebenso ab wie die
in Madrid eingegangene Offerte für Retter aus Frankreich. Zwei Hubschrauber
aus dem südspanischen Andalusien flogen am Wochenende wieder nach Hause.
Sie hätten keinen einzigen Auftrag zugeteilt bekommen, beschwerten sich die
Verantwortlichen frustriert.
Erste Bestandsaufnahmen gehen davon aus, dass mindestens 77.000 Häuser und
Wohnungen von der Überschwemmung betroffen sind. Dutzende Kilometer Gleise
der Nahverkehrszüge müssen neu verlegt werden. Der Hochgeschwindigkeitszug
Madrid- Valencia wird wohl kaum vor Mitte November wieder fahren. Und viele
Straßen, darunter auch vierspurige Schnellstraßen, sind bis auf Weiteres
nicht befahrbar. Das Wasser riss Teile der Fahrbahn und Brücken mit sich.
Während nach und nach die Strom- und Wasserversorgung in den betroffenen
Gemeinden wieder hergestellt werden kann, befürchten die Rettungskräfte
jetzt gesundheitliche Gefahren durch die Pfützen und Schlamm. „Nach 72
Stunden Hochwasser steigt die Ansteckungsgefahr, es besteht sofortiger
Handlungsbedarf“, warnt José María Martín-Moreno, Professor für
Präventivmedizin und öffentliche Gesundheit an der Universität Valencia. Zu
den besorgniserregendsten Infektionskrankheiten durch Konsum und Kontakt
mit verunreinigtem Wasser zählen Gastroenteritis, Hepatitis A und
Leptospirose. Darüber hinaus könnten Haut- und Augeninfektionen auftreten.
3 Nov 2024
## LINKS
[1] /Schweres-Unwetter/!6042825
[2] https://www.eldiario.es/comunitat-valenciana/catastrofe-inedita-polemica-ge…
[3] /211-Tote-nach-Unwettern-in-Spanien/!6046483
## AUTOREN
Reiner Wandler
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Spanien
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