# taz.de -- Jürgen Klopps Engagement bei Red Bull: Keine Liebe mehr | |
> Deutschlands beliebtester Fußballtrainer heuert beim verhassten Konstrukt | |
> von Red Bull an. Was macht das Dosenimperium eigentlich aus? | |
Bild: Soll Red Bull Flügel verleihen: Jürgen Klopp, frisch gekürter Träger … | |
Berlin taz | Man war noch einmal gerührt. Jürgen Klopp hatte sich die Ehre | |
gegeben. Beim Heimspiel des FSV Mainz 05 gegen Werder Bremen Mitte | |
September saß er auf der Tribüne. Am Ende hatte Mainz mit 1:2 verloren. | |
Traurig eigentlich. Doch es war nicht alles schlecht an diesem Tag. Jürgen | |
Klopp war ja da. | |
Der hat die Mainzer von 2001 bis 2008 trainiert und von der fußballerischen | |
Bedeutungslosigkeit bis in den Europapokal geführt. Die Eroberung der | |
Fußballherzen, Klopps vielleicht größter Erfolg neben seinen Titeln mit | |
Borussia Dortmund und dem FC Liverpool, sie hat in Mainz ihren Ausgang | |
genommen. Als Klopp nun wieder mal zu Besuch war, klar, wurde er gefeiert. | |
So wie eine Woche davor in Dortmund. Da spielte der Meistertrainer von 2011 | |
und 2012 sogar noch einmal den Übungsleiter. Borussia Dortmund hatte ihn | |
für das Abschiedsspiel von Jakub Błaszczykowski und Łukasz Piszczek, den | |
zwei polnischen Heroen aus den Meisterjahren, als Trainer angeheuert. | |
Sogar eine Übungseinheit auf dem Trainingsgelände hat Klopp geleitet, und | |
beim Gaudispiel der Klublegenden vor 80.000 Fans im Westfalenstadion war | |
schnell klar, wer [1][der wahre Star des Abends] war: Jürgen Klopp. In | |
Mainz und in Dortmund waren sie sich sicher, dass Klopp einer der ihren | |
ist, einer, der sich dem Fußball an der Seitenlinie genauso verschrieben | |
hat wie sie auf den Tribünen: mit Haut und Haar. | |
[2][Das Entsetzen war groß], als nur gut einen Monat nach seinen gefeierten | |
Auftritten in Mainz und Dortmund bekannt geworden ist, dass er ab Januar | |
[3][beim Getränkeriesen Red Bull] als „Global Head of Soccer“ arbeiten | |
wird. Noch größer wurde es, als das Gerücht aufkam, es stehe schon seit | |
Ende 2022 fest, dass er zu dem Milliardenkonzern wechseln wird, [4][der | |
sein Image vor allem durch Sportmarketing definiert]. | |
Am Sterbebett des Limomilliardärs und Firmenpatriarchen Dietrich | |
Matteschitz, der im Oktober 2022 gestorben ist, soll er versprochen haben, | |
sich der Fußballfamilie von Red Bull anzuschließen. Jetzt steht der Mann, | |
der in Dortmund und Liverpool eine Malocherattitüde so überzeugend an den | |
Tag gelegt hatte, dass man sie ihm einfach abnehmen musste, da wie ein | |
Heuchler. | |
## Feindbild Red Bull | |
Red Bull steht bei vielen engagierten Fans in Deutschland für das Böse im | |
Fußball. Ihre Abneigung gegen den Klub ist mehr als wohlfeile Kritik am | |
Millionenbusiness Fußball. In Dortmund weiß man auch auf der Südtribüne, | |
dass die Bundesligaspieler des BVB Angestellte einer börsennotierten | |
Aktiengesellschaft mit einem Jahresumsatz von über 600 Millionen Euro sind. | |
Doch da ist ein entscheidender Unterschied zu RB Leipzig, dem | |
Red-Bull-Klub, der mit Limomillionen in die Bundesliga gehievt wurde, | |
längst Stammgast ist der Champions League ist und zweimal den DFB-Pokal | |
gewonnen hat. Der Geschäftszweck des BVB ist der Fußball. Der von RB | |
Leipzig ist es, der Marke Red Bull zu Sichtbarkeit zu verhelfen. | |
Die Roten Bullen, die auch die Dosen mit der Koffeinbrause zieren, sind in | |
leicht abgewandelter Form auch im Klubwappen von RB Leipzig zu sehen. RB – | |
das steht natürlich für Red Bull. Den offiziellen Namen Rasenballsport | |
Leipzig hat sich das Fußballunternehmen bei seiner Gründung 2009 nur | |
deshalb gegeben, weil Klubs die Sponsoren nicht im Klubnamen tragen | |
dürfen. | |
Es ist einer dieser Tricks, wegen der Red Bull so verhasst ist bei den | |
Fans. Ein andere ist das offensichtliche Spiel mit der im deutschen Fußball | |
so heiligen 50+1-Regel. Nach der bleibt die Mehrheit der Stimmanteile der | |
Spielbetriebsgesellschaften bei den Vereinen. Wenn der Verein aber nur aus | |
einem Haufen handverlesener Mitglieder besteht, die zum großen Teil | |
Funktionsträger im Mutterkonzern Red Bull sind, dann kann man getrost von | |
einer willentlichen Umgehung der Regel sprechen. | |
Auch wenn RB Leipzig darauf Wert legt, eine ordentliche Bilanz vorzulegen, | |
fällt doch auf, dass ein langfristiges Darlehen von 100 Millionen Euro | |
nicht etwa bei einer Bank gezeichnet wurde, nein, RB Leipzig schuldet das | |
Geld, mit dem der Erfolg angeschoben worden ist, dem Mutterkonzern Red Bull | |
und muss es nur in sehr kleinen Raten zurückzahlen. Kein Wunder dass der | |
Marsch von der Oberliga Nordost in die Champions League nicht als kitschige | |
Aufstiegsgeschichte erzählt wird, sondern als die eines gekauften Erfolgs. | |
## Gegen jede Tradition | |
Traditionsvereine und Traditionen scheren Red Bull dabei nicht. Als der | |
Konzern sein Fußballengagement 2005 begann, enterte er einfach den | |
österreichischen Bundesligaklub, der in der Nähe der Firmenzentrale | |
spielte: Austria Salzburg. Der spielte seit je in violetten Trikots. Dann | |
kam Red Bull und zog den Spieler rote Leibchen an. Es geht eben um die | |
Marke und nicht in erster Linie um Fußball und seine Traditionen. | |
Und doch ist da ein Unterschied zu den US-Investoren oder den | |
Staatskonzernen aus den reichen Golfstaaten. Die einen sehen den Klub, den | |
sie kaufen, als gewinnträchtiges Investment, die anderen gehen wie | |
klassische Mäzene an den Sport heran und wollen ihre Paläste mit den von | |
ihren Teams gewonnen Pokalen schmücken. Red Bull dagegen möchte mit der | |
Behauptung, den Fußball zu fördern, Aufmerksamkeit generieren. | |
So hat der Klub mittlerweile Filialen in Salzburg, Leipzig, in New York und | |
im brasilianischen Bragança. In England ist Red Bull an Leeds United | |
beteiligt und in Frankreich am Paris FC. Über all das, was dort geschieht, | |
soll nun Jürgen Klopp als Head of Global Soccer wachen. | |
Dabei fällt immer wieder das Wort „Philosophie“. Eine solche hat ein | |
Vorgänger von Klopp bei Red Bull, der deutsche Trainer Ralf Rangnick, allen | |
Bullenteams verordnet. Die Idee ist einfach. Wenn in allen Klubs die | |
gleiche Art Fußball gespielt wird, lassen sich Spieler leichter von einem | |
Red-Bull-Team in andere verschieben. | |
Diese Idee hat längst Nachahmer gefunden. Zur City Football Group gehören | |
neben den namensgebenden Manchester City Klubs aus elf Ländern. Diese | |
Fußballkonzerne schnappen den traditionellen Ausbildungsvereinen, die davon | |
gelebt haben, Talente zu entdecken und weiterzuverkaufen, die jungen | |
Spieler weg und rauben den kleinen Klubs ihre Geschäftsgrundlage. Ein | |
weiterer Grund, warum Red Bull so verhasst ist. | |
Ob der Hass der Fans sich legt, wenn sich unter Jürgen Klopp die ganz | |
großen Erfolge bei Red Bull einstellen? Den gab es bislang noch nicht. 14 | |
österreichische Meisterschaften und zwei Pokalsiege in Deutschland werden | |
einen Konzern nicht zufriedenstellen, der es geschafft hat, mit dem eigenen | |
Rennstall in der Formel 1 Ferrari den Rang abzulaufen. | |
11 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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