Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hannovers Ihme-Zentrum pleite: Betonburg steckt in Schwierigkeiten
> Dem Ihme-Zentrums in Hannover droht die Zwangsversteigerung.
> Finanzjongleur Lars Windhorst hat auch anderswo Probleme. Was wird aus
> der Mini-Stadt?
Bild: Kann auch schön sein: Eigentumswohnungen im Ihme-Zentrum mit Blick auf d…
Hannover taz | Nun also doch: Das Amtsgericht Hannover hat ein vorläufiges
Insolvenzverfahren gegen die „Projekt Ihme-Zentrum Hannover“ (PIZ) von
Finanzjongleur Lars Windhorst eingeleitet. „Endlich“, sagen Miteigentümer,
die verzweifelt auf das Ende dieses Schreckens warten – auch wenn der
nächste möglicherweise schon vor der Tür steht.
Der [1][Betonkoloss im Herzen der Stadt] ist nicht die einzige Baustelle in
Windhorsts verschachteltem Firmenimperium. Auch bei der Flensburger
Schiffbau-Gesellschaft klagen Werftarbeiter über zu spät gezahlte Gehälter,
[2][wie der SHZ berichtet].
International klagen mehrere Gläubiger auf Beträge in Millionenhöhe – ein
Londoner Gericht fror deshalb im Sommer vorübergehend Teile des
Windhorst-Vermögens ein, wie [3][die Financial Times] und [4][Business
Insider] berichten. Aber Windhorst, einstiges Unternehmerwunderkind Helmut
Kohls und skandalumwitterter Ex-Investor bei Hertha BSC, tanzte ja schon
immer gern nah am Abgrund.
Das Ihme-Zentrum wird ihn sicher nicht ganz herunterreißen, einige andere
möglicherweise schon. Mit großen Versprechen für längst überfällige
Sanierungsmaßnahmen und spektakuläre Umbauten war Windhorst hier 2019
gestartet.
## Private Wohnungseigner sind verzweifelt
Daraus wurde natürlich nichts, wie bei den drei bis vier vorherigen
Großinvestoren auch schon. Die Mini-Stadt aus den 70ern mit Wohntürmen,
Ladenpassagen, Gewerbeflächen und Tiefgaragen in bester Lage bröckelt
weiter vor sich hin.
Vor sechs Wochen hatte die Eigentümergemeinschaft beim Amtsgericht
Insolvenzantrag gestellt. Normalerweise wird über solche Anträge schnell
entschieden. Man habe erst die Zuständigkeit prüfen müssen, heißt es
offiziell.
[5][Die Hannoversche Allgemeine Zeitung kolportiert:] Man habe das
Verfahren wohl gern nach Berlin abschieben wollen, wo größere
Windhorst-Firmen ihren Sitz haben. Nun bleibt es in Hannover.
Den weiteren Eigentümern im Ihme-Zentrum blieb im August kaum etwas anderes
übrig, als diesen Insolvenzantrag zu stellen: Sie hängen alle mit drin. Die
515 Eigentümer der Wohnungen zuerst, die wenigen verbleibenden
Gewerbeflächeninhaber noch viel schlimmer.
Denn Windhorsts PIZ zahlt schon seit Monaten ihren Anteil an den Haus- und
Betriebskosten nicht mehr – allein das sind 400.000 Euro im Monat, die auf
die anderen Eigentümer umgelegt werden müssen, wenn bei der PIZ tatsächlich
nichts mehr zu holen ist. Für manche könnte das existenzbedrohend werden.
## Mieteinnahmen weggebrochen
Bisher konnte die Hausverwaltung immerhin noch einen Teil der
PIZ-Mieteinnahmen pfänden, um diese Außenstände zu decken. Doch nach der
Stadt [6][Hannover] haben auch die Stadtwerke Enercity ihre Büroflächen im
Ihme-Zentrum aufgegeben.
Die PIZ erzielt also keine Einnahmen mehr, hat aber mutmaßlich noch weitere
Schulden: für Planungs- und Baumaßnahmen, Vertragsstrafen wegen
ausgebliebener Sanierungsarbeiten, Grundsteuern und Gebühren.
Damit muss sich nun der Insolvenzverwalter auseinandersetzen. Lars
Windhorst sieht immer zu, dass er in seinem verschachtelten Firmenimperium
niemals mit seinem persönlichen Vermögen haftet.
Im Falle des Ihme-Zentrums kommt eine weitere Besonderheit dazu: [7][Der
Spiegel deckte vor einem Jahr auf], dass auf die Problemimmobilie
Grundbuchschulden von 290 Millionen Euro eingetragen sind. Zugunsten von
Firmen, die dem nicht minder [8][schillernden Unternehmer Ulrich Marseille]
zuzuordnen sind.
Einzelne Wohnungseigentümer wittern hier Betrug – immerhin dürfte der Wert
der Immobilie erheblich unter diesem Betrag liegen. Sie hoffen, dass sich
der Grundbucheintrag als rechtswidrig tilgen lässt. Wenn nicht, könnte das
einen Verkauf der maroden Immobilie zusätzlich erschweren – dass Marseille
als Eigentümer eine bessere Partie wäre als Windhorst, glaubt auch niemand.
## Stadt will Heuschrecken verhindern
Die Stadt hat Vorstößen, das Ihme-Zentrum selbst zu kaufen – wie es unter
anderem die Linke fordert – schon einmal eine Absage erteilt. Sie hat aber
gleichzeitig deutlich gemacht, alle Hebel in Bewegung setzen zu wollen,
damit sich hier nicht noch eine Heuschrecke breitmacht.
So will sie weiter auf die Sanierungspflichten pochen, auch über eine
Änderung des Bebauungsplanes, mit der sich etwa Nutzungsbeschränkungen
umsetzen ließen, war schon spekuliert worden. Das wäre allerdings ein
langwieriges, kompliziertes und unsicheres Verfahren – das sich wohl vor
allem dazu eignet, Dinge zu blockieren und so Investoren, die auf schnelle
Rendite hoffen, abzuschrecken.
Die [9][Bewohnerinitiative „Zukunftswerkstatt“ hofft immer noch] auf eine
hannoversche Lösung und träumt von einem Konsortium aus soliden, lokalen
Investoren mit langem Atem und ernsthaften Entwicklungsabsichten.
Nun wird man allerdings erst einmal den Ausgang des Insolvenzverfahrens
abwarten müssen. Das kann sich, je nach Verschleppungstaktik der
Beteiligten, schon ein paar Jahre hinziehen. Möglicherweise läuft es am
Ende auf eine Zwangsversteigerung hinaus – es wäre nicht das erste Mal. In
der Zwischenzeit bröckelt der Koloss weiter vor sich hin.
8 Oct 2023
## LINKS
[1] /Ihme-Zentrum-in-Hannover/!5924337
[2] https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/nach-verzoegerungen-mitarbeite…
[3] https://www.ft.com/content/8d601d15-2c2d-429e-a241-c707fd20f958
[4] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/lars-windhorst-waffenaktien-villa…
[5] https://www.haz.de/lokales/hannover/ihme-zentrum-insolvenzverfahren-gegen-w…
[6] /Portrait-der-unterschaetzten-Stadt-Hannover/!5882571
[7] https://www.spiegel.de/wirtschaft/lars-windhorst-hertha-investor-milliarden…
[8] /Ein-Mann-geht-seinen-Weg/!5931536
[9] https://www.ihmezentrum.info/
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Hannover
Stadtplanung
Investoren
Werften
Investor
Hannover
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schiffbau in Schleswig-Holstein: Windhorst gefährdet Werften
Die Werften des Investors Lars Windhorst stehen still. Wirtschaftsminister
Claus Ruhe Madsen (CDU) fordert Windhorsts Rückzug.
Investor Lars Windhorst: Der große Versprecher
Harte Zeiten für Lars Windhorst: In Hannover wurde ein Haftbefehl gegen ihn
ausgestellt, in Rendsburg ist Ministerpräsident Daniel Günther verärgert.
Ihme-Zentrum in Hannover: Der geborstene Gigant
Investor Lars Windhorst lässt das Ihme-Zentrum in Hannover weiter
verfallen. Nun zieht die Stadt als Mieterin aus. Wer kann den Koloss noch
retten?
Graffiti-Aktion: Betonburg im Farbrausch
Seit Monaten herrscht im Hannoverschen Ihme-Zentrum der Stillstand. Die
Bagger sind abgezogen, doch die Bauzäune und die eingerissenen Fassaden
sind geblieben. Nun haben Sprayer die Sanierungsruine verschönert - unter
Mitwirkung der Bevölkerung.
Ihme-Zentrum: Das Grab der Heuschrecke
Die Finanzkrise ist kein Phantom: Erst kam der Baustopp, dann die Pleite im
Ihme-Zentrum, einer riesigen Einkaufs- und Wohnmaschine in Hannover. Die
Geldgeber sehen offenbar keine Zukunft mehr für das 200 Millionen Euro
teure Projekt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.