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# taz.de -- UN-Artenschutzkonferenz in Kolumbien: Wo die Welt ihr Leben retten …
> In Cali soll die UN-Artenschutzkonferenz das globale Artensterben
> aufhalten. Was dem im Weg steht, wissen die Bewohner:innen der Stadt
> nur zu gut.
Bild: Blick auf das Stadtzentrum von Cali in Kolumbien
Bogotá taz | Erst im Februar verkündete der kolumbianische Präsident
Gustavo Petro: Cali wird’s, die Millionenmetropole soll die
UN-Artenschutzkonferenz ausrichten. „Die Pazifik-Region ist eine Macht der
natürlichen und menschlichen Vielfalt mit einer reichen Geschichte. Sie
bietet Kolumbien die Möglichkeit zu zeigen, warum es das Land der Schönheit
ist“, sagte Petro damals. „Dies ist auch eine Gelegenheit, Wunden zu
heilen, einen Sozialpakt zu schließen und die Augen der Welt auf den
Pazifik, seine Regionen und Konflikte zu richten.“ Natürliche Vielfalt,
reiche Geschichte, zahlreiche Wunden: In Cali prallen Umweltschutz, soziale
Fragen und politische Konflikte immer wieder aufeinander. Politiker*innen,
Aktivist*innen und Unternehmen verhandeln über Artenschutz dort, wo er
besonders schwierig ist.
Die Stadt liegt zwar nicht am Meer, gilt aber als Hauptstadt des Pazifiks
in Kolumbien. Die Region ist traumhaft schön, aber auch vom Staat chronisch
vernachlässigt. Illegaler Bergbau, Abholzung und bewaffnete Drogenbanden
bedrohen das Naturparadies und die Menschen dort. Hier lebt vor allem die
afrokolumbianische Bevölkerung, Nachfahren der Menschen, die nach Amerika
verschleppt und versklavt wurden.
Cali ist mit knapp 2,3 Millionen Einwohner:innen die drittgrößte Stadt
Kolumbiens. Und die Stadt mit dem höchsten Anteil an
Afrokolumbianer:innen. Viele flohen vor der Gewalt in ihren
Pazifik-Heimatregionen hierher. Kolumbiens erste schwarze Vizepräsidentin,
Francia Márquez, [1][ist eine von ihnen]. Andere sind auf der Suche nach
Chancen. Viele leben bis heute in Stadtteilen ohne Telefon und geteerte
Straßen.
[2][2021 war Cali das Zentrum der sozialen Proteste gegen die rechte
Regierung]. Hier benannten vor allem junge Menschen Plätze um, errichteten
Blockaden, stürzten gemeinsam mit Indigenen eine Statue eines Mörders aus
der Kolonialzeit, machten aus Polizeistationen Bibliotheken. Ohne diese
Proteste wäre Gustavo Petro [3][wohl nicht Kolumbiens erster linker
Präsident geworden].
## Cali liegt inmitten von Extremen
Aber hier töteten die Sicherheitskräfte auch die meisten Demonstrant:innen.
Als ein indigener Protestzug eintraf, taten sich in einem reichen Viertel
Anwohner:innen und Polizei zusammen. Ein Zivilist, der sich mit seiner
Schusswaffe neben die Polizei stellte und schoss, [4][ist heute Stadtrat].
Cali grenzt an die Region Cauca, die bis heute gewaltgebeutelt ist. In
Cauca werden überdurchschnittlich viele indigene Umweltschützer:innen
und Menschenrechtsverteidiger:innen ermordet. Die Stadt selbst ist
eng verknüpft mit dem gleichnamigen Cali-Kartell. Das gibt es längst nicht
mehr, doch Gewalt und Kriminalität sind geblieben, vor allem wegen des
Drogenhandels. Während der COP sind etwa 12.000 Sicherheitskräfte im
Einsatz.
Cali liegt inmitten von Extremen. Wer vom Flughafen Richtung Stadt kommt,
sieht von Zuckerrohrmonokulturen überpflanztes plattes Land. Just dieses
Jahr, im Jahr der Artenschutzkonferenz, wollten mehrere Bürgermeister und
eine Gouverneurin [5][diese Monokultur zur idyllischen „Kulturlandschaft
des Zuckerrohrs“ erklären]. Bei der Unesco landete der Vorschlag nie – zu
heftig der Gegenwind, die Debatte um Umweltschutz und Versklavung, mit der
alles begann.
Das Zuckerrohr ist die eine Seite. Auf der anderen sind Berge und Pazifik.
Der gebirgige Nationalpark Los Farallones liegt in direkter Nachbarschaft.
Dort läuft parallel zur COP ein [6][Polizeieinsatz gegen illegalen
Bergbau].
Cali ist umgeben von der biogeografischen Chocó-Region. Die ist deutlich
größer als das gleichnamige kolumbianische Departamento und reicht von
Panama bis Nordperu die ganze Pazifikküste entlang. Sie ist ein
Biodiversitäts-Hotspot. Mit über 560 Arten ist Cali die „Stadt der Vögel�…
Andere prominente Arten sind der „[7][Schickimickifrosch]“ und eine Horde
knallbunter Katzen, die am Fluss in der Stadtmitte leben.
## Die Konferenz findet gar nicht direkt in Cali statt
Dieser Fluss ist wohl der einzige in einer kolumbianischen Großstadt, an
dem man gern spazieren geht, weil er kein stinkender Abwasserkanal ist. Der
Fluss ist Teil einer grünen Zone, der „COP fürs Volk“, mit Konzerten,
Ausstellungen, Workshops, Ständen von Nichtregierungsorganisationen,
Unternehmen, Zivilgesellschaft.
Die blaue Zone, wo die Politiker:innen der UN-Mitgliedsstaaten um den
Schutz der Arten ringen, ist tatsächlich gar nicht in Cali. Das
Veranstaltungszentrum Valle del Pacífico befindet sich in der Nachbarstadt
Yumbo, auf halbem Weg zum Flughafen.
Die Hotels in Cali sind jedenfalls wegen der Konferenz zu 99 Prozent
ausgelastet. Deshalb sind AirBnbs und sogar die Motels „hergerichtet“
worden, um internationale Delegationen aufzunehmen. Wo sonst in exotischer
Kulisse Paare ihr Liebesleben befeuern oder einander betrügen, sollen sie
bis zum 1. November möglichst fruchtbar schlummern.
25 Oct 2024
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Kolumbien/!5855528
[2] /Soziologe-ueber-Proteste-in-Kolumbien/!5807742
[3] /UN-Artenschutzkonferenz-in-Kolumbien/!6041300
[4] https://www.eltiempo.com/colombia/cali/andres-escobar-conocido-por-disparar…
[5] https://www.lasillavacia.com/silla-nacional/paisaje-cultural-de-la-cana-el-…
[6] https://www.cali.gov.co/seguridad/publicaciones/182553/sigue-la-ofensiva-co…
[7] /Froschart-in-Kolumbien/!5968906
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
## TAGS
Artensterben
Naturschutz
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Kolumbien
Drogenhandel
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