| # taz.de -- Wohnungsnot begegnen: Hamburger Senat vereinfacht das Bauen | |
| > Die Bauordnung soll an den neuen bundesweiten Standard angepasst werden. | |
| > Eine Neuerung: Es wird künftig wohl weniger Parkplätze geben. | |
| Bild: Eine Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen, die erleichtert werden soll: Auf… | |
| Hamburg taz | Um der Baukrise zu begegnen und Bürokratie abzubauen, will | |
| der Hamburger Senat die Bauordnung reformieren. Sie soll mit den | |
| Vorschriften der anderen Bundesländer harmonisiert werden. Die Genehmigung | |
| einfacher Projekte wird vereinfacht, ebenso die Umnutzung von Gewerbebauten | |
| zu Wohnungen. Außerdem sollen die bisher für Gewerbebauten vorgeschriebenen | |
| Parkplätze durch einen „Mobilitätsnachweis“ ersetzt werden. | |
| Die Bauwirtschaft steckt in einer doppelten Kalamität: Beim Gewerbebau | |
| fehlt die Nachfrage und der Wohnungsbau ist zu teuer. Beim Wohnungsbau | |
| bleibt der Hamburger rot-grüne Senat hinter seinen selbst gesteckten Zielen | |
| zurück. 10.000 Wohnungen pro Jahr sollen neu gebaut werden, um dem Zustrom | |
| in die Hansestadt zu begegnen. Doch nur 5.600 sind im vergangenen Jahr | |
| genehmigt worden und im laufenden Jahr werden es wohl noch weniger sein. | |
| Grund sind wie mehr oder weniger in der ganzen Republik gestiegene Zinsen, | |
| höhere Material-, Arbeits- und Grundstückskosten. Dem versuchten die | |
| Bauminister der Länder mit einer neuen Musterbauordnung entgegen zu | |
| steuern, die die Genehmigungsverfahren vereinfacht und die Zahl und den | |
| Standard der einzuhaltenden Normen verringert. | |
| Die Vereinheitlichung kommt auch einer Forderung der Bauwirtschaft nach, | |
| die sich nicht mit von Bundesland zu Bundesland verschiedenen Vorschriften | |
| auseinandersetzen will. | |
| ## Neuer Gebäudetyp für einfaches Bauen | |
| Mit der neuen Bauordnung, die noch von der Bürgerschaft diskutiert und | |
| beschlossen werden muss, soll [1][im Wohnungsbau der Gebäudetyp E (E wie | |
| einfach oder experimentell) eingeführt werden]. Damit lässt vom anerkannten | |
| Stand der Technik abweichen, ohne dass der Bauherr fürchten muss, für | |
| Mängel haftbar gemacht zu werden. | |
| Erleichterungen gibt es für das Aufstocken von Gebäuden oder das Ummodeln | |
| etwa von Büros zu Wohnungen. Hier könnte ein großes Potenzial stecken, | |
| sofern der Anteil derer, die tageweise von zu Hause arbeiten, auf hohem | |
| Niveau und ihre Büroarbeitsplätze frei bleiben. | |
| Wegfallen soll etwa die Pflicht, den Brandschutz von Büroräumen | |
| aufzurüsten, wenn sie in Wohnungen verwandelt werden sollen. Derartige | |
| höhere Anforderungen führen bisher oft dazu, dass ein Eigentümer abreißt | |
| und neu baut, weil das billiger, wenn auch weniger ökologisch ist. | |
| Einfacher werden sollen auch die Genehmigungsverfahren. Kleine Wohngebäude | |
| und Dachaufstockungen müssen künftig gar nicht genehmigt werden – sofern | |
| es ein entsprechendes Planrecht, in der Regel einen Bebauungsplan, gibt. Es | |
| genügt, das Vorhaben anzuzeigen. Schreitet die Aufsichtsbehörde nicht | |
| binnen eines Monats ein, darf gebaut werden. | |
| Hier baut man auf eigenes Risiko. Weder der Brandschutz noch die Statik | |
| werden überprüft. Auch Solaranlagen an kleinen Gebäuden, Wärmepumpen und | |
| [2][Ladestationen für E-Autos] müssen nicht genehmigt werden. | |
| Ein vereinfachtes Verfahren gilt künftig für Wohnhäuser bis zur | |
| Hochhausgrenze. Solche Bauten sollten binnen zwei Monaten genehmigt werden. | |
| Schafft die Behörde das nicht, gelten sie als genehmigt. | |
| Auch bei größeren Wohngebäuden, Gewerbe- und Sonderbauten soll künftig | |
| insgesamt weniger geprüft werden. Bauherren sollen sich künftig die | |
| Genehmigungen der verschiedenen Fachbehörden selbst holen und damit den | |
| Prozess steuern. | |
| Nach wie vor bietet die Behörde aber einen Komplettservice an, eine | |
| Hamburger Besonderheit, in dem die Aufsichtsbehörde alle nötigen | |
| Genehmigungen und Erlaubnisse einsammelt und Baugenehmigungen aus einer | |
| Hand anbietet. Hier gibt es eine Soll-Frist von drei Monaten. | |
| Der Mobilitätswende versucht der Senat mit einer Neuerung gerecht zu | |
| werden. Bisher müssen Investoren für Gewerbebauten eine gewisse Zahl an | |
| Parkplätzen errichten – je nachdem, wie stark ihr Gebäude frequentiert | |
| werden soll. Wenn sie nicht ausreichend Parkplätze schaffen, müssen sie | |
| eine Ablöse an den Senat bezahlen. | |
| Künftig sollen Bauherren auch den sogenannten [3][Umweltverbund | |
| einbeziehen] – entsprechend dem Mobilitätsverhalten im Stadtteil. Das heißt | |
| neben dem Auto sind Bus und Bahn, Fuß- und Radverkehr, Bike- und Carsharing | |
| einzubeziehen. Die FDP geißelte das prompt als „dirigistischen Eingriff in | |
| das Mobilitätsverhalten der Bürger“. | |
| Die Verbände der [4][Wohnungswirtschaft] begrüßten die geplante Reform als | |
| Schritt in die richtige Richtung, der aber ruhig noch weiter gehen dürfe | |
| und sich noch stärker an der Musterbauordnung orientieren sollte. | |
| 29 Oct 2024 | |
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| Gernot Knödler | |
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