# taz.de -- Linken-Politiker zieht vor BGH: Klage gegen rechte Trittbrettfahrer | |
> Der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann verlangt von Rechtsextremisten | |
> Schadensersatz. Jetzt zieht er mit seiner Forderung vor den | |
> Bundesgerichtshof. | |
Bild: Auf dem Augustusplatz in Leipzig: Bundestagsabgeordneter und Anmelder der… | |
Berlin taz | Können Politiker:innen, die vom politischen Gegner vereinnahmt | |
werden, Schadensersatz verlangen? Diese Grundsatzfrage muss bald der | |
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entscheiden. Es geht um eine Klage des | |
Linken-Abgeordneten Sören Pellmann gegen die rechtsextremistische | |
Kleinpartei Freie Sachsen. | |
Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Konflikt unter Populist:innen im | |
Sommer 2022. Damals stiegen die Energiepreise massiv, nicht zuletzt, weil | |
Russland die Gaslieferungen nach Europa stark drosselte. | |
Rechtsextremistische [1][Parteien wie die Freien Sachsen] machten dafür | |
jedoch die Bundesregierung verantwortlich und kündigten einen „heißen | |
Herbst“ an. Die [2][Linke wollte beim Protest nicht zurückstehen], der | |
Leipziger Abgeordnete Sören Pellmann rief deshalb in Leipzig zu einer | |
Kundgebung unter dem Motto „Heißer Herbst gegen soziale Kälte“ auf. Darauf | |
meldeten die Freien Sachsen am selben Tag ebenfalls auf dem Leipziger | |
Augustusplatz eine eigene Kundgebung an, „Gemeinsam gegen die da oben“. | |
Der juristische Streit bezieht sich auf die Demo-Ankündigung der Freien | |
Sachsen, in der sie versuchten, die Pellmann-Kundgebung für sich zu | |
vereinnahmen. Auf Telegram behaupteten die Rechtsextremisten, dass hier die | |
gesamte Opposition „gemeinsam gegen die Energie- und Sanktionspolitik der | |
Regierung auf die Straße“ gehe. Quasi als Beleg veröffentlichten die Freien | |
Sachsen eine Rednerliste: Neben ihrem Vorsitzenden Martin Kohlmann und | |
anderen Rechtsextremisten wurden auch Sören Pellmann und Gregor Gysi | |
aufgelistet. | |
Noch vor dem Tag der beiden Kundgebungen erwirkten Pellmann und Gysi eine | |
einstweilige Verfügung des Landgerichts Leipzig. Die Freien Sachsen durften | |
für ihre Kundgebung nicht mehr mit Pellmanns Namen werben. | |
## Oberlandesgericht lehnt ab | |
In einer weiteren Klage verlangte Pellmann von den Freien Sachsen aber auch | |
Schadensersatz in Höhe von mindestens 10.000 Euro. Dies soll präventiv | |
künftige Vereinnahmungsversuche entmutigen. Beim Landgericht Leipzig hatte | |
der Linken-Abgeordnete im Dezember 2023 auch Erfolg. | |
Doch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden lehnte im April 2024 Pellmanns | |
Klage ab. Die Vereinnahmung seines Namens durch die Freien Sachsen sei zwar | |
rechtswidrig gewesen, aber keine „schwerwiegende“ Verletzung seiner | |
Persönlichkeitsrechte. Die Vereinnahmung des politischen Gegners gehöre zum | |
politischen Geschäft und rechtfertige keinen Schadensersatz. | |
Pellmann, der [3][inzwischen Co-Vorsitzender der Linken-Gruppe im Bundestag | |
ist], gab aber nicht auf und ging in die Revision zum BGH; die | |
Revisionsbegründung liegt der taz vor. Darin argumentiert Anwalt Matthias | |
Siegmann, dass die Vereinnahmung von Pellmanns Namen nicht weniger schwer | |
wiege, weil sie im politischen Meinungskampf erfolgte, sondern dies die | |
Verletzung des Persönlichkeitsrechts sogar vertiefe. Die Vereinnahmung | |
durch den politischen Gegner gefährde nämlich die Glaubwürdigkeit eines | |
Politikers, insbesondere wenn ein Linker durch Rechtsextremisten benutzt | |
wird. „Beide könnten mit ihren politischen Überzeugungen und Inhalten nicht | |
weiter auseinanderliegen“, schreibt Anwalt Siegmann. | |
Die mündliche Verhandlung des BGH wird wohl erst nächstes Jahr stattfinden. | |
23 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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