| # taz.de -- Bundestag debattiert über Cannabisgesetz: Symbolstreit ums Kiffen | |
| > Die Union hinterfragt das Cannabisgesetz, um als Opposition Kante zu | |
| > zeigen. Die letzte Novembersitzung des Bundestags – eine Keilerei ums | |
| > Kiffen. | |
| Bild: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigt das Gesetz: Es… | |
| Berlin taz | „Ich weiß nicht, was Sie heute Morgen geraucht haben, um das | |
| Thema auf die Tagesordnung zu setzen“, sagt Jürgen Lenders (FDP) am | |
| Freitagmorgen im Bundestag in Richtung der laut zeternden Fraktion von CDU | |
| und CSU. Es ist die letzte Sitzung im November. Kurz zuvor wurde die | |
| kommende Sitzungswoche, eigentlich dem Haushalt gewidmet, wegen des | |
| Ampelbruchs gekippt. Das heißt, der Bundestag kommt erst am vierten | |
| Dezember wieder zusammen. In der Aktuellen Stunde verlangt die Union, das | |
| Cannabisgesetz zu diskutieren. Dabei ist die To-do-Liste drängenderer | |
| Themen lang. | |
| Es gäbe vieles zu besprechen und das seit April bestehende Cannabisgesetz | |
| sei nun wirklich nicht das Problem, kritisiert Janine Wissler (Linke). Hier | |
| gehe es mal wieder um einen Antrag der „Verbotsunion“, die Menschen | |
| entmündigen wolle. „Kotzelachen beim Oktoberfest sei Kulturgut, aber eine | |
| Tüte rauchen nicht“, so Wissler weiter. | |
| Man müsse die Auswirkungen auf die innere Sicherheit ernst nehmen, heißt es | |
| hingegen im Antrag der Union. Auch der Cannabiskonsum von Minderjährigen | |
| sei besorgniserregend. „Die Drogenmafia ist nicht nach Deutschland | |
| unterwegs, sie ist längst angekommen“, meint Silke Launert (CDU) zu Beginn. | |
| Die Ampel habe eine „Einladung an Kriminelle“ ausgesprochen. Als Beispiel | |
| nennt sie die sogenannte „Mocro Mafia“, die an der niederländischen Grenze | |
| agiert und vornehmlich aus Marokkanern bestehe. „Sie haben es bestimmt gut | |
| gemeint, Herr Lauterbach“, sagt sie. Aber die [1][Drogenkriminalität sei in | |
| NRW] angekommen. Bandenkriege und Schießereien im öffentlichen Raum, all | |
| das führt die CDU Abgeordnete auf das „vermurkste“ Gesetz zurück. Der | |
| Schwarzmarkt sei entgegen der Versprechungen nicht ausgetrocknet worden. | |
| ## Lauterbach verteidigt drogenpolitischen Kurs | |
| Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigt das Gesetz: Es | |
| sei ein wichtiger Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Das Monopol für | |
| Dealer beim Verkauf von Gras sei das Problem für die Kriminalität gewesen. | |
| „Die niederländischen Clans sind das Ergebnis der gescheiterten | |
| Drogenpolitik“, so der Minister. Das sei das Erbe der vorherigen Regierung. | |
| Es gebe keine Evidenz dafür, dass das Gesetz nun den Konsum in der | |
| Bevölkerung erhöhe. Man müsse dem Gesetz eine Chance geben. Nicht die | |
| Konsumenten seien kriminell, sondern die Dealer. Präventionsangebote und | |
| Jugendschutz bleibe weiterhin eine Priorität. | |
| Seit dem ersten April dieses Jahres darf in Deutschland Cannabis konsumiert | |
| und in Maßen [2][privat angebaut] werden. Das Gesetz ist jedoch in | |
| [3][vielen Punkten limitiert], sodass man genau genommen nicht von einer | |
| Legalisierung, sondern eher einer Entkriminalisierung spricht. Bei einer | |
| Legalisierung wäre auch ein privater Handel, also Dealen, erlaubt. | |
| Stattdessen findet seit dem ersten Juli über [4][sogenannte Cannabis Social | |
| Clubs] eine legale, kontrollierte Abgabe statt. Dazu kommen strenge | |
| Auflagen, wo man öffentlich rauchen darf. | |
| Unter dem lauten Gejohle von Union und AfD fragt Lauterbach: „Was wäre denn | |
| sonst das Konzept gewesen?“. Beatrix von Storch (AfD) entgegnet daraufhin | |
| nur flapsig: „Hören Sie auf zu kiffen, Lauterbach“. Ihr Parteikollege | |
| Martin Sichert (AfD) holt stattdessen zum Schlag gegen die Union aus. „Es | |
| ist verrückt, so zu tun, als seien Kiffer ein Risiko für die innere | |
| Sicherheit“, so Sichert. Es seien die Migrant:innen. | |
| ## Ein Erfolg der Ampel | |
| Die FDP verteidigt das [5][Gesetz der gemeinsamen Koalition]. So lobt | |
| Kristine Lütke (FDP), dass man bei diesem Thema gut zusammengearbeitet | |
| habe. Eine ernsthafte Debatte über die Folgen des Gesetzes, lasse sich erst | |
| führen, wenn dazu Daten vorliegen. Dem pflichten die SPD und Grünen bei. | |
| Die Evaluation ist im kommenden Jahr geplant. | |
| Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) schießt in ihrer Rede nach rechts. Die | |
| Union habe „ein seltsam obzessives Verhältnis zum Thema Cannabis, was nur | |
| noch vom Gendern getoppt werde“, sagt sie. „Kämpfen Sie doch gemeinsam mit | |
| uns“, so die Grünen Politikerin weiter. | |
| ## Widerstand von der Union | |
| Gemeinsam kämpfen, so macht die Union mit Aktionen wie diesen immer wieder | |
| deutlich, will sie nicht. Es ist weiterhin unklar, welche Gesetze der Ampel | |
| nun mit der [6][benötigen Unterstützung der CDU künftig verabschiedet | |
| werden]. „Die Hobbykiffer, das ist die Community der Grünen“, so Tino Sorge | |
| (CDU). | |
| „Beruhigen Sie sich ein bisschen, genießen Sie die Auszeit und dann geht es | |
| weiter“, sagt die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Ende der hitzigen | |
| Diskussion. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundestag ab dem vierten | |
| Dezember dann wieder mehr mit zentralen und zukunftsgerichteten Vorhaben | |
| beschäftigen wird. Der vermutlich anstehende Wahlkampf findet seit dieser | |
| Woche Einzug in ideologisch gefärbte Bundestagsdebatten. | |
| 15 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stella Lueneberg | |
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