| # taz.de -- Leaks aus Israels Militär: Netanjahus neuester Skandal | |
| > Aus dem Umfeld von Netanjahus Büro sollen während der Geiselverhandlungen | |
| > mit der Hamas brisante Geheimdokumente an Medien weitergegeben worden | |
| > sein. Eine Desinformationskampagne? | |
| Bild: Benjamin Netanjahu ist mal wieder in einen Skandal verwickelt | |
| Jerusalem taz | Die Vorwürfe sind gewaltig: Aus dem Umfeld des Büros von | |
| Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sollen geheime Dokumente an | |
| Medien weitergegeben worden sein – mutmaßlich, um eine Einigung in den | |
| Geiselverhandlungen mit der Hamas zu behindern. Einer der Verdächtigen | |
| wurde am Sonntag als Eliezer Feldstein identifiziert, nachdem ein | |
| israelisches Gericht eine Nachrichtensperre in dem Fall teilweise aufhob. | |
| Der Beschuldigte war mit drei anderen Verdächtigen zuvor verhaftet worden | |
| und soll als Sprecher in Netanjahus Büro gearbeitet haben. Am Montag wurde | |
| ein fünfter Verdächtiger festgenommen. | |
| Laut dem Gericht ging den Verhaftungen eine gemeinsame Ermittlung der | |
| Polizei, der Geheimdienste und der Armee voraus. Grundlage sei ein „Verstoß | |
| gegen die nationale Sicherheit durch die illegale Weitergabe von | |
| klassifizierten Informationen“. Dadurch sei dem Kriegsziel, die noch immer | |
| [1][rund 100 in Gaza gefangenen Geiseln zu befreien], geschadet worden. | |
| Auch der Vorwurf der Fälschung von Geheimdienstmaterial sowie die | |
| Beschäftigung von Personen ohne ausreichende Sicherheitsüberprüfung stehen | |
| im Raum. | |
| Im Zentrum der Affäre stehen zwei Dokumente. [2][In einem von der | |
| britischen Zeitung The Jewish Chronicle am 5. September veröffentlichten | |
| Text] wurde unter Berufung auf ein Hamas-Papier berichtet: Der mittlerweile | |
| getötete Anführer der Gruppe, Jahia Sinwar, plane, über die ägyptische | |
| Grenze in den Iran zu fliehen und israelische Geiseln mitzunehmen. Einen | |
| Tag später erschien in der Bild ein Artikel unter Berufung auf ein | |
| Hamas-Strategiedokument, dem zufolge Sinwar nicht an einer schnellen | |
| Einigung mit Israel interessiert gewesen sei und stattdessen über die | |
| Geiseln weiterhin psychologischen Druck auf Israel habe ausüben wollen. | |
| Israels Armeesprecher Daniel Hagari sagte mit Bezug auf den ersten Bericht, | |
| der Armee lägen keinerlei derartige Informationen vor. Israelische Medien | |
| berichten von einer Fälschung. The Jewish Chronicle hat den Artikel | |
| mittlerweile gelöscht und die Zusammenarbeit mit dem Autor beendet. Zum | |
| Bericht der Bild hatte die Armee bereits nach der Veröffentlichung | |
| mitgeteilt, das zitierte Papier sei vor rund fünf Monaten gefunden worden. | |
| Er stamme jedoch nicht von Sinwar oder der Hamas-Führung, sondern sei von | |
| rangniederen Mitgliedern der Palästinenserorganisation geschrieben worden. | |
| ## Ein eigener Kommunikationskanal für Netanjahus Büro | |
| Klar ist, wer zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von den Berichten | |
| profitierte: Netanjahu. Sie untermauerten wesentliche Punkte, mit denen | |
| dieser nur Tage zuvor in einer Pressekonferenz weitere Forderungen Israels | |
| in den Verhandlungen mit der Hamas begründet hatte. Kritiker werfen | |
| Netanjahus Büro nun eine Desinformationskampagne vor, die dazu gedient | |
| haben soll, seine Regierung vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Deren | |
| rechtsextreme Mitglieder hatten wiederholt gewarnt, im Falle eines | |
| Waffenstillstands die Koalition zu verlassen. | |
| Aufgrund der nur zum Teil aufgehobenen Nachrichtensperre sind viele Fakten | |
| in dem Fall noch schwer nachvollziehbar. Doch seit der Verdächtige am | |
| Sonntag als Eliezer Feldstein identifiziert wurde, kommen weitere Details | |
| ans Licht: Der 32-jährige Feldstein arbeitete laut israelischen | |
| Medienberichten in der Vergangenheit als Armeesprecher für das besetzte | |
| Westjordanland sowie für die Partei des [3][rechtsreligiösen | |
| Polizeiminister Itamar Ben-Gvir.] Nach dem Hamas-Überfall vor einem Jahr | |
| wurde er Sprecher des Büros des Ministerpräsidenten. | |
| [4][Laut der Nachrichtenseite Ynet-News] ist damit ein eigener | |
| Kommunikationskanal von Netanjahus Büro geschaffen worden, parallel zu dem | |
| etablierten Ansprechpartner für israelische Militärkorrespondenten im | |
| Verteidigungsministerium. Wegen einer gescheiterten Sicherheitsüberprüfung | |
| soll Feldstein jedoch nicht regulär angestellt gewesen sein. Bekannt sei | |
| aber, dass er zusammen mit Netanjahu auch an geheimen Treffen und Besuchen | |
| von sicherheitsrelevanten Einrichtungen teilgenommen habe. | |
| Dass die Affäre Netanjahu selbst gefährlich werden könnte, halten trotz der | |
| Schwere der Vorwürfe zahlreiche Beobachter für unwahrscheinlich. Dem | |
| Regierungschef eine Verwicklung nachzuweisen – wie von Oppositionsführer | |
| Jair Lapid nun gefordert – dürfte kurzfristig kaum möglich sein. Netanjahus | |
| Büro ist indes bereits zum Angriff übergegangen: Während des Krieges seien | |
| zahlreiche klassifizierte Informationen auch von anderen Stellen | |
| durchgestochen worden, die Ermittlungen im Fall Feldstein seien „aggressiv | |
| und voreingenommen“. | |
| Hinweis: Die Leaks stammen wohl aus dem Umfeld des Büros von Netanjahu, | |
| nicht unbedingt aus dem Büro selbst. Wir haben das korrigiert. | |
| 4 Nov 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Israelische-Kriegsdienstverweigerer/!6041576 | |
| [2] /Skandal-um-aelteste-juedische-Zeitung/!6035435 | |
| [3] /Radikale-Plaene-in-Israel/!6041444 | |
| [4] https://www.ynetnews.com/article/b1uwl118wkg | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Wellisch | |
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