# taz.de -- Souvenirs am Checkpoint Charlie: Verkaufsschlager Mauerbröckchen | |
> Steine der Berliner Mauer werden am Checkpoint-Charlie an jeder Ecke | |
> verkauft. Doch sind die Brocken wirklich echt? | |
Bild: Bunte Mauerbröckchen in ihrem Habitat: Dem Souvenirshop | |
Berlin taz | Tokio-Hotel-Star Tom Kaulitz schenkte Heidi Klum zur Hochzeit | |
ein Stück der [1][Berliner Mauer]. Das 3,60 Meter hohe Geschenk stellte | |
sich das Model in den Vorgarten. Kaulitz muss ein Vermögen dafür bezahlt | |
haben. | |
Das zeigt sich nicht nur auf Ebay, wo der Preis für ein Mauerstück dieser | |
Größe bei 6.000 Euro beginnt. Sondern auch am Checkpoint Charlie, einem der | |
ehemaligen Grenzübergänge zwischen dem sowjetischen und dem amerikanischen | |
Sektor. | |
Die Mauerreste, die dort verkauft werden, sind zwar wesentlich kleiner und | |
leicht mit einem ordinären Stein vom Wegesrand zu verwechseln. Bei den | |
großen Elementen erstreckt sich die Preisspanne jedoch von 150 bis 800 | |
Euro. Vor allem amerikanische Touristen würden die größeren, auf Stelen | |
aufgebahrten Steinbrocken kaufen und sich dann meistens per Post in die USA | |
schicken lassen. | |
Das erzählt Isabella Rossi. Ihr pinker Glitzerlidschatten passt perfekt zu | |
den lila gefärbten Strähnen in ihren Haaren. Sie arbeitet seit 2018 im Shop | |
des Mauermuseums. Anders als die Straßenverkäufer, die rund um den | |
ehemaligen Checkpoint Sowjetmützen und Mauersteinchen anbieten, beantwortet | |
Isabella Rossi die Frage nach der Originalität der Souvenirs bereitwillig. | |
## Originale Steine werden neu bemalt | |
„In Pankow gibt es ein Lager mit Mauerresten. Nur die Bemalung wird neu | |
gemacht“, sagt Rossi. Ein Zertifikat bestätigt die Echtheit der Steine. Als | |
Rossi angefangen hat, in dem Laden zu arbeiten, habe sie sich auch gefragt, | |
ob die Steine überhaupt echt sind. Sie zeigt auf einen Raum, der mit einer | |
Glasscheibe vom Verkaufsraum des Shops abgetrennt ist. Das ist der | |
„Mauerklopferraum“. Dort werden um die aus Pankow kommenden Steinchen | |
Kuppen und Bögen aus Glas und Plexiglas gebaut. | |
An einem Stand gegenüber, der „BlackBox Kalter Krieg am Checkpoint | |
Charlie“, gibt es eigentlich dieselben Mauerstücke wie im Museumsshop. Nur | |
das Zertifikat sieht anders aus. Auf die Frage, ob die Steine wirklich echt | |
sind, reagiert der Verkäufer sichtlich genervt. Jeden Tag werde er das | |
zigmal gefragt, sagt er. [2][Als die Mauer fiel], habe ein Mann alles | |
gekauft, das würden sie nun verkaufen, behauptet er auf Englisch. Wer der | |
ominöse Mann ist, weiß er nicht. Er empfiehlt die Steine mit dem | |
Zertifikat. Die seien echt. Von denen mit Plastikkuppe rät er ab. | |
In voraussichtlich drei bis vier Jahren wird sich von selbst zeigen, welche | |
Mauerstücke echt sind und welche nicht. Denn dann ist die originale Mauer | |
laut Museumsshop-Mitarbeiterin Isabella Rossi aufgebraucht. Und Fake-Steine | |
würde sie niemals verkaufen, beteuert sie. Dann muss sich Berlin zum | |
40-jährigen [3][Jubiläum] von Mauerfall und Einheit einen neuen | |
Souvenir-Bestseller ausdenken. Oder aber Heidi Klums Mauerstück in bester | |
DDR-Manier vergesellschaften. | |
3 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Mauer/!t5029009 | |
[2] /Abriss-Berliner-Grenzanlagen-1990/!5728741 | |
[3] /Jahrestag-des-Mauerfalls/!5968531 | |
## AUTOREN | |
Martha Blumenthaler | |
## TAGS | |
Berliner Mauer | |
Mauerfall | |
Tourismus | |
Deutsche Einheit | |
Berliner Mauer | |
Kai Wegner | |
DDR | |
Berliner Mauer | |
Checkpoint Charlie | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kreuzberger Opfer der Berliner Mauer: Fünf tote Kinder zuviel | |
Çetin Mert war 1975 das letzte von fünf Kindern, die in der Spree | |
ertranken. Hätte der Senat eher handeln können? Die Kritik hält bis heute | |
an. | |
Berlin feiert 35 Jahre Mauerfall: Immerhin nicht „Wind of Change“ | |
Kulturprojekte Berlin beschert der Stadt ein Festprogramm zum 35-jährigen | |
Mauerfall-Jubiläum. Senatschef Kai Wegner (CDU) ist schwer begeistert. | |
Fernsehdoku zu DDR und Mauerfall: Geschichte einer Ausgrabung | |
Unser Autor hat wichtiges Archivmaterial aus der Nacht des Mauerfalls | |
gefunden. Um es zeigen zu können, durchlief er eine Sender-Odyssee. | |
Geschichte der Berliner Mauer: Im Sandwichkiez | |
Welche Auswirkungen die SED-Diktatur auf das Zentrum Ostberlins hatte, | |
zeigt ein historischer Kiezspaziergang 35 Jahre nach dem Mauerfall. | |
Leitlinien für den Checkpoint Charlie: Äußerst spartanisches Gedenken | |
Hohe Sockel, keine Balkone, keine Gastronomie. Würdig soll es zugehen am | |
Checkpoint Charlie. Dabei wurde über den Gedenkort noch gar nicht | |
diskutiert. | |
Abriss Berliner Grenzanlagen 1990: Mauer nicht von Dauer | |
Franz John ist 1990 in Eile. Er will ein Bauwerk dokumentieren, das gerade | |
zu Schotter zermahlen wird. Von der Berliner Mauer blieb kaum etwas übrig. |