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# taz.de -- Bahn-Engpass Norddeutschland: Mit Karacho durch die Heide
> Verkehrsclub VCD plädiert für eine neue Bahnstrecke zwischen Hamburg und
> Hannover: Ein Ausbau der heutigen Strecken reiche nicht für den
> Klimaschutz.
Bild: Hier nicht lang! Der Widerstand gegen Neubaupläne einer weiteren Bahnstr…
Hamburg taz | Wenn die Bahn maßgeblich zum Klimaschutz beitragen soll,
braucht Norddeutschland eine neue Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen
Hamburg und Hannover. Diese These ist beim jüngsten niedersächsichen
Mobilitätskongress des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Hannover
plausibilisiert worden.
Auf 91 Seiten inklusive Anmerkungen hat Kay Rabe von Kühlewein, Aktivist
bei Fridays for Future und Mitglied im VCD-Landesvorstand, ausgearbeitet,
warum die gegenwärtigen Streckenausbaupläne nicht reichen. „In
Niedersachsen wird sich entscheiden, ob Deutschland mit der Umsetzung des
Deutschlandtakts zum Vorreiter beim Ausbau der Bahn voranschreite oder
krachend seine Klimaziele verfehlt“, warnt Rabe von Kühlewein.
Die Verbindung Hamburg–Hannover gilt schon lange als Schwachpunkt im
deutschen Bahnnetz. Im vergangenen Sommer fuhr dort jeder zweite Zug
verspätet. Die Strecke ist überlastet – nicht nur wegen des gewachsenen
Personenverkehrs, sondern auch aufgrund der vielen Güterzüge, die vom
Hamburger Hafen aus in den Süden rollen.
Deshalb gab es schon Anfang der 1990er-Jahre Pläne für eine neue
Bahnverbindung zwischen Hannover, Bremen und Hamburg. Diese „Y-Trasse“
scheiterte an den Bürgerinitiativen, die sich entlang des Neubauabschnitts
bildeten. Um den Protest zu kanalisieren, berief die Landesregierung das
Dialogforum Schiene-Nord ein, in dem Vertreter der Initiativen, Verbände,
Politik und Bahn eine Lösung für den Ausbau des Schienennetzes finden
sollten.
## Schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis beim Kompromiss
Ihr Kompromiss – gegen die Stimmen von Beteiligten wie Hamburg, Lüneburg
oder dem VCD – bestand im Wesentlichen in der Ertüchtigung und im Ausbau
des bestehenden Netzes. Doch diese Variante Alpha E ist teuer und bringt
wenig. Gutachter bescheinigten ihr ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 0,7
oder gar nur 0,6. Sie kostet mehr als sie bringt und darf deshalb
eigentlich gar nicht gebaut werden.
Vertreter des Dialogforums und später das Bundesverkehrsministerium peppten
die Variante durch Ortsumfahrungen und die Ertüchtigung ergänzender
Strecken auf ein „optimiertes Alpha E mit Bremen“ auf, um mindestens das
geforderte Kosten-Nutzen-Verhältnis von eins zu erreichen.
Kein Wunder, dass sich die [1][Bahn angesichts dieser Verrenkungen für
einen Neubau ausgesprochen] hat – jetzt entlang der A7 und der B3. Das
führte zu einer bemerkenswerten Konstellation: Der [2][Naturschutzbund
Nabu, der Alpha E mitunterzeichnet hat], wandte sich gegen den Neubau.
Dieser verbrauche mehr Fläche, zerschneide die Landschaft und belaste das
Klima. Ins [3][gleiche Horn stieß der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil],
durch dessen Wahlkreis die Neubaustrecke führen würde.
Rabe von Kühlewein versucht, mit diesen Thesen aufzuräumen. Er
argumentiert, dass sich eine Neubaustrecke für das Klima rechnen würde,
weil sie viele Menschen zum Umsteigen vom Auto auf die Bahn motivieren
würde. Rabe rechnete mit einem Plus von einer halben Million Fahrgästen,
die wegen der 15 Minuten kürzeren Fahrzeit zwischen Hannover und Hamburg
vom Auto auf die Bahn umsteigen würden. Das dabei nicht emittierte CO2
gleiche das beim Streckenbau erzeugte binnen zwölf Jahren aus, schreibt er
unter Verweis auf internationale Studien.
## Kapazität würde sich bei Neubau verdoppeln
Ein Neubau würde sich aus Sicht Rabe von Kühleweins auch deshalb lohnen,
weil er die Kapazität im Schienenverkehr grob gesagt verdoppeln würde.
Abschnittsweise ein weiteres Gleis zu verlegen, bringe dagegen nur ein
Viertel mehr Fahrgäste, weil das zusätzliche Gleis wie eine dritte
eingleisige Strecke mit Gegenverkehr funktionieren würde.
Für eine Steigerung des Bahnverkehrs um gut das Doppelte, die notwendig
ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen, genüge das nicht. Im Gegenteil:
Die Aussicht, dass die Bahn den wachsenden Verkehr nicht werde aufnehmen
können, würde Straßenbauprojekten wie der Küstenautobahn A20 oder der A39
Wolfsburg–Lüneburg Auftrieb geben, die um ein Vielfaches umweltschädlicher
sind als der Bau einer Bahnstrecke.
Rabe von Kühlewein warnt, dass ein Ausbau des bestehenden Netzes den
Bahnverkehr in Norddeutschland viele Jahre lang erschweren würde. Das wäre
kontraproduktiv, wenn es doch darum gehen soll, Menschen zum Umsteigen auf
öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen.
Letztlich ist aus Rabe von Kühleweins Sicht nur ein Neubau geeignet, die
nötige Kapazität bereit zu stellen, um den mit dem Bundesverkehrswegeplan
beschlossenen Deutschlandtakt verwirklichen zu können. Demnach soll
schrittweise auf allen Fernverkehrsstrecken ein 30-Minuten-Takt eingeführt
werden. Der Ausbau der Infrastruktur soll sich daran orientieren. „Erst der
Fahrplan, dann der Aus- und Neubau des Schienennetzes“, lautet dazu die
[4][Ansage des Bundesverkehrsministeriums].
2029 soll die bestehende Strecke von Hamburg über Lüneburg und Uelzen nach
Hannover generalsaniert werden, wobei nach den Vorstellungen des Landes
Niedersachsen möglichst viel Alpha E umgesetzt werden soll. Sobald absehbar
ist, was das bringt, solle über weitere Kapazitätsausweitungen nachgedacht
werden, schrieb Niedersachsens Wirtschaftsminister [5][Olaf Lies (SPD) vor
gut einem Jahr ans Bundesverkehrsministerium].
Rabe von Kühlewein bezeichnete diese Haltung als „vollkommen
unverständlich“. Die Entscheidung über einen Neubau zu vertagen, werde den
heutigen schlechten Zustand auf weitere zehn Jahre zementieren.
4 Nov 2024
## LINKS
[1] /Bahnstrecke-Hamburg--Hannover/!5958303
[2] /Bahnstrecke-Hamburg--Hannover/!5958431
[3] /Bahnausbau-in-Niedersachsen/!5948245
[4] https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/E/deutschlandtakt.html
[5] https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/verkehr/schiene_und_offentlicher…
## AUTOREN
Gernot Knödler
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