| # taz.de -- Bekleckert auf der Frankfurter Buchmesse: Als ich Orhan Pamuk war | |
| > Da wollte mich doch tatsächlich ein Fernsehteam interviewen! Blöd nur, | |
| > dass ich mein neues Hemd mit scharfer Döner-Soße eingekleckert hatte. | |
| Bild: Bitte mit scharfer Soße: Döner in der Zubereitung | |
| Letzten Sonntag war ein ganz besonderer Tag! Ich war bei der Frankfurter | |
| Buchmesse und signierte drei Bücher für den Literaturnobelpreisträger Orhan | |
| Pamuk. Mist! Vor lauter Aufregung habe ich die Pointe von der Geschichte | |
| schon verraten. Ob ich das mit dem Geschichtenerzählen noch lernen werde? | |
| Also jetzt ganz von vorne: Ich war am Sonntag bei der Frankfurter Buchmesse | |
| und sah mit Entsetzen, dass ich mein neues, hellblaues Hemd mit scharfer | |
| Döner-Soße von oben bis unten bekleckert hatte. | |
| Auf meinem Namensschild, das mein Verlag mir aufs Hemd getackert hatte, | |
| waren nur noch die Buchstaben O und N zu erkennen. Was auch völlig egal | |
| war. Niemand nahm ohnehin Notiz von mir. | |
| Die ganzen Fernsehkameras und Reporter waren wie eine Horde sabbernder | |
| Hunde einem Erotikstar hinterhergedackelt. Sie hatte auch viel hübschere… | |
| ehm… Bücher. An einem der verlassenen Verlagsstände versuchte ich mein | |
| ruiniertes Hemd sauber zu bekommen, als sich ein Fernsehteam vor mir | |
| aufbaute. Ich sagte:„Die große Literatin von der Pornobranche ist da | |
| langgelaufen. Wenn Sie sich beeilen, kriegen Sie sie noch.“ | |
| „Wir würden gerne mit Ihnen vorliebnehmen“, riefen sie. | |
| Ich hörte sofort mit dem Saubermachen auf. Warum saubermachen, wo ich doch | |
| dieses Interview offensichtlich nur dieser scharfen Döner-Soße verdankte. | |
| Nicht mal mein aktuelles Buch war für die Presse so interessant gewesen. | |
| „Vielen Dank, dass Sie für uns Zeit haben“, sagte der mit dem Mikro in der | |
| Hand erleichtert. | |
| „Klar! Ich aß draußen im Hof nichtsahnend meinen leckeren Döner – und za… | |
| Ganzes Hemd bekleckert. Bekam sofort ein Interview mit dem Fernsehen wie | |
| ein Nobelpreisträger“, freute ich mich. | |
| „Sie sind total witzig. Regelrecht ein Satiriker“, lächelten sie. | |
| „Satiriker werden niemals einen Preis bekommen, geschweige denn den | |
| Nobelpreis“, sagte ich wahrheitsgemäß. | |
| „Deshalb sind Sie wohl andere Wege gegangen?“ | |
| „Ja. In den Innenhof. Einen doppelten Döner mit extra viel scharfe | |
| Tomaten-Soße bestellt. Kräftig getropft und zack – im Fernsehen!“ | |
| „Ein sehr gesundes Selbstbewusstsein haben Sie.“ | |
| „Das reicht aber nicht alleine.“ | |
| „Klar. Eine große Portion Talent ist auch nötig.“ | |
| „Nein! Eher eine große Portion Döner-Soße“, grinste ich. | |
| „Könnten Sie bitte einige Ihrer Bücher signieren, während wir Sie | |
| aufnehmen?“ | |
| „Ich habe aber nur dieses Taschentuch zur Hand. Soll ich es für Sie | |
| signieren?“, fragte ich aufgeregt. | |
| „Nehmen Sie bitte eines aus dem Regal“, schlugen sie vor. | |
| Ich drehte mich um und sah, dass die ganze Wand hinter mir mit Orhan Pamuks | |
| Büchern vollgestopft war. Und Herrn Pamuk sah ich in dem Moment leibhaftig | |
| mit seinem Stab um die Ecke kommen. | |
| „Freunde, fünf Interviews hintereinander ist echt hart. Ich hab so einen | |
| Kohldampf“, jammerte er auf Türkisch. | |
| „Bruder Orhan, du kannst sofort essen gehen. Dieses Interview habe ich für | |
| dich bereits erledigt. Ich muss nur noch ein paar Bücher von dir | |
| signieren“, gab ich ihm die frohe Nachricht. | |
| „Super! Das ist ja klasse! 1A-Sevice hier in Frankfurt“, freute er sich und | |
| drückte mir drei seiner Bücher in die Hand. | |
| „Aber pass bitte mit der scharfen Soße auf“, rief ich ihm hinterher. „Du | |
| hast ja eh schon den Nobelpreis.“ | |
| 23 Oct 2024 | |
| ## AUTOREN | |
| Osman Engin | |
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