| # taz.de -- Debatte um Waffenlieferungen an Israel: Letzte Warnung aus Washingt… | |
| > Die USA drohen Israel wegen dessen Kriegsführung mit einem Waffenembargo. | |
| > Jerusalem reagiert mit Angriffen, muss aber womöglich bald einlenken. | |
| Bild: Die Munition für das Raketenabwehrsystem Iron Dome kommt aus den USA. Hi… | |
| Jerusalem und Berlin taz | Es ist die wohl deutlichste Warnung der | |
| US-Regierung an Israel seit Kriegsbeginn. In einem geleakten und am | |
| Dienstag veröffentlichten Brief an die israelische Führung droht Washington | |
| mit einer Einstellung der Waffenlieferungen, ohne die der Verbündete den | |
| Krieg nicht mit gleicher Intensität weiterführen könnte. Binnen 30 Tagen | |
| soll Israel sein Vorgehen und die [1][humanitäre Situation im Gazastreifen] | |
| deutlich verändern. | |
| Ungewöhnlich detailliert listet das Schreiben eine umfassende Kritik auf. | |
| Die Armee habe 1,7 Millionen Menschen in dem „extrem überfüllten“ | |
| Küstengebiet al-Mawasi zusammengedrängt, wo sie tödlichen | |
| Infektionskrankheiten ausgesetzt seien. Soldaten hätten fast 90 Prozent der | |
| humanitären Missionen zwischen Nord- und Süd-Gaza be- oder verhindert. Das | |
| Volumen von Hilfslieferungen sei im September auf den niedrigsten Stand | |
| binnen eines Jahres gefallen. | |
| Damit verbunden ist eine Reihe von Forderungen: So soll Israel mindestens | |
| 350 Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern pro Tag in den Gazastreifen lassen und | |
| humanitäre Pausen einhalten, um diese zu verteilen. Die Menschen in | |
| al-Mawasi müssten vor dem Einbruch des Winters ins Inland umsiedeln können. | |
| Eine Zwangsvertreibung der Bewohner des nördlichen Küstenstreifens soll | |
| ausgeschlossen werden. Andernfalls droht eine Prüfung, ob die Militärhilfe | |
| noch im Einklang mit US-Gesetzen stehe. | |
| Die israelische Armee ist auf die Waffenlieferungen angewiesen: Die | |
| Munition für das Raketenabwehrsystem Iron Dome kommt ebenso aus den USA wie | |
| die bunkerbrechenden Bomben, mit denen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah im | |
| September in Beirut getötet wurde. Offizielle Reaktionen gab es am Mittwoch | |
| zunächst nicht. Die israelische Behörde Cogat meldete jedoch erstmals seit | |
| zwei Wochen, dass mehrere Dutzend Lastwagen mit Hilfsgütern in den Norden | |
| des Gazastreifens fahren konnten. Die regierungsnahe israelische Zeitung | |
| [2][Israel Hayom] schreibt unter Berufung auf Sicherheitskreise, es gebe | |
| „kaum eine Wahl, als einzulenken“. | |
| ## Angespannte Stimmung | |
| Bereits im April hatten die USA angesichts der humanitären Katastrophe in | |
| Gaza indirekt gedroht, den militärischen Nachschub zu unterbrechen. Damals | |
| hatte die israelische Regierung schnell reagiert und die Hilfslieferungen | |
| nach Gaza deutlich erhöht, bevor sie diese schrittweise wieder zurückfuhr. | |
| Auch jetzt gibt es Anzeichen, dass Israel sich seinen Kurs nicht aus | |
| Washington diktieren lassen will. | |
| Entgegen ausgesprochenen Warnungen der US-Führung erschütterten am Mittwoch | |
| erstmals seit knapp einer Woche neue Luftangriffe den Süden der | |
| libanesischen Hauptstadt Beirut. Die Armee teilte mit, ein Waffenlager | |
| angegriffen zu haben. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind an einem | |
| politischen Tiefpunkt. US-Präsident Joe Biden soll Netanjahu laut dem | |
| US-Journalisten Bob Woodward bereits im Mai als „verdammten Lügner“ | |
| bezeichnet haben. Es dürfte daher kein Zufall sein, dass der Brief | |
| stattdessen an Verteidigungsminister Joav Galant adressiert war. | |
| Vor der US-Wahl in weniger als einem Monat könnte Netanjahu darauf setzen, | |
| dass der republikanische Kandidat Donald Trump gewinnt, von dem er sich | |
| mehr Handlungsspielraum erhofft. Die 30-tägige Frist liegt zwar bereits | |
| nach dem Wahltag, Trump käme aber selbst im Falle eines Sieges erst im | |
| Januar ins Amt. Zum anderen könnte er sich darauf verlassen, dass sich die | |
| militärische Unterstützung der USA während des gesamten Krieges als | |
| zuverlässig erwiesen hat. | |
| Erst Anfang der Woche traf in Israel das US-Raketenabwehrsystem Thaad ein. | |
| Der New-York-Times-Kolumnist [3][Nicholas Kristof] spottete bei X, Bidens | |
| „Spezialität sind Warnungen, die (Netanjahu) ignoriert – und anschließend | |
| weitere Waffenlieferungen“. | |
| ## Olaf Scholz verspricht Unterstützung | |
| Angesichts der zuletzt maßgeblich von Israel vorangetriebenen Eskalation | |
| wächst die Kritik an Israels Kriegsführung. Frankreich, Italien und | |
| Großbritannien haben zum Teil Waffenlieferungen an Israel ausgesetzt, | |
| allerdings fällt deren Volumen neben den US-Lieferungen kaum ins Gewicht. | |
| In Berlin bemüht man sich derzeit, jeglichen Zweifel an der Unterstützung | |
| der Bundesregierung an Israel auszuräumen. Bundeskanzler Olaf Scholz | |
| sicherte am Mittwoch Israel weitere Waffenlieferungen für den Kampf gegen | |
| die Terrormilizen Hamas und Hisbollah zu. „Es gibt Lieferungen und wird | |
| auch immer weitere Lieferungen geben. Darauf kann sich Israel verlassen“, | |
| sagte Scholz in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel. | |
| „Israel kann sich auf unsere Solidarität verlassen – jetzt und in aller | |
| Zukunft.“ Scholz betonte aber auch: Es müsse weiterhin Hilfe für die | |
| Menschen in Gaza geben und die Regeln des Völkerrechts müssten eingehalten | |
| werden. Die Versicherung im Parlament kommt nicht von ungefähr. | |
| In den vergangenen Tagen hatten Medienberichte für Furore gesorgt, in denen | |
| Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck vorgeworfen | |
| wird, Waffenlieferungen an Israel blockiert zu haben. Nach Scholz’ | |
| Ankündigung ist nun klar, dass weiter geliefert wird – von einem | |
| Waffenembargo kann jedenfalls keine Rede sein. | |
| 16 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Krieg-in-Gaza/!6042398 | |
| [2] https://www.israelhayom.com/ | |
| [3] https://www.nytimes.com/column/nicholas-kristof | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Wellisch | |
| Tanja Tricarico | |
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