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# taz.de -- Flutkatastrophe in Spanien: Viel zu spät gewarnt
> Die über 220 Toten am 29. Oktober 2024 bei der Flutkatastrophe in
> Valencia waren vermeidbar, sagt eine Richterin. Sie wirft den Behörden
> Versagen vor.
Bild: Die Menschen Valencias wurden von der Politik vergessen und tragen nun di…
Madrid taz | „Die Sachschäden ließen sich nicht vermeiden, die Toten jedoch
schon.“ Zu diesem Zwischenergebnis kommt Richterin Nuría Ruiz Tobarra, die
in Sachen Flutkatastrophe am 29. Oktober 2024 in der spanischen Region
Valencia ermittelt.
„In den Aussagen von Angehörigen und Zeugen ist immer wieder zu hören, dass
die Warnung auffallend spät erfolgte. Die in der Warn-SMS enthaltene
Empfehlung, das Reisen zu meiden, erfolgte um 20:11 Uhr (…) viele Opfer
starben, ohne das Erdgeschoss ihrer Häuser zu verlassen, auf dem Weg in die
Garage oder einfach, weil sie sich auf einer öffentlichen Straße befanden“,
heißt es in einem Schreiben der Richterin am Amtsgericht in Catarroja
unweit der Mittelmeermetropole Valencia an die linksalternative Partei
Podemos. Sie tritt als Nebenkläger im Verfahren auf.
Am 29. Oktober 2024 regnete es im Landesinneren der Region Valencia in nur
wenigen Stunden mehr als sonst in einem ganzen Jahr. Die einen Großteil des
Jahres völlig ausgetrockneten Flussläufe füllten sich schlagartig. Die
Wassermassen bahnten sich ihren Weg hinab an die Küste.
Der größte Flusslauf, Barranco del Poyo, führte schließlich mehr Wasser als
Spaniens größter Fluss Ebro und trat über die Ufer. Die Fluten rissen alles
mit, was es auf ihrem Weg fand. Ganze Dörfer wurden überschwemmt. Teilweise
stieg das Wasser bis zum ersten Stock, in einem Industriegebiet gar auf
sechs Meter.
## Von der Flut überrascht
[1][Die Menschen wurden von der Flut überrascht]. Denn dort wo das Wasser
am höchsten stieg, hatte es den ganzen Tag über nicht einmal geregnet. Vom
Beginn des Starkregens im Landesinneren um die Mittagszeit bis zur
Überschwemmung gegen 18.10 Uhr wäre genug Zeit gewesen, die Bevölkerung zu
warnen. Doch die Warn-SMS kam erst gegen 20:11 Uhr, als die Betroffenen
längst um ihr Leben rangen und so mancher schon ertrunken war. Über 220
Menschen kamen uns Leben.
Ruiz Tobarra konzentriert sich bei ihrer Arbeit jetzt darauf,
herauszufinden, wer, wann und warum versagte. Spanien hat, wie andere
Länder auch, ein System, um Warnhinweise auf Mobiltelefone zu schicken, die
in einer bestimmten Region eingeloggt sind. Dafür zuständig sind die
Behörden der Regierungen der Autonomen Gemeinschaften. Diese sind
vergleichbar mit einem Bundesland.
Langsam wird klar, was an jenem Tag in Valencia geschah. Die regionale
Innenministerin Salomé Pradas befand sich auf einer Krisensitzung mit über
30 Behörden und Rettungsdiensten. Ihr Chef, [2][der valencianische
Regionalpräsident Carlos Mazón] hingegen fehlte.
Er speiste den ganzen Nachmittag über mit einer Journalistin und stieß erst
nach 19 Uhr 30 zur Krisensitzung – über zwei ein halb Stunden nach deren
Beginn und als die Dörfer südlich von Valencia längst unter Wasser standen.
## Verbindungen unterbrochen
Innenministerin Pradas wusste – so hat sie mittlerweile eingestanden –
nichts vom Warnsystem und wie es in Gang zu setzen war. Obwohl die
Techniker ihr das erklärten und einen Warnhinweis verfassten, weigerte sie
sich die Nachricht zu senden, bevor Mazón auftauchte. Und das, obwohl sie
vom technischen Personal und Chef des Kreises Valencia regelrecht bekniet
wurde.
Um 18.10 Uhr, just, als das Wasser in die Dörfer eindrang, wurden die
Verbindungen der Vertreterin der Zentralregierung von Madrid und die der
staatlichen Rettungsdienste, die bei der Sitzung zugeschaltet waren,
unterbrochen. Um 19 Uhr waren sie wieder online, um gegen 19 Uhr 40 als
Mazón eingetroffen war, erneut aus der Leitung geschmissen zu werden.
Mazón und Pradas entfernten sich von der Sitzung und debattierten. Als sie
sich endlich einig waren, wurde die Warnnachricht abgesetzt. Viel zu spät.
Die betroffenen Menschen „konnten keinerlei Maßnahmen ergreifen, um sich zu
schützen“, heißt es in einem Schriftsatz der Richterin. Die Nachricht sei
nicht nur viel zu spät gekommen, sondern von „in die Irre führendem Inhalt�…
gewesen.Vier Wochen nach der Katastrophe entließ Mazón Pradas – in der
Hoffnung das Bauernopfer würde ihn retten. Vergebens, die Ermittlungen
gehen weiter.
20 Feb 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Überflutung
Naturkatastrophe
Social-Auswahl
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Spanien
Schwerpunkt Klimawandel
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