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# taz.de -- Teillegalisierung von Cannabis: „Nur drei Pflanzen pro Person!“
> Der Jurist Thomas Steur erklärt, warum das Cannabisgesetz gut ist, da es
> vor allem den Schwarzmarkt erschwert. Wobei, da wären noch ein paar
> Mängel.
Bild: Kenner*innen erkennen an der Blüte das Geschlecht
taz: Herr Steur, sind wir mit der Teillegalisierung von Cannabis auf dem
Weg zu einer vernünftigen Drogenpolitik?
Thomas Steur: Ja, ich habe immerhin keine Kleinvergehen mehr auf dem Tisch.
Früher war ich wöchentlich mit Ermittlungsverfahren wegen überschaubarer
Mengen Cannabis beschäftigt. In Bayern konnte es passieren, dass schon
Mengen ab 0,3 Gramm verfolgt und saftig bestraft wurden. Das ist vorbei.
Jetzt sind nur noch alte Fälle aufzuarbeiten, die nicht länger strafbar
sind und eingestellt werden. Insgesamt sind die Betäubungsmitteldelikte
viel weniger geworden. Auch bezüglich anderer Substanzen konnte ich keinen
Anstieg beobachten.
taz: Heißt das, das Cannabisgesetz wirkt?
Thomas Steur: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Anbau,
Besitz und Konsum von Cannabis sind nun einigermaßen geregelt. Trotzdem ist
das Gesetz noch ein Wortsalat mit vielen Grauzonen. Die Sprache ist so
kompliziert, dass selbst Juristen kaum verstehen, was nun erlaubt ist und
was nicht. Bei aller Kritik darf man aber nicht vergessen, wie schwer
solche Formulierungen sind, um alle zufriedenzustellen [1][und auch den
EU-Richtlinien gerecht zu werden]. Wenn man so eine Sache detailliert
regeln will, dann entstehen eben Gesetzesmonster, die auch mal am Ziel
vorbeigehen können. Das Ziel ist, den Schwarzmarkt versiegen zu lassen und
den kontrollierten Umgang mit Cannabis zu ermöglichen. Das funktioniert
jedoch noch nicht ganz.
taz: Wie kann man das Gesetz praktikabler machen?
Thomas Steur: Noch treibt das Gesetz ein paar komische Blüten. Es ist nicht
ganz klar, wo man in der Öffentlichkeit konsumieren darf. Nicht gerade
sinnvoll ist auch das Verbot der Abgabe von Cannabis. Denn dadurch macht
sich jede Gruppe strafbar, die einen Joint kreisen lässt. Es ist
lebensfremd zu glauben, dass alle zu Hause und alleine konsumieren. Auch
die Regelung für den Anbau ist zu umständlich. Jeder darf drei Pflanzen
besitzen, jedoch müssen diese strikt voneinander getrennt gehalten werden,
am besten in einem abgeschlossenen Raum. Das bedeutet: Ich und meine Frau
dürften zwar jeweils drei Pflanzen halten. Jedoch dürfte meine Frau ihre
Pflanzen nicht zu meinen stellen oder meine Pflanzen gießen. Der Mitbesitz
und Zugriff durch andere ist juristisch problematisch.
taz: Seit Juli [2][können Cannabisclubs lizenziert werden], um
gemeinschaftlich anzubauen. Klappt das?
Thomas Steur: Das ist das größte Problem bisher. Die Gründung von
Anbauvereinigungen muss erleichtert werden. Für sie gibt es noch immense
Hürden. Daher gibt es bislang nur eine Handvoll Clubs. Doch je weniger es
von ihnen gibt, desto größer bleibt der Schwarzmarkt. Anfangs gab es noch
viele Interessenten. Ich habe sie beraten und Satzungen für Vereine
erstellt. Doch die meisten Leute sind inzwischen wieder abgesprungen. Es
ist zu kompliziert, die Erlaubnis von einer Behörde zu erhalten. Außerdem
laufen die Gründer Gefahr, sich bei einem Fehler strafbar zu machen, etwa
bei den Sicherungsmaßnahmen oder dem Jugendschutz. Und da die Clubs keinen
Profit machen dürfen, sehen die meisten Leute davon ab, dort zu
investieren.
taz: Also bleibt bis auf Weiteres der Anbau zu Hause. Worauf müssen die
Hobbygärtner:innen achten?
Thomas Steur: Man sollte keine Schlupflöcher suchen und sich an die
Vorgaben halten. Also: Wirklich nur drei Pflanzen pro Person! Am besten in
einem abgeschlossenen Raum, damit niemand sonst Zugang hat. Oder im eigenen
Garten und nicht in der Kleingartenanlage. Man sollte darauf achten, die
Nachbarn nicht mit dem Geruch der Pflanzen oder dem Licht zu belästigen.
Und wer schließlich über 50 Gramm Trockengewicht erntet, sollte den
Überschuss vernichten und keinesfalls verschenken oder gar verkaufen.
13 Oct 2024
## LINKS
[1] /EU-gegen-Legalisierungsplaene/!5907216
[2] /Cannabis-Social-Clubs/!6032368
## AUTOREN
Philipp Brandstädter
## TAGS
Legalisierung Marihuana
Cannabis
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Kiffen
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Zukunft
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