| # taz.de -- Hanf Museum wird 30: Party im Herz der Legalisierung | |
| > Seit 1994 kämpft das Hanf Museum in Berlin-Mitte gegen die Verdammung des | |
| > Hanf. Doch die Legalisierung steht schon wieder unter Beschuss. | |
| Bild: Ein Ort „aufgebaut auf Optimismus“: Das Hanf Museum | |
| Das Hanf Museum in Mitte mag nur ein kleines Museum sein, in dem seit 30 | |
| Jahren in einer Dauerausstellung die Vorteile der Nutzpflanze Hanf | |
| herausgestellt werden. Es ist das einzige seiner Art in ganz Deutschland. | |
| Aus der Ankündigung der großen Feierlichkeiten zum 30. Geburtstag, die am | |
| heutigen Freitag stattfinden wird, lässt sich jedoch keine falsche | |
| Bescheidenheit herauslesen. Als „heimliches Herz der | |
| Legalisierungsbewegung“ bezeichnet man sich dort selbst. Und als einen Ort, | |
| der seit drei Jahrzehnten das „Land verändert“. | |
| Die [1][Jubiläumsfeier am Freitag] wird bunt: Ab 12 Uhr gibt es einen | |
| Hanfbrunch und um 14 Uhr eine Geburtstagstorte, am Nachmittag finden zwei | |
| Podiumsdiskussionen statt. Abends gibt der dem Cannabis zugewandte | |
| Liedermacher Götz Widmann ein Konzert. | |
| Keine Frage: Man klopft sich im Hanf Museum ein wenig selber auf die | |
| Schulter dafür, dass die Ampelregierung die Prohibition von Cannabis | |
| aufgehoben hat und seit April dieses Jahres mit Einschränkungen privat Hanf | |
| angebaut und öffentlich gekifft werden darf. Und es stimmt ja auch: Das | |
| Museum informiert sachlich und verfolgt einen Bildungsauftrag, aber genauso | |
| ist man dort aktivistisch tätig. Die jährliche Hanfparade etwa, eine | |
| Demonstration für die Legalisierung von Cannabis, die es schon fast so | |
| lange gibt wie das Museum, wird seit vielen Jahren im Inneren dieser | |
| Einrichtung im Nikolaiviertel organisiert. | |
| Im Museumskeller trifft die taz anlässlich des Jubiläums zwei Veteranen des | |
| Museums: Rolf Ebbinghaus, auch „Rollo“ genannt, ist Mitgründer und sitzt im | |
| Vorstand des gemeinnützigen Vereins, der hinter dem Museum steckt. Steffen | |
| Geyer gehört immerhin auch schon seit 23 Jahren mit zum Team. | |
| ## Die „nützlichste Pflanze der Welt“ | |
| Ebbinghaus sagt, bei der Gründung seien sie gerade drei Leute gewesen, die | |
| den Plan fassten, eine Dauerausstellung „zur alten Kulturpflanze Hanf“ | |
| einzurichten. Sie hätten so dazu beitragen wollen, Vorurteile gegenüber | |
| Hanf abzubauen. Man habe dabei weniger die Politik im Blick gehabt, „die | |
| damals noch ziemlich rigide auf Prohibition gesetzt“ habe, sondern die ganz | |
| normale Bevölkerung, sagt Ebbinghaus. Wenn man bei deren Einstellung | |
| gegenüber dem damals verteufelten Teufelskraut etwas ändern könnte, würde | |
| die Politik irgendwann nachziehen, sei die Grundidee gewesen. | |
| In gewisser Weise wurde dieser Plan mit der Teillegalisierung Realität. | |
| Schade nur, dass die beiden Mitgründer neben Ebbinghaus das Erreichte nicht | |
| mehr mitfeiern können. Die eine Person aus dem Gründungstrio ist inzwischen | |
| tot, die andere einfach nicht mehr auffindbar, so Ebbinghaus. | |
| Ihm, genau wie Steffen Geyer und letztlich allen rund um das Museum, gehe | |
| es vor allem um die Sache, nämlich um die Ehrenrettung von Hanf, einer „zu | |
| Unrecht verdammten Nutz-, Heil- und Genusspflanze, der in meinen Augen | |
| nützlichsten Pflanze der Welt“, wie Geyer das ausdrückt. | |
| Für diese Mission werden einige Opfer gebracht und Selbstausbeutung | |
| praktiziert. Während die meisten anderen Berliner Museen vor den geplanten | |
| Haushaltskürzungen zittern, die der Berliner Senat beschlossen hat, wird | |
| hier davon kaum etwas spürbar sein. Das Museum trägt sich von Beginn an | |
| selbst, durch Eintrittsgelder und Spenden. Wer hier arbeitet, macht das | |
| ehrenamtlich, „anders können wir gar nicht kostendeckend agieren“, sagt | |
| Ebbinghaus. Viel mehr als zehn oder fünfzehn zahlende Besucher und | |
| Besucherinnen am Tag, vielleicht noch durchschnittlich zwei Gruppen oder | |
| Schulklassen in der Woche, kämen ja nicht vorbei. | |
| ## CDU: Am liebsten wieder verbieten | |
| Ebbinghaus erzählt, vor etwa fünf Jahren habe er sich weitgehend aus der | |
| Organisation des Museums herausgezogen. Ob Geyer, der nach eigener Aussage | |
| ziemlich viel Zeit im Museum verbringt, nun so etwas wie sein Nachfolger in | |
| leitender Funktion sei? Ebbinghaus schaut einen an, als hätte man eben | |
| gesagt, Markus Söders Einlassungen zu Cannabis seien absolut vernünftig. | |
| Der eben noch so gechillt redende Mann wirft einem plötzlich aufgebracht an | |
| den Kopf, einem ziemlich bürgerlichen, reaktionären und hierarchischem | |
| Weltbild anzuhängen. Nein, hier gebe es keine Chefs oder so etwas, alles | |
| werde basisdemokratisch geregelt. „Niemand ist leitungsbefugt“, sagt | |
| Ebbinghaus. Womit immerhin auch das geklärt wäre. | |
| Bliebe die Frage, ob man hier im Museum, wo mit der Teillegalisierung ein | |
| Traum wahr wurde, Angst hat vor der anstehenden Bundestagswahl. Die CDU | |
| macht ja schließlich deutlich, dass sie am liebsten das Kiffen sofort | |
| wieder verbieten möchte, wenn sie den Kanzler stellt – was sie mit großer | |
| Wahrscheinlichkeit auch wird. Ebbinghaus, nun wieder ganz entspannt, sagt, | |
| mit der erneuten Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten würde die CDU | |
| wenig gewinnen, sich aber sehr viele Feinde machen. Geyer klingt ähnlich | |
| und sagt tapfer: „Ich habe keine Angst vor einem Kanzler Merz.“ | |
| Er sieht in diesem sogar eine Chance. Das Gesetz der Ampelregierung, da | |
| sind sich von den Polizeigewerkschaften [2][bis hin zu den | |
| Cannabisaktivisten alle einig], ist in großen Teilen ziemlicher Murks. Zu | |
| kompliziert, zu realitätsfremd, zu bürokratisch. Vielleicht werde es gerade | |
| eine konservative Partei wie die CDU hinbekommen, dieses nicht einfach zu | |
| begraben, sondern etwas praxistauglicher zu gestalten, sagt Geyer. Ob das | |
| nicht eine ziemlich optimistische Einschätzung sei? Geyer sagt trocken: „Du | |
| sitzt hier an einem Ort, der auf Optimismus aufgebaut wurde.“ | |
| Und überhaupt: Egal, was nach der nächsten Bundestagswahl passiere, gebe es | |
| derzeit „genügend Gründe für eine ordentliche Party“. | |
| 6 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.hanfmuseum.de/#einmuseum | |
| [2] /Cannabis-Legalisierung/!6026607 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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