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# taz.de -- Erste Cannabis-Shops in Deutschland: Kiffen für die Wissenschaft
> Hannover und Frankfurt am Main wagen den Verkauf von Cannabis in
> speziellen Shops. Wer kauft, muss sich von Wissenschaftler*innen
> befragen lassen.
Bild: Legal zu kaufendes Cannabis: Darin wird es kaum Spuren von Pestiziden ode…
Hamburg taz | Schnell noch einen entspannenden Indica-Strain für den
Feierabend und ein paar anregende Sativa-Blüten für die Party übermorgen
shoppen: Wovon Kiffer*innen seit jeher träumen, soll in Hannover und
Frankfurt am Main ab Anfang 2025 möglich sein – sich sein Gras legal und
ohne Sorge vor Verunreinigungen im Shop zu kaufen, statt beim Dealer um die
Ecke. Als erste Städte in Deutschland starten sie gemeinsam einen
Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an speziellen
Verkaufsstellen im Stadtgebiet. In Hannover sind bis zu drei Cannabis-Shops
geplant.
„Uns geht es um die Anerkennung gesellschaftlicher Realitäten“, sagte
Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) bei der Vorstellung des Projekts
vergangene Woche. Die Zahl der Konsumierenden steige, Verbote brächten
nichts, steigende Werte der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol
(THC) und Verunreinigungen seien gefährlich. [1][Der illegale Markt solle
zurückgedrängt werden], die Stadt erhoffe sich von dem Projekt auch einen
verbesserten Jugendschutz.
Begleitet wird das auf fünf Jahre angelegte Projekt von einer Studie der
Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die rund 4.000 Teilnehmenden
müssen sich regelmäßig von den Wissenschaftler*innen befragen lassen –
und sich aktiv beteiligen. Dazu ist eine Vergleichsstudie mit Mitgliedern
des Cannabis Social Club Hannover geplant. In Frankfurt wird das Projekt
von der Frankfurt University of Applied Sciences begleitet.
Wer in Hannover teilnehmen will, erhält einen pseudonymisierten Ausweis.
Niemand weiß also, wer sich gerade Purple Haze kauft. Mit Hilfe des
Ausweises und eines QR-Codes auf den Verpackungen könne aber zweifelsfrei
festgestellt werden, in welcher Abgabestelle welche Menge Cannabis im
laufenden Monat gekauft wurde, so die Universität. Wer die Produkte an
Dritte weitergibt, wird von der Studie ausgeschlossen. So soll
Konsumtourismus verhindert werden.
## Ausbau der Präventionsangebote
Um beraten zu können, soll das Personal der Verkaufsstellen entsprechend
geschult werden. Bei auffälligem und riskantem Konsumverhalten soll es
eingreifen und Betroffene niedrigschwellig aktiv ansprechen, bevor eine
Abhängigkeit entsteht. Zudem ermöglicht die zentral verwendete Software,
mit der unter anderem die Konsummenge dokumentiert wird, auch eine
individuelle Auswertung des Konsummusters. Workshops zu „Safer-Use und
Konsumkompetenz“ sind ebenfalls geplant. Die bestehenden Beratungs- und
Präventionsangebote sollen darüber hinaus weiter ausgebaut werden, mit
besonderem Fokus auf Kinder, Jugendliche und jungen Erwachsene.
Hannovers Sozialdezernentin Sylvia Bruns (FDP) betont, dass es bei dem
Projekt zunächst vor allem um wissenschaftliche Erkenntnisse gehe. Sie
gäben Aufschluss über die Auswirkungen eines legalen Verkaufs auf die
Konsumhäufigkeit, auf Veränderungen bei der Auswahl des THC-Gehalts oder
einen Wechsel auf Produkte mit geringerer Gesundheitsschädigung. „Wir
wollen uns damit von Vermutungen und ideologischen Debatten entfernen“, so
Bruns.
„Die Daten aus dieser Studie könnten künftig eine wichtige Grundlage für
die Gestaltung einer zukunftsorientierten Drogenpolitik bilden“, sagt
Professorin Kirsten Müller-Vahl von der MHH, die die Studie als
geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie
und Psychotherapie verantwortet. Es ließe sich so feststellen, ob der
Gesundheits- und Jugendschutz gestärkt, Konsumrisiken verringert und der
illegale Markt zurückgedrängt werden können, so Müller-Vahl. Langfristig
könnten so sichere Rahmenbedingungen für Konsumierende geschaffen und
öffentliche Gesundheitsressourcen effektiver genutzt werden.
Umgesetzt werden soll das hannoversche Modellprojekt gemeinsam mit dem
Berliner Unternehmen Sanity Group. Das führt seit 2023 bereits [2][den
größten Cannabis-Versuch in der Schweiz] durch und betreibt im Kanton
Basel-Landschaft zwei Verkaufsstellen. Es ist das erste Projekt in der
Schweiz, in dem Cannabis in speziellen Shops verkauft wird.
## Sauberes Cannabis ohne verbotene Pestizide
Kürzlich haben die Berliner*innen in 30 deutschen Städten Stichproben
zu Cannabis auf dem Schwarzmarkt erhoben, darunter auch in Hannover. „Die
Ergebnisse dieser Analysen untermauern deutlich, wie dringend der
politische Handlungsbedarf wirklich ist“, sagt Projektleiter Leonard
Friedrich, der in Hannover für das Verkaufsstellenkonzept verantwortlich
ist. In Proben seien dort beispielsweise Spuren von in der EU
[3][verbotenen Pestiziden sowie von Kokain] gefunden worden. Solche
Modellprojekte seien „ein enorm wichtiger Schritt hin zu einem legalen
Zugang zu sauberen, sicheren Produkten“.
Regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten sind [4][als zweite
Säule des Cannabisgesetzes] vorgesehen. Ein vergleichbares Projekt gibt es
in Deutschland bislang nur in Wiesbaden. Dort hat sich die Stadt für ein
Modell zur Abgabe in 10 bis 15 ausgewählten Apotheken beworben. Auch dieses
Projekt soll 2025 starten, [5][das Interesse ist groß]. Über die
Bewilligung der Anträge muss noch das Bundesamt für Ernährung und
Landwirtschaft entscheiden.
Wiesbaden will sich dafür dem bundesweiten Forschungsprojekt des Zentrums
für Interdisziplinäre Suchtforschung Hamburg (ZIS) in Kooperation mit dem
Verein „Cannabis Forschung Deutschland“ anschließen. Bundesweit wollen sich
25 Städte beteiligen. Dabei soll die regionale Abgabe von Cannabis in
Fachgeschäften oder Apotheken erprobt und die Auswirkungen auf die
Konsument*innenzahl, Konsummengen sowie unerwünschte Nebeneffekte wie
Suchterkrankungen und Kriminalität untersucht werden.
4 Nov 2024
## LINKS
[1] /Cannabisgesetz-im-Bundestag/!5993986
[2] https://www.srf.ch/news/schweiz/pilotversuch-im-baselbiet-deutsche-firma-st…
[3] https://sanitygroup.com/2024/10/23/pestizide-covid-19-crystal-meth-und-koka…
[4] /Cannabisgesetz-im-Bundestag/!5993986
[5] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/08/23/wiesbaden…
## AUTOREN
Robert Matthies
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