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# taz.de -- Leitlinien für den Checkpoint Charlie: Äußerst spartanisches Ged…
> Hohe Sockel, keine Balkone, keine Gastronomie. Würdig soll es zugehen am
> Checkpoint Charlie. Dabei wurde über den Gedenkort noch gar nicht
> diskutiert.
Bild: Checkpoint Charlie: Links entsteht der Stadtplatz, rechts das Museum. Dah…
Ein wenig könnte sich die Besucherin des geplanten Erinnerungsorts am
Checkpoint Charlie erdrückt fühlen von der Last der innerdeutschen
Geschichte. Tritt sie aus dem Museum, wähnt sie sich vielleicht an einem
Ort wie südlich des Spittelmarkts. Dort gibt es keine Geschäfte im
Erdgeschoss, sondern hohe Sockel. Denn Eigentumswohnungen über Bäckereien
verkaufen sich nicht.
Bäckereien oder Cafés vertragen sich aber auch nicht mit dem Gedenken an
den größten innerstädtischen Grenzübergang während der deutschen Teilung.
So sehen es die [1][Leitlinien zum Checkpoint Charlie] vor, die an diesem
Dienstag vorgestellt wurden. Beteiligt waren die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung, das Landesdenkmalamt, die Kultur- und die
Verkehrsverwaltung sowie die Gedenkstätte Berliner Mauer.
Selbst Balkone sind nicht vorgesehen, denn in den Leitlinien heißt es:
„Private Alltagsnutzungen sollen sich nicht in den Fassaden niederschlagen,
so dass diese nicht störend in den Erinnerungsort eingreifen.“ Darüber
hinaus sollen die Sockel der von einem privaten Investor gebauten Gebäude
einerseits nicht mit den unter Denkmalschutz stehenden Brandwänden
konkurrieren. Andererseits sollen sie unsere fiktive Besucherin nicht vom
Gedenken ablenken.
Der nördlich des Erinnerungsorts auf der östlichen Seite des Gedenkorts
geplanten Neubau ist deshalb „auf der zum Bildungs- und Erinnerungsort
zugewandten Seite bis zu einer Höhe von 11 Metern geschlossen auszubilden“,
heißt es in den Leitlinien. Soll heißen, es darf dort weder Fenster noch
Türen geben. Der hinter dem Stadtplatz auf der westlichen
Friedrichstraßenseite geplante Neubau „soll im Erdgeschoss geschlossen
ausgebildet werden“.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das würdige Gedenken
städtebaulich zu einem Zeitpunkt definiert worden ist, in dem für den
„Bildungs- und Erinnerungsort noch nicht mal ein Konzept vorliegt.“ Darauf
haben in einer gemeinsamen Stellungnahme Theresa Keilhacker, die
Präsidentin der [2][Architektenkammer], der ehemalige Kultursenator Thomas
Flierl sowie der Tourismusforscher Christoph Sommer hingewiesen. Alle drei
hatten das Verfahren am Checkpoint Charlie mit einem Brandbrief 2018 wieder
zurück auf Start gesetzt und eine neue Debatte über die Gestaltung des
Ortes erst möglich gemacht.
## Museum ist eine Blackbox
„Noch ist der geplante Ort der Begegnung und Erinnerung eine Black Box“,
heißt es in der Stellungsnahme, die der taz vorliegt. „Die von der
Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Zusammenarbeit mit der
[3][Stiftung Berliner Mauer] erarbeitete ‚Bedarfsfundierung‘ wurde bislang
nicht einmal dem am Dialogverfahren beteiligten Beratungsgremium zugänglich
gemacht.“ Soll heißen, dass die städtebauliche Entscheidung zum Thema
Erinnern gefällt wurde, bevor überhaupt klar ist, was im Museum zu sehen
sein wird. Nicht „form follows function“, sondern „function follows form�…
Mit ihm Spiel war dabei wohl auch der Druck des Investors. Dem sei das
Ergebnis der Leitlinien bereits Ende 2022 übermittelt worden, heißt es in
der Stellungnahme des Beratergremiums. Offenbar hat sich der Senat ein
Vorab-Okay eingeholt, weil es im Vertrag eine Rücktrittsklausel gegeben
habe. „Das Beratungsgremium wurde an der Dokumentation und Schlussfassung
der Leitlinien nicht mehr beteiligt“, kritisieren Keilhacker, Flierl und
Sommer. „Fast hat man den Eindruck, dass die Leitlinien zwar mit dem
Investor, nicht aber mit der Fachöffentlichkeit und dem Parlament
abgestimmt wurden.“
Immerhin eines steht nun auch fest: Der Checkpoint Charlie wird
verkehrsberuhigt. Wäre ja auch albern gewesen: Blechlawinen reinzulassen,
aber Cafégäste auszuschließen.
28 Jan 2023
## LINKS
[1] https://mein.berlin.de/projekte/checkpoint-charlie-2022/
[2] https://www.ak-berlin.de/
[3] https://www.stiftung-berliner-mauer.de/de
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Checkpoint Charlie
Berliner Mauer
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Wochenkommentar
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Checkpoint Charlie
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Kalter Krieg
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