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# taz.de -- Änderung der Blockfunktion auf Plattform: Gebt X nicht auf!
> Auf X sind öffentliche Posts nun auch für geblockte Accounts sichtbar.
> Doch es wäre zu billig, die Plattform abzuschreiben. Jetzt ist die EU
> gefragt.
Bild: Elon Musk bei einer Trump-Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania, 17. Okt…
Na, [1][immer noch bei X/Twitter]? Für alle, die auf diese Frage
zerknirscht nicken, liefert die von Elon Musk verunstaltete Plattform
derzeit einen neuen und ziemlich guten Anlass zum Gehen. Denn aktuell gibt
es eine umstrittene Änderung: Öffentliche Posts von Nutzer:innen sind
nun auch für die von ihnen geblockten Accounts sichtbar. Angekündigt hatte
Musk das schon im September, nun posten Nutzer:innen Meldungen, die über
die Umsetzung informieren.
Die Neuerung passt in das umstrittene „Free Speech“-Konzept, das Musk
vertritt. Ein Paradigma, das im Prinzip jede Äußerung als Meinungsäußerung
und damit als legitim und legal versteht. Beleidigung? Meinung. Hate
Speech? Meinung. Aufruf zu Straftaten? Meinung. Schutz von Menschen vor
dieser Art von Äußerungen? Überbewertet. Dieser Ansatz ist praktischerweise
auch ökonomisch sehr bequem, weil man sich so als Plattformbetreiber die
Moderation der Inhalte im Wesentlichen schenken kann. Spart Personal, spart
Geld und man muss sich nicht mal die Mühe machen, eine KI dafür zu
trainieren. Musks Haltung in Kombination [2][mit seinem klaren rechten
Profil hat X zu dem gemacht, was es heute ist]: Ein Ort, an dem das Recht
dessen gilt, der die eigene Meinung und viel zu häufig auch Hass und Hetze
möglichst laut und rücksichtslos ins Netz schreit. Ein Sumpf der
algorithmisch verzerrten Realität, in dem sich vor allem Rechte und
Populist:innen wohlfühlen.
Die nur konsequente Änderung bei der Blockierfunktion bedeutet im Ergebnis
noch weniger Schutz für Nutzende – gerade für Menschen, die ohnehin schon
Bedrohungen, Anfeindungen oder Belästigungen ausgesetzt sind. Das
technische Angebot von X zur Lösung dieses Problems ist denkbar zynisch:
Wer mit den Konsequenzen der Änderung nicht einverstanden ist, soll halt
nicht mehr öffentlich posten, sondern die Einstellungen so verändern, dass
nur noch Follower:innen die eigenen Veröffentlichungen sehen können.
Kein Wunder also, dass [3][Konkurrent Bluesky] eigenen Angaben zufolge
innerhalb von zwei Tagen einen Zuwachs von 1,2 Millionen Nutzenden
verzeichnete. Für die Konkurrenz ist die Geschäftspolitik von Musk die
beste Werbung.
## Situation nicht hoffnungslos
Die Situation ist also desaströs, aber nicht hoffnungslos. Denn es wäre zu
bequem, X einfach abzuschreiben: Die Zahl der Nutzenden geht ohnehin
zurück, das Diskussionsklima ist kaum mehr zum Aushalten, warum also
überhaupt noch hinschauen? Allerdings lässt sich über X immer noch ziemlich
viel Reichweite erzielen. Und in der gesellschaftlich-politischen
Wahrnehmung hat die Plattform noch inhaltliche Relevanz – wenn auch
vermutlich mehr, als sie verdienen würde. Dazu kommt: Die kontinuierliche
Absenkung der Debattenstandards, [4][wie wir sie seit der Übernahme durch
Elon Musk erleben], macht auch etwas mit der Kommunikation.
Sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf individueller Ebene. Und in
einer ohnehin schon polarisierten gesellschaftlichen Situation, in der wir
eigentlich mehr Zuhören, mehr Zugewandtheit, mehr Bewusstsein brauchen
dafür, dass die eigene Lebenswelt vielleicht nicht die des Gegenübers ist,
sind Maßnahmen, die das Gegenteil bewirken, extrem kontraproduktiv.
Daher ist nun die EU gefragt, ganz genau hinzuschauen. Denn [5][der Digital
Services Act] (DSA) der EU schreibt den Plattformen mehr Schutz von
Nutzenden, unter anderem vor Hate Speech, vor. Die Musk’sche Agenda
konterkariert, nicht zum ersten Mal, dieses Ziel. Die EU-Kommission hat
bereits Untersuchungen nach dem DSA gegen X eingeleitet. Gegen die neue
Änderung vorzugehen, wäre nur ein kleiner Schritt angesichts der Fülle von
Dingen, die X zur Problem-Plattform machen. Doch es wäre ein nötiger.
24 Oct 2024
## LINKS
[1] /BVG-und-SPD-verlassen-X/!6021120
[2] /X-Chef-Elon-Musk/!6028017
[3] /bluesky/!t5964412
[4] /Boersenkurs-vom-einstmaligen-Twitter/!5970339
[5] /Digital-Markets-und-Digital-Services-Act/!5992274
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Twitter / X
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