# taz.de -- Rechtsregierung in Israel: Gegen Justiz, UNRWA und Demokratie | |
> Israels Regierung wartet zur neuen Sitzungsperiode mit kontroversen | |
> Gesetzesvorschlägen auf. So soll etwa das UN-Palästinenserhilfswerk | |
> blockiert werden. | |
Bild: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spricht bei der Er�… | |
Jerusalem taz | Ein Jahr nach dem Überfall der Hamas auf Israel zerbricht | |
der [1][Burgfrieden innerhalb der israelischen Gesellschaft] zusehends. Zum | |
Auftakt der Winter-Sitzungsperiode im israelischen Parlament warteten | |
rechte Parteien mit einer Reihe von Gesetzesvorschlägen auf: Sie sollen die | |
Unabhängigkeit der Justiz schwächen, die Medienfreiheit beschränken und die | |
Arbeit des UN-Palästina Hilfswerks UNRWA erschweren. | |
Nach dem 7. Oktober waren die politischen Auseinandersetzungen um den Umbau | |
der israelischen Justiz zunächst gestoppt worden. Aufgegeben aber hatte die | |
zumindest teilweise rechtsextreme Regierungskoalition um Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu ihre Pläne aber nie. Mitte August hielt das Israeli | |
Democracy Institute fest, dass sie mit anderen Mitteln während des | |
vergangenen Jahres daran weitergearbeitet hatte. Dazu zählt die Weigerung | |
von Justizminister Jariv Levin, einen neuen Präsidenten für den Obersten | |
Gerichtshof zu benennen, ebenso wie die [2][Missachtung von Anordnungen der | |
Generalstaatsanwältin Gali Baharav Miara]. | |
In der neuen Sitzungsperiode liegen nun wieder Gesetzesvorhaben auf dem | |
Tisch, die die Zusammensetzung des Obersten Gerichts betreffen: So soll ein | |
Gesetzesentwurf aus den Reihen des Likud die Mitgliedschaft in der | |
israelischen Anwaltskammer (IBA) künftig nicht mehr verpflichtend machen. | |
Was nach bürokratischen Details klingt, hat Folgen. Noch hat die IBA zwei | |
von neun Sitzen in dem Komitee, das in Israel Richterposten besetzt. Sie | |
würde damit massiv an Bedeutung verlieren. Ein weiterer Vorschlag aus der | |
Nationalreligiösen Partei soll die Palästinensische Autonomiebehörde | |
gänzlich davon ausschließen, Petitionen an den Obersten Gerichtshof zu | |
stellen. | |
Das Gesetz zur Schließung von Medien, die die nationale Sicherheit | |
gefährdeten und anhand dessen im Mai der Sender Al Jazeera in Israel | |
verboten wurde, galt bisher nur temporär. Nun soll es gemäß einem Vorschlag | |
aus dem Likud dauerhaft gelten und zudem ermöglichen, dass auch Webseiten | |
geschlossen werden, schreibt die Zeitung Haaretz. | |
## Ob Orthodoxe eingezogen werden sollen, spaltet die Regierung | |
International am meisten Aufsehen erregt die geplante Verabschiedung von | |
zwei Gesetzen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA. Die finale | |
Abstimmung war bereits für Montagabend angesetzt. Israel wirft der | |
Organisation, die mit mehr als 12.000 Mitarbeitern im Gazastreifen | |
maßgeblich die humanitäre Hilfe dort organisiert, vor, der Hamas | |
nahezustehen. Sie soll als Terrororganisation eingestuft werden, Behörden | |
in Israel wäre dann der Kontakt zur UNRWA verboten. Die Außenminister | |
mehrerer westlicher Staaten, darunter Deutschland, forderten Israel auf, | |
auf Einschränkungen der Organisation zu verzichten. | |
Israel wirft mehreren UNRWA-Mitarbeitern vor, an dem Überfall am 7. Oktober | |
beteiligt gewesen. Abgesehen von einzelnen Mitarbeitern [3][hat es aber | |
bisher keine Beweise für eine Unterwanderung von UNRWA durch die Hamas | |
präsentiert]. Die UNRWA habe außerdem Schritte zur Aufarbeitung | |
unternommen, mehrere Mitarbeiter wurden bereits entlassen, betonten die | |
Außenminister. | |
Ins Straucheln geraten könnte die Regierung im Streit unter den beteiligten | |
Koalitionspartnern. Trotz zahlreicher Gespräche gibt es bisher keine | |
Einigung über die Frage, [4][ob ultraorthodoxe Juden künftig zum | |
Armeedienst herangezogen werden sollen.] Deren Partei Vereinigtes | |
Thora-Judentum drohte, dem Haushalt für das kommende Jahr nicht | |
zuzustimmen, wenn Thora-Schüler keine Freistellung von der Armee bekämen. | |
Die Opposition hat eine Fortsetzung der seit Jahrzehnten geltenden | |
Ausnahmeregelung ausgeschlossen. Gelingt es der Regierung nicht, bis März | |
2025 einen Haushalt zu beschließen, würde das Parlament automatisch | |
aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. | |
Unterdessen gehen die Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gaza | |
weiter. Laut arabischen Medienberichten will die Hamas einen Vorschlag über | |
ein sofortiges Ende des Krieges und den Abzug aller israelischen Truppen | |
aus dem Gazastreifen vorlegen. Demgegenüber steht ein Vorschlag des | |
Vermittlers Ägypten über eine zunächst zweitägige Feuerpause. | |
28 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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