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# taz.de -- Streit um Bezahlkarte in Berlin: Hohe Kosten, viel Aufwand
> Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe kritisiert, die Bezahlkarte für
> Asylbewerber koste viel Geld und Personal. Mit der CDU gibt es Streit
> über den Barbetrag.
Bild: Lehnt die Bezahlkarte eigentlich ab: Berlins Sozialsenatorin Cansel Kizil…
Berlin taz | Noch gibt es die [1][Bezahlkarte für Asylbewerber] nicht, aber
sie kostet Berlin bereits viel Geld. 23.000 Euro hat das Land für das
Vergabeverfahren bezahlt, bei dem ein Anbieter den Zuschlag erhielt.
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) rechnet mit weiteren Kosten, weil
ein unterlegener Bewerber Beschwerde eingelegt hat. Auf zusätzliche 252.000
Euro stellt sie sich für die sogenannte einmalige Bereitstellung des
Bezahlkartenverbundes ein, dazu auf Kosten in unbekannter Höhe für die
Lagerung der Karten und die IT-Infrastruktur.
Damit nicht genug: „Weitere Prüfungen der finanziellen und wirtschaftlichen
Auswirkungen auf Personal und andere Ressourcen des Landes Berlin schließen
sich an“, erklärt die Senatorin auf taz-Anfrage. Sie gehe davon aus, dass
die Bezahlkarte Mehraufwand für das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bedeutet – also mehr Personal. Wie viel
mehr, hänge unter anderem davon ab, für welchen Personenkreis die Karte
eingeführt wird.
Kiziltepe lehnt die Bezahlkarte eigentlich als integrationsfeindlich ab.
Sie hatte sich in der Vergangenheit allerdings dahingehend geäußert, dass
sie die Karte befürworte, wenn sie zu einer Vereinfachung von
Verwaltungsabläufen führen würde. Nun ist offenbar das Gegenteil der Fall.
Aber Berlin ist durch einen [2][Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz]
verpflichtet, die Bezahlkarte einzuführen.
Über Details kann das Land selbst entscheiden. Das wären beispielsweise der
Zeitpunkt der Einführung und die Höhe des Bargeldes, das Asylbewerber mit
der Karte abheben dürfen. Einige Länder wie Sachsen-Anhalt wollen es auch
möglich machen, mit der Bezahlkarte das Abo für das Deutschland-Ticket zu
bezahlen. Denn auch das ist kompliziert: Mit der Bezahlkarte sind
Geldüberweisungen nur möglich, wenn das Amt sie im Einzelfall bewilligt.
## Koalitionsstreit um Barbetrag
In Berlin, erfuhr die taz aus Koalitionskreisen, brennt derzeit ein Streit
zwischen SPD und CDU über die Höhe des monatlichen Barbetrages, der
Asylbewerbern mit der Bezahlkarte zustehen soll. Die CDU und der Regierende
Bürgermeister Kai Wegner wollen ihn dem Vernehmen nach auf 50 Euro
begrenzen, so wie es andere Bundesländern bereits tun.
Die SPD und Kiziltepe wünschen einen höheren Geldbetrag, auch um
Gerichtsverfahren zu vermeiden. In Hamburg und Bayern haben Gerichte in
vorläufigen Entscheidungen die Bargeldhöhe von 50 Euro in Einzelfällen
gekippt. Auch der Zeitpunkt der Einführung ist strittig. Während die CDU
aufs Tempo drücken soll, will die SPD Gerichtsentscheidungen aus anderen
Bundesländern abwarten, um rechtssicher agieren zu können.
Der Flüchtlingsrat sieht in der Bezahlkarte einen Verstoß gegen das
Landesantidiskriminierungsgesetz und hat darum eine Beanstandung
eingereicht. „Den geflüchteten Menschen werden Freiheitsrechte genommen und
ihre Persönlichkeitsrechte durch die Übermittlung sensibler Daten
verletzt“, kritisiert er.
## Ein Amt am Limit
Auf der Seite des LAF wiederum dürfte die zu erwartende Mehrarbeit durch
die Karte ebenfalls zu mehr Problemen führen. Das Amt ist ohnehin am Limit:
Wie die taz berichtete, haben Personalrat, Frauen- und
Behindertenvertretung [3][eine kollektive Überlastungsanzeige beim Senat
eingereicht]. Sie beklagen zu wenige Stellen, was zu einer permanenten
Mehrarbeit für die Angestellten führe, einer hohen Fluktuation und der
Schwierigkeit, für die freien Stellen Bewerber zu finden.
Kiziltepe teilt die Kritik gegenüber der taz und fordert mehr unbefristete
Stellen im Amt. „Zudem setze ich mich auf Bundesebene dafür ein, dass das
LAF nicht durch weitere gesetzliche Verschärfungen überfordert wird. Denn
zunehmend komplexe und restriktive Gesetze belasten das LAF mit kaum noch
personell und rechtssicher zu bewältigenden Verfahren.“
Umso unverständlicher ist es, dass die Personalratschefin des LAF, Nurda
Tazegül, kürzlich in einem Beitrag in der ARD das Gegenteil forderte: mehr
Restriktionen für Asylbewerber sowie Sachleistungen statt Bargeld. Diese
Forderungen würden die Mitarbeitenden nicht entlasten, sondern ihnen nur
noch mehr Arbeit aufbürden, kritisiert Adam Bahar vom Flüchtlingsrat.
Solche Restriktionen führten zu Widersprüchen und Eilanträgen bei
Gerichten, die es aufgrund ungerechtfertigter Entscheidungen ohnehin genug
gebe.
Tazegül, die bis vor einigen Jahren der Linken angehörte, verstieß mit
ihren Äußerungen zudem wohl gegen das Mäßigungsgebot im Beamtenrecht.
Stefan Strauß, Sprecher von Kiziltepes Sozialverwaltung, will sich dazu
jedoch nicht äußern. „Zu Personalangelegenheiten sagen wir grundsätzlich
nichts gegenüber der Presse.“
22 Oct 2024
## LINKS
[1] /Bezahlkarte-fuer-Gefluechtete/!6033286
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## AUTOREN
Marina Mai
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