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# taz.de -- Investor Lars Windhorst: Der große Versprecher
> Harte Zeiten für Lars Windhorst: In Hannover wurde ein Haftbefehl gegen
> ihn ausgestellt, in Rendsburg ist Ministerpräsident Daniel Günther
> verärgert.
Bild: Viele leere Versprechen führen zu vielen Fragen: Lars Windhorst im März…
Hannover taz | Wird Finanzjongleur Lars Windhorst heute in Flensburg
verhaftet? Das scheint zwar eher unwahrscheinlich, aber blickt man auf die
spektakuläre Achterbahnfahrt, die Windhorst seine Karriere nennt, erscheint
einem vieles möglich.
Fest steht: Der große Investor (präziser ausgedrückt:
Investitionen-Versprecher) hat gerade an mehr als einer Front mächtigen
Ärger. Am Montag erschien er nicht zur Betriebsversammlung bei der
Nobiskrug-Werft in Rendsburg – sehr zum Ärger von Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Zeitgleich wurde bekannt, dass in
Hannover ein Haftbefehl gegen Windhorst anhängig ist – in dem
Insolvenzverfahren rund um das Ihmezentrum möchte die Richterin so
Auskünfte von Windhorst erzwingen.
Dieser Haftbefehl liegt schon seit dem 23. Mai vor, nachdem Windhorst am
22. Mai nicht zu einer Anhörung erschienen war. Anders als bei
Strafgerichten bedeutet das aber keineswegs, dass nach Windhorst gefahndet
wird und die Polizei ihn jederzeit und überall verhaften kann, erläutert
Gerichtssprecher Patrick Skeries.
Der Haftbefehl zielt darauf ab, Windhorst Mitwirkung in dem
Insolvenzverfahren zu erzwingen. Vollstreckt wird er durch einen
Gerichtsvollzieher. Wenn dieser tatsächlich eine Verhaftung vornimmt, hat
Windhorst zwei Möglichkeiten: Er kann die gewünschten Auskünfte erteilen
oder er muss für drei Wochen in eine niedersächsische
Justizvollzugsanstalt.
Windhorst hat gegen diesen Haftbefehl Beschwerde erhoben. Die hat nach
Auskunft des Gerichts zwar keine aufschiebende Wirkung, macht eine
Vollstreckung aber auch nicht wahrscheinlicher. Die Beschwerde muss nun
erst vom Amtsgericht und dann möglicherweise noch vom Landgericht überprüft
werden.
Konkret geht es in diesem Streit darum, zu welchen Auskünften Windhorst
überhaupt verpflichtet ist. 2019 hat er mit seiner Unternehmensgruppe
Tennor das Projekt Ihme-Zentrum (PIZ) Hannover übernommen. Das Ihmezentrum,
ein [1][in den 1970er-Jahren erbauter Betonklotz in bester Lage], bestehend
aus Wohnungen, Einkaufszeilen und sonstigen Gewerbeflächen, ist arg
sanierungsbedürftig. An den komplizierten Eigentumsverhältnissen mit
zahlreichen Kleineigentümern sind aber schon andere Investoren und
Spekulanten gescheitert.
Windhorst trat als Retter auf, versprach den Koloss innerhalb von ein paar
Jahren zu sanieren und für den Weiterverkauf hübsch zu machen, die Stadt
war erleichtert. Zumindest bis die zugesagten Sanierungen auf sich warten
ließen. Ein zähes Ringen um Baufortschritte und immer wieder versäumte
Fristen endete damit, dass erst die Stadtwerke Enercity und dann die Stadt
selbst als Großmieter von Büroflächen ausstiegen.
Damit erzielte das Objekt keine Einkünfte mehr und Windhorst ließ laut
Medienberichten beleidigt ausrichten, er investiere nun auch nichts mehr.
Tennor wolle dem schlechten Geld schließlich kein gutes hinterherwerfen.
[2][Die PIZ schlitterte in die Insolvenz], Miteigentümer blieben auf den
Nebenkosten, Handwerker auf ihren Rechnungen sitzen.
Im Insolvenzverfahren muss erst einmal geklärt werden, was überhaupt an
verwertbarer Insolvenzmasse da ist. Darum dreht sich nun auch der Streit:
Formal ist Windhorst nicht Geschäftsführer der PIZ, de facto aber schon,
glaubt der Insolvenzverwalter Jens Wilhelm. Nicht nur, weil Windhorst immer
wieder einschwebte, sobald die Stadtpolitik besänftigt werden musste,
sondern auch, weil er offenbar der einzige ist, der Auskunft geben kann
darüber, wohin Gelder, Wertpapiere und Schlüssel aus dem Ihmezentrum
verschwunden sind. Windhorst bestreitet dagegen, mit dem operativen
Geschäft viel zu tun gehabt zu haben und glaubt deshalb auch keine Auskunft
erteilen zu können oder zu müssen.
## Die Werften
Ähnlich enttäuscht – und ähnlich hilflos – wie die hannoversche
Stadtpolitik äußerte sich am Montag Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
Daniel Günther (CDU). 600 Arbeitsplätze hängen an den [3][beiden Werften
Nobiskrug in Rendsburg und FSG in Flensburg.] Nach massiven Protesten wegen
ausbleibender Gehalts- und Sozialversicherungszahlungen hatte sich Günther
im März mit Windhorst getroffen und ihm diverse Versprechen abgenommen.
Gehalten hat der nichts davon, wie der Ministerpräsident nun, drei Monate
später feststellen muss. Im Gegenteil: Diverse Marineaufträge wurden zurück
gezogen, die Maschinen stehen still, die Arbeiter beklagen sich über
nervenzermürbende Langeweile, neue Geschäftsführer tauchten nie auf. Für
den heutigen Mittwoch hat Windhorst eine Pressekonferenz in Flensburg
angekündigt, in der er seine Strategien für die Werften darlegen will.
## Ärger auch im Ausland
Daran, dass er das Ruder noch einmal herumreißen kann, zweifeln allerdings
viele. Immerhin hat die Unternehmensgruppe Tennor national wie
international Ärger mit der Justiz. Da ist ihr gescheitertes und
skandalumwittertes [4][Investment beim Berliner Fußballverein Hertha BSC].
In den vergangenen Jahren gab es außerdem Gerichtsverfahren in Amsterdam,
London und Bologna: Mal klagen enttäuschte Geschäftspartner, mal geht es um
Steuerschulden, mal um ausstehende Gehaltszahlungen. Immer geht es um ein
Muster: Windhorst verspricht Dinge, die er nicht halten kann.
5 Jun 2024
## LINKS
[1] /Ihme-Zentrum-in-Hannover/!5924337
[2] /Hannovers-Ihme-Zentrum-pleite/!5960533
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/FSG-Nobiskrug-Marine-zieh…
[4] /Hertha-BSC-und-Lars-Windhorst/!5882656
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Investor
Hannover
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Kolumne Press-Schlag
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