| # taz.de -- Investitionsbonus für Unternehmen: Das habecksche Gießkannenprinz… | |
| > Wirtschaftsminister Habeck will mit einer Prämie für Investitionen aller | |
| > Unternehmen die Wirtschaft ankurbeln. In der Koalition kommt das schlecht | |
| > an. | |
| Bild: Mit der Gießkanne Politik machen: An Bedingungen wie ökologische Kriter… | |
| Berlin taz | Ausgerechnet [1][das Springerblatt Bild] berichtete als erstes | |
| über den neuesten Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck – | |
| jenes Medium, das mit der Kampagne gegen sein Heizungsgesetz die aktuelle | |
| Krise der Grünen eingeleitet hat. Am Dienstagabend fiel der Bericht über | |
| Habecks „Befreiungsschlag“ und sein „Milliardenpaket für die Wirtschaft�… | |
| indes sehr freundlich aus. Die Annahme liegt nahe, dass das Ministerium der | |
| Boulevardzeitung Habecks 14-seitige „Modernisierungsagenda“ für eine | |
| Ankurbelung der Konjunktur exklusiv vorab gegeben hat. | |
| Gute Presse kann der Minister brauchen. Die Wirtschaftslage in Deutschland | |
| ist schlecht, die Opposition und Unternehmensverbände machen ihn dafür | |
| verantwortlich. Ein „Befreiungsschlag“ wäre in der Tat nötig. In dem am | |
| Mittwoch vom Wirtschaftsministerium für das [2][allgemeine Publikum | |
| veröffentlichte Papier] macht Habeck ein Fülle von Vorschlägen für eine | |
| Trendwende. Er habe das Papier „als Anwalt der Wirtschaft geschrieben“, | |
| sagte er vor Journalist:innen in Berlin – etwas gehetzt auf dem Sprung | |
| zwischen zwei Terminen. „Wir müssen mehr tun für Wachstum und | |
| wirtschaftliche Erholung in Deutschland“, sagte er. Würden Unternehmen mehr | |
| investieren, wäre das ein „großer Booster“ für die Wirtschaft. | |
| Habecks zentraler Vorschlag: Die Einführung einer Prämie von zehn Prozent | |
| für Investitionen aller Unternehmen. Damit sollen Anschaffungen | |
| unbürokratisch angekurbelt werden. Den Bonus sollen Firmen für alle | |
| Investitionen bekommen, außer für die in Gebäude. Er soll mit der zu | |
| zahlenden Steuer verrechnet werden. Ist die Prämie höher als die Steuer | |
| oder macht das Unternehmen keinen Gewinn und leistet deshalb keine Abgaben, | |
| wird die Prämie anteilig oder ganz ausgezahlt. | |
| So können auch gerade gegründete Firmen Geld bekommen. Als Beispiel rechnet | |
| Habeck vor: Investiert ein Unternehmen 100.000 Euro, zahlt der Staat einen | |
| Bonus von 10.000 Euro. Die übrigen 90.000 Euro kann der Betrieb wie bisher | |
| von der Steuer absetzen. An Bedingungen wie eine Arbeitsplatzgarantie oder | |
| ökologische Kriterien sollen die Zuschüsse offenbar nicht geknüpft werden. | |
| Das würde allerdings auch dem Anspruch widersprechen, dass sie | |
| unbürokratisch gewährt werden. Die Überprüfung von Förderbedingungen dauert | |
| in Deutschland. | |
| Das Bonusprogramm soll auf fünf Jahre befristet werden. Finanziert werden | |
| soll es aus einem Sondervermögen, Habeck nennt es „Deutschlandfonds“. Der | |
| müsste mit Geldern aus Krediten gefüllt werden. „Ich hoffe, dass diese Idee | |
| Freunde und Unterstützer findet“, sagte er. „Aus meiner Sicht ist sie ein | |
| Weg aus der ideologisch verkeilten Diskussion.“ Mit dem Sondervermögen | |
| anstelle der Finanzierung über den Haushalt könnte eine Debatte [3][über | |
| die Schuldenbremse] umgangen werden. Auf einen bestimmten Betrag für den | |
| Fonds will sich Habeck nicht festlegen. „Die Frage ist nicht, sind es zwei- | |
| oder dreihundert Milliarden, sondern: Wollen wir uns auf den Weg machen“, | |
| sagte er. Dazu befragt, ob der Vorstoß mit Bundesfinanzminister Christian | |
| Lindner (FDP) abgestimmt sei, antwortete Habeck ausweichend. Sein Vorschlag | |
| finde sich nicht im Koalitionsvertrag der Ampel, sagte er nur. „Die | |
| Wirklichkeit hält sich nicht an Verträge.“ | |
| Unterstützung finden Habecks Vorschläge weder in der Ampel noch in der | |
| Opposition. „Der Vorschlag von Robert Habeck für einen Deutschlandfonds ist | |
| nicht nur nicht neu, sondern ein klares Wahlkampfmanöver“, sagte der | |
| wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Reinhard Houben | |
| der taz. Die Regierung solle sich darauf konzentrieren, das vereinbarte | |
| Wachstumspaket umzusetzen. „Eine Wirtschaftspolitik, die auf neuen | |
| Schuldenbergen basiert, ist mit der FDP nicht zu machen“, betonte er. Eine | |
| Investitionsprämie sei der falsche Weg. „Wir brauchen stattdessen | |
| langfristig und breit angelegte Entlastungen, die dann auch seriös | |
| finanziert sind.“ | |
| Auch die SPD ist nicht begeistert. „Vom Wirtschaftsminister erwarte ich | |
| mehr Tun und weniger Prosa“, sagte die SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz. | |
| Das Thema Deutschlandfonds sei tief in der SPD-Programmatik verankert. „Zu | |
| einem richtigen Fonds gehört für mich aber noch mehr Zukunftsanlage und | |
| nicht nur staatliches Geld ausgeben“, betonte sie. „Das bedeutet auch | |
| privates Kapital einzusammeln, zu bündeln und zu lenken.“ | |
| Investitionsprämien sollten gezielt sein und nicht einfach auf alles | |
| ausgezahlt werden, forderte sie. „Dabei sollten Investitionen in | |
| Digitalisierung, Innovation und Klimaneutralität besonders gefördert | |
| werden.“ | |
| Bei der Opposition stößt die Investitionsprämie ebenfalls nicht auf | |
| Zustimmung. „Längerfristig wird sie die Investitionszurückhaltung nicht | |
| lösen“, sagte Unionsfraktions-Vize Mathias Middelberg. Vielleicht erwäge | |
| der eine oder andere wegen der Prämie eine Investition. Aber dann würden | |
| sich Interessierte fragen: Wie sieht es langfristig aus mit der | |
| Steuerbelastung, mit den hohen Energiepreisen und der überbordenden | |
| Bürokratie, glaubt Middelberg. „Wenn diese drei Kernprobleme nicht | |
| nachhaltig angegangen werden, wird es dauerhaft auch nicht mehr | |
| Investitionen geben.“ | |
| Die Linkspartei ist zwar für höhere Investitionen. Aber Habeck wolle „ein | |
| saftiges Steuergeschenk an Unternehmen“ verteilen, als käme der Vorschlag | |
| vom Bundesverband der Deutschen Industrie selbst, kritisierte die | |
| Linkspartei-Vorsitzende Ines Schwerdtner. Die Wirkung sei vollkommen | |
| unklar. Der Zuschuss nutze auch Firmen, die das Geld gar nicht bräuchten | |
| und ohnehin Expansionspläne verfolgten. „Wenn die öffentliche Hand Geld | |
| vergibt, muss sie dafür auch eine konkrete Gegenleistung erhalten, am | |
| besten in Form von öffentlichen Beteiligungen“, forderte sie. Das Mindeste | |
| seien Beschäftigungsgarantien und die Verpflichtung von Unternehmen zur | |
| Tariftreue. | |
| 23 Oct 2024 | |
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| [1] https://www.bild.de/politik/inland/habeck-plant-milliarden-paket-fuer-die-w… | |
| [2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/Pressemitteilungen/impulspap… | |
| [3] /Debatte-ueber-Schuldenbremse/!5972878 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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