# taz.de -- Israels Militär tötet Hamas-Chef Sinwar: Ein möglicher Wendepunkt | |
> Israelische Soldaten töten den Hamas-Chef Jahia Sinwar in Gaza. In dem | |
> Krieg in Nahost könnte das vieles verändern. | |
Bild: Vom israelischen Militär getötet: Der Hamas-Chef Jahia Sinwar bei einer… | |
Jerusalem taz | Hamas-Chef Jahia Sinwar ist tot. Der Drahtzieher hinter dem | |
Überfall auf Israel am 7. Oktober wurde nach Angaben der israelischen Armee | |
am Mittwoch von Soldaten einer Infanterieeinheit getötet. Seine Identität | |
wurde mittels eines DNA-Tests bestätigt. Auch Quellen aus Hamas-Kreisen | |
sagten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, es gebe Hinweise auf | |
Sinwars Tod bei einem israelischen Einsatz in Gaza. | |
Online verbreitete sich am Donnerstag ein Foto, das mutmaßlich dessen | |
Leiche zeigt. Zu sehen ist darauf ein halb unter Trümmern begrabener Mann | |
mit dessen markanten Gesichtszügen, weißen Haaren und einer klaffenden | |
Kopfverletzung an der Stirn. Vor ihm liegt eine Handgranate. Er trägt eine | |
Kampfweste, eine Armbanduhr und einen Palästinenserschal, auch Kufiya | |
genannt. | |
[1][Laut der Mitteilung der Armee seien mit Sinwar zwei andere Terroristen | |
getötet worden. Israelische Geiseln wurden demnach in der Nähe nicht | |
gefunden.] Lange war davon ausgegangen worden, dass der Hamas-Anführer sich | |
zu seinem Schutz in einem weitläufigen Tunnelnetzwerk unter dem | |
Gazastreifen und in der Nähe von einigen der noch immer rund 100 dort | |
gefangenen israelischen Geiseln aufhalten würde. Laut Geheimdienstberichten | |
verzichtete er vollkommen auf elektronische Kommunikation und setzte | |
stattdessen auf Kuriere für Nachrichten nach außen. | |
## Zufällige Tötung | |
Der israelische Sender Kan berichtete, Sinwar sei nicht gezielt oder | |
aufgrund von Geheimdienstinformationen, sondern „zufällig“ bei einem | |
Armeeeinsatz in einem Haus in Rafah getötet worden. Bei den Leichen wurden | |
demnach Bargeld und gefälschte Ausweise gefunden. | |
Für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, der seit Kriegsbeginn vor | |
mehr als einem Jahr auf einer Taktik der militärischen Stärke beharrt und | |
den „absoluten Sieg“ über die Hamas als Kriegsziel festgeschrieben hat, ist | |
die Nachricht ein großer Erfolg. In den vergangenen Monaten hatten die | |
israelische Armee und der Auslandsgeheimdienst Mossad zahlreiche Anführer | |
der Hamas und der proiranischen Hisbollah getötet. Sinwar selbst war erst | |
im Juli an die Spitze der Terrororganisation aufgestiegen, [2][nachdem sein | |
Vorgänger Ismail Hanije in Teheran ermordet worden war.] | |
Sinwars Tod könnte Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen um ein Ende | |
der Kämpfe und eine [3][Freilassung der noch gefangenen Geiseln bringen.] | |
Die Angehörigen der Entführten forderten noch am Abend, dessen Tod zu | |
nutzen, um zu einem sofortigen Abkommen mit der Hamas zu kommen. „Jetzt | |
bleibt nur noch eines zu tun: Die 101 (Geiseln) zurückzubringen, und zwar | |
sofort“, schrieb der Oppositionspolitiker Jair Golan bei X. | |
Verteidigungsminister Joav Gallant rief die Hamas-Kämpfer zur Kapitulation | |
und zur Freilassung der Geiseln auf. Ministerpräsident Netanjahu wollte | |
sich am Abend äußern. | |
Es wird weithin angenommen, dass Sinwar die vergangenen Jahre maßgeblich | |
die Strategie der Hamas geprägt hat. 2017 stieg er zu deren Anführer im | |
Gazastreifen auf. Er galt seit mehreren, insgesamt 23 Jahre währenden | |
Gefängnissaufenthalten als Kenner der israelischen Gesellschaft und sprach | |
fließend Hebräisch. 2011 kam er im Rahmen eines Gefangenenaustausches frei. | |
Unter seiner Führung hatte die Hamas vor ihrem überraschenden Überfall, bei | |
dem rund 1200 Israelis getötet und 251 nach Gaza verschleppt wurden, | |
jahrelang vorgegeben, den bewaffneten Kampf gegen Israel zurückzuschrauben. | |
## „Der Schlächter von Chan Junis“ | |
Sinwar wurde 1962 im Gazastreifen in Chan Junis geboren. Seine Familie kam | |
ursprünglich aus der Region um die heutige israelische Küstenstadt | |
Aschkelon. Zur Hamas stieß er bereits in jungen Jahren und erhielt dort | |
wegen seines gnadenlosen Vorgehens gegen mit Israel kollaborierende | |
Palästinenser den Beinamen „Schlächter von Chan Junis“. Er hatte mehrere | |
israelische Attentate überlebt. | |
Im vergangenen Jahr soll er laut Geheimdienstberichten angesichts der | |
unerbittlichen Angriffe der israelischen Armee auf den Gazastreifen und der | |
nach palästinensischen Angaben mehr als 42.000 Toten davon ausgegangen | |
sein, dass er sterben würde. Der 62-Jährige, der sein Leben lang | |
kompromisslos für die Vernichtung Israels und einen palästinensischen Staat | |
gekämpft hatte, soll aber gehofft haben, zuvor noch einen regionalen Krieg | |
zwischen Israel sowie dem Iran und seinen Verbündeten in der Region | |
anzufachen. Derzeit stehen Jerusalem und Teheran so kurz vor einem offenen | |
Krieg wie nie zuvor. | |
17 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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