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# taz.de -- Abschiebungen nach Tadschikistan: Nicht oppositionell genug
> Erneut soll ein Oppositioneller nach Tadschikistan abgeschoben werden. In
> zwei früheren Fällen wanderten die Betroffenen für Jahre in den Knast.
Bild: Oppositioneller Protest beim Besuch des tadschkischen Präsidenten Emomal…
Bochum taz | Trotz drohender Haft und Folter setzt die Bundesrepublik
weiter auf die Abschiebung von Oppositionellen nach Tadschikistan. Schon am
Mittwoch könnte der Regimegegner Dilmurod Ergashev, Mitglied der in dem
zentralasiatischen Land verbotenen „Gruppe 24“, in die Hände des
Geheimdiensts des autoritär herrschenden Präsidenten Emomalij Rahmon
gelangen.
Der 40-Jährige lebt seit 2011 in Deutschland. Ergashev war in der
vergangenen Woche in der Ausländerbehörde seines Wohnorts Kleve am
Niederrhein verhaftet worden und saß danach im nordrhein-westfälischen
Abschiebegefängnis in Büren ein – sein Mobiltelefon war Dienstagmittag
nicht mehr erreichbar. Am Mittwochmorgen könnte er vom Flughafen Düsseldorf
aus über Istanbul in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe abgeschoben
werden.
Ihm droht damit ein ähnliches Schicksal wie den Oppositionellen Abdullohi
Shamsiddin und Bilol Qurbonaliev, die 2023 nach ihrer Abschiebung nach
Tadschikistan direkt verhaftet wurden. Shamsiddin wurde daraufhin nach nur
zweitägigem Schauprozess zu einer 7-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt,
[1][die taz hatte darüber berichtet]. Qurbonaliev wurde zu 10 Jahren
Strafhaft verurteilt.
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, das norwegische
Helsinki-Komitee und die Organisation Freedom for Eurasia kritisieren die
drohende Abschiebung massiv. Ergashev drohe nicht nur langjährige Haft,
sondern auch Folter, argumentieren sie. Er habe nicht nur gegen die
Abschiebung Shamsiddins protestiert, sondern auch beim Deutschlandbesuch
von Präsident Rahmon im September 2023 vor der tadschikischen Botschaft
demonstriert.
## Eilantrag abgewiesen
In der Vergangenheit wurden [2][Oppositionelle bereits im tadschikischen
Staatsfernsehen als angebliche Terroristen mit deutlichen Spuren von
Misshandlung vorgeführt]. „Eine ähnliche Abschiebung darf sich jetzt in
Kleve nicht wiederholen“, fordert deshalb auch [3][Sebastian Rose vom
Abschiebungsreporting NRW].
Deutsche Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
und der Kreis Kleve halten Ergashevs Abschiebung dennoch für
gerechtfertigt. Ihm werde vorgeworfen, seine wahre Identität zwischen 2011
und 2017 verschleiert zu haben, offenbar aus Angst vor einer erzwungenen
Rückführung, sagte Ergashevs Anwältin Anna Wottke der taz.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf folgte am Dienstagmorgen der
Bamf-Argumentation: Ergashevs oppositionelle Aktivitäten seien nicht
intensiv genug, um eine Verfolgung in Tadschikistan wahrscheinlich
erscheinen zu lassen. Das Gericht wies einen Eilantrag gegen die
unmittelbar drohende Abschiebung ab.
„Kern der Argumentation ist, mein Mandant suche nur die Nähe zu
Oppositionellen, um Gründe für einen Asylanspruch zu konstruieren und so in
Deutschland arbeiten zu können“, kritisiert Anwältin Wottke. Dabei habe
Ergashev nicht nur in Berlin gegen Machthaber Rahmon protestiert, sondern
nehme regelmäßig an Treffen der Opposition teil. [4][Das bestätigt auch der
Vorsitzende der Dissidentenbewegung „Reformen und Entwicklung
Tadschikistans“], Sharofiddin Gadoev.
„In Tadschikistan gilt Ergashev als Oppositioneller, als politischer
Aktivist“, warnt hingegen Hugh Williamson von Human Rights Watch: „Es ist
sicher, dass er nach einer Abschiebung wie Shamsiddin und Qurbonaliev
jahrelang ins Gefängnis kommt. Deutschland muss das verhindern.“
5 Nov 2024
## LINKS
[1] /Tadschikischer-Oppositioneller/!5923085
[2] https://www.spiegel.de/politik/ausland/tadschikistan-is-anschlag-auf-touris…
[3] https://www.abschiebungsreporting.de/kleve-drohende-abschiebung-nach-tadsch…
[4] https://tajreform.org/en/the-life-of-our-political-activist-dilmurod-ergash…
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Tadschikistan
Abschiebung
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