# taz.de -- Kritik an Investor: Der große Windhorst-Jammer | |
> Werften in Flensburg und Rendsburg und das Ihme-Zentrum in Hannover: | |
> Unternehmen, in die Lars Windhorst einstieg, stecken in der Krise. Er | |
> schweigt. | |
Bild: Will sich nicht an der öffentlichen Diskussion beteiligen Lars Windhorst… | |
Rendsburg taz | Aus grauen Wolken fällt feiner Regen auf das Gelände der | |
Nobiskrug-Werft in Rendsburg. Hinter den Zäunen regt sich nichts. Die Kräne | |
stehen still, auf den Parkplätzen fehlen die Wagen der Mitarbeitenden: 500 | |
der insgesamt 530 Beschäftigten von Nobiskrug in Rendsburg sowie von der | |
Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG) in Flensburg sind [1][seit dem 21. | |
Oktober von der Arbeit freigestellt]. Schon in der Vergangenheit gab es | |
immer wieder Probleme bei der Auszahlung der Löhne. Derzeit warten noch | |
rund 80 Beschäftigte auf ihr Septembergehalt, teilt die IG Metall mit. | |
„So geht man nicht mit Arbeitskräften um“, sagte Martin Bitter von der IG | |
Metall Rendsburg bei einer Demonstration am Freitag vor den Werkstoren. | |
„Die Kolleginnen und Kollegen und auch die Werft selbst haben eine weniger | |
windige Zukunft verdient.“ Das Wortspiel ist auf Lars Windhorst gemünzt, | |
der 2019 die FSG und 2021 Nobiskrug übernahm. Es sind nicht die einzigen | |
Firmen, deren Lage nach dem Einstieg des Investors eher schlechter als | |
besser wurde. | |
Windhorst, Jahrgang 1976, bastelte schon als Jugendlicher Computer zusammen | |
und galt in den 90er-Jahren als „Wirtschaftswunderkind“. Der damalige | |
Bundeskanzler Helmut Kohl nahm ihn als Vorzeige-Unternehmer auf eine | |
Auslandsreise mit. 2003 und noch einmal 2009 ging Windhorst pleite, | |
startete aber nach jedem Rückschlag neu durch. Heute soll er nach Angaben | |
des NDR-Magazins „Panorama 3“ rund 150 Firmen in der ganzen Welt besitzen | |
oder an ihnen beteiligt sein. Doch nach Recherchen des Magazins „scheint es | |
vielen seiner Unternehmen nicht gut zu gehen. Die Frage, womit er überhaupt | |
Geld verdient, beantwortet Windhorst nicht.“ | |
## Werft-Beschäftigte fürchten um ihre Zukunft | |
In Norddeutschland ist der Unternehmer, der einige Jahre auch | |
Hauptanteilseigner des Fußballklubs Hertha BSC Berlin war und dort wohl | |
rund 374 Millionen Euro investierte, an mehreren Projekten beteiligt. So | |
[2][kaufte er das Ihme-Zentrum in Hannover,] einen Betonbau mit Wohnungen | |
und einer Ladenzeile, der einst als Teil der Stadtmodernisierung gefeiert | |
wurde, längst aber [3][mit Leerstand zu kämpfen hat]. | |
Windhorst hatte viele Pläne für den Klotz, passiert ist wenig. Im Jahr 2022 | |
kündigte die Stadt zugesagte Mietverträge, im August 2023 stellte die | |
Hausverwaltung des Ihme-Zentrums Insolvenzantrag. Doch ob das Verfahren wie | |
geplant ablaufen kann, ist unklar: Der Immobilienunternehmer Ulrich | |
Marseille sagt, er habe Lars Windhorst vor Jahren mehr als 200 Millionen | |
Euro geliehen und dafür Grundschuldrechte auf die Ihme-Zentrum-Anteile | |
erhalten, berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Jetzt wolle er | |
sein Geld zurück. | |
In Schleswig-Holstein fürchten [4][Beschäftigte und Politik um den | |
Fortbestand der Werften]. Mehrere Aufträge, darunter ein Schwimmkran und | |
Bunkerschiffe für Flüssiggas (LNG), für die der Bund 62 Millionen Euro | |
Fördermittel bereitstellen wollte, platzten. „Wir haben wirklich alles | |
unternommen, damit die FSG die Förderung erhalten kann“, sagte der | |
Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft, Dieter Janecek | |
(Grüne), im Sommer. „Leider wurde das mehrfach zugesicherte Eigenkapital | |
zur Besicherung der Aufträge nicht zur Verfügung gestellt.“ | |
Zwar widersprach ein Werftsprecher dieser Darstellung, doch der fehlende | |
Auftrag ist ein weiterer schwerer Schlag für die Betriebe. Die Würzburger | |
Interieur Manufaktur (Wima), eine Tochter der FSG-Nobiskrug Holding, ist | |
laut Medienberichten offenbar bereits insolvent. | |
Auch die Landesregierung ist alarmiert: [5][Von den Versprechen, die | |
Windhorst gegeben habe], sei keines eingehalten worden, sagte | |
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bei einem Besuch der Werften im | |
Sommer. Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) wünscht sich einen | |
Neuanfang ohne Windhorst, sie brachte eine staatliche Beteiligung ins | |
Spiel. Die lehnte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) aber ab: „Die | |
Landesregierung sieht darin keine tragfähige Lösung“, sagte er der | |
Deutschen Presse-Agentur. Es sei nicht möglich, den „Betrieben in ihrer | |
derzeitigen wirtschaftlichen Situation öffentliche Kredite zu gewähren“. | |
Auch könne das Land „den Eigentümer nicht zwingen, seine Werften zum | |
Verkauf anzubieten“. | |
## Belegschaft will weiter demonstieren | |
Allerdings forderte der Minister Windhorst auf, den Weg freizumachen: „Wir | |
haben lang genug Geduld gehabt, wir haben überall unterstützt“, sagte | |
Madsen. Doch „alles, was Herr Windhorst versprochen hat, hat er nicht | |
eingehalten, und deswegen ziehen wir jetzt eine rote Linie und hoffen, dass | |
wir ein schnelles Ende finden, damit wir wiederum einen schnellen Start | |
gemeinsam finden können.“ | |
Doch Windhorst denkt derzeit offenbar nicht an einen Verkauf. Der | |
Unternehmer meldete sich nach den Demonstrationen zu Wort, allerdings nur, | |
um zu erklären, dass er sich nicht an der „öffentlichen Diskussion über die | |
Situation bei der FSG“ beteiligen wolle. Es werde „mit Hochdruck“ an der | |
Sanierung gearbeitet, aber das sei „eine interne Geschäftsangelegenheit“. | |
Immerhin versprach er, dass das Geld für die ausstehenden Löhne auf den | |
Konten der Werft eingetroffen sei und demnächst ausbezahlt werde. „Ich | |
erwarte von Herrn Windhorst, dass Ende des Monats auch die Oktoberlöhne für | |
alle 530 Beschäftigten bezahlt werden“, sagte Michael Schmidt von der IG | |
Metall Flensburg. Am Mittwoch will die Belegschaft erneut demonstrieren. | |
28 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Schiffbau-in-Schleswig-Holstein/!6038529 | |
[2] /Schiffbau-in-Schleswig-Holstein/!6038529 | |
[3] /Theaterstueck-zu-Plattenbau-in-Hannover/!6037988 | |
[4] /Krise-im-Schiffbau/!5699944 | |
[5] /Investor-Lars-Windhorst/!6011826 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Werften | |
Investor | |
Immobilien | |
Schleswig-Holstein | |
Hannover | |
Niedersachsen | |
Social-Auswahl | |
Schiffbau | |
Werften | |
Investor | |
Hertha BSC Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lösung nach Insolvenz in Flensburg: Werften unter neuer Flagge | |
Für die insolventen Werften Nobiskrug und FSG haben sich Käufer gefunden. | |
Nicht alle Beschäftigten können allerdings direkt wieder anfangen. | |
Schiffbau in Schleswig-Holstein: Windhorst gefährdet Werften | |
Die Werften des Investors Lars Windhorst stehen still. Wirtschaftsminister | |
Claus Ruhe Madsen (CDU) fordert Windhorsts Rückzug. | |
Investor Lars Windhorst: Der große Versprecher | |
Harte Zeiten für Lars Windhorst: In Hannover wurde ein Haftbefehl gegen ihn | |
ausgestellt, in Rendsburg ist Ministerpräsident Daniel Günther verärgert. | |
Hertha-BSC-Präsident über Kommerz: „Das sind Investoren ohne Zukunft“ | |
Kay Bernstein erklärt, wie er die Kommerzialisierung im Fußball | |
zurückdrehen will. Und wie sich das mit dem Mehrheitseigner des Klubs | |
verträgt. |