# taz.de -- Frühe Fotografien von Martin Parr: Die Action findet außerhalb st… | |
> Schwarz-Weiß-Film war verfügbar, also nutzte er ihn. In Frankfurt sind | |
> frühe Fotos von Martin Parr zu sehen, die nur selten gezeigt werden. | |
Bild: So blickte Martin Parr 1976 auf eine Szene in Glastonbury, England (Aussc… | |
Fehlt das Grelle? Im Fotografie Forum Frankfurt wird jetzt das | |
ausgesprochen selten gezeigte Frühwerk von Martin Parr präsentiert, und das | |
besteht aus (oder besser: ist in) Schwarz-Weiß. Hier kann man | |
nachvollziehen, wie Parr schon seinerzeit aus sehr wenig – so viel | |
passierte ja nicht auf dem englischen Land oder in Irland, wo er zeitweise | |
lebte – einiges machen konnte. | |
Unruhiges Essensammeln am Buffet, Männer, die aufs Fußballfeld schauen, | |
Kühe, die einem Wanderer unterm Torbogen begegnen, ein junger Fan einer | |
heute vergessenen Band, ein Mann im Türrahmen und eine Schau mit weißen | |
Mäusen: Alles irgendwie spannend, immer noch, wenn man diese Bilder heute | |
betrachtet. Was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass Parr die | |
eigentliche Action oft außerhalb des Bildes verortet. | |
Für den Fotografen war die Entscheidung seinerzeit eine pragmatische. | |
Schwarz-Weiß-Film war eben verfügbar. Und auch üblich. Erst in Amerika | |
entdeckte er, wie plötzlich die Farbfotografie mit Namen wie William | |
Eggleston [1][zum ernstzunehmenden Medium avancierte]. Überhaupt sei | |
Großbritannien in dieser Hinsicht Brachland gewesen, die USA oder auch | |
Deutschland deutlich empfänglicher für die Fotografie als Kunstform, meint | |
der Brite. | |
## Nie wieder schwarz-weiß | |
Schließlich entdeckte auch er die Farbfotografie für sich, der Rest ist | |
bekannt und Geschichte: Fortan fotografierte Parr nur mehr auf | |
mehrschichtigem Bildträger, schuf ikonische Reihen wie „Last Resort“, über | |
den Urlaubswahnsinn in britischen Badeorten, und schaffte es in die Riege | |
der Magnum-Fotografen. Wobei ihm sein Frühwerk vielleicht auch hier bei der | |
Aufnahme in den exklusiven Zirkel behilflich gewesen sein könnte: „Wer mit | |
meinen Farbfotos nichts anfangen konnte, der mochte vielleicht die | |
Schwarz-Weiß-Bilder.“ Tatsächlich war die grelle Sozialfotografie schon | |
damals nicht jedermanns Sache, teils durchaus umstritten. | |
Bevor die Journalistenrunde bei der Präsentation der Schau, die [2][bis zum | |
5. Januar 2025 im Fotografie Forum Frankfurt] zu sehen sein wird, ihre | |
Fragen stellen dürfen, erklärt Parr, welche man sich gleich sparen könne: | |
„Ob ich jemals wieder schwarz-weiß fotografiere – werde ich nicht!“ Und | |
dann kichert er dieses Kichern, bei dem man sich vorstellen kann, genauso | |
müsste der Fotograf klingen, wenn eines seiner grundlegend zugewandten, | |
gern skurrilen, oft hinreißenden Motive gefunden ist. | |
Eine Pointe der Drehrichtung High–Low, Kunst–Gebrauchskunst, | |
Schwarz-Weiß–Farbe und wie sich die jeweilige Bedeutungszumessung wandeln | |
kann, lässt sich für Parr-Geeks in dieser Schau noch ausmachen. | |
[3][Postkartenfotograf John Wilfrid Hinde (1916–1997)] war ein wichtiger | |
Einfluss für den Magnum-Fotografen – ganze Bildreihen sind seinerzeit für | |
die britischen Butlin’s Ferienparks mit ihrem Arsenal an Freizeitangeboten | |
vom Steinzeitrestaurant bis zum Bingoklub in schönster Farbsättigung | |
entstanden (ich hatte sie vor vielen Jahren zufällig entdeckt, der | |
nachträglich erschienene Werkband „Our True Intent Is All For Your Delight“ | |
steht im Bücherregal). | |
Auch hier stand Color für das Gewöhnliche, Unkunstige. In der Schau zu | |
sehen: ein Motiv im Wimmelbildschwimmbad eines Butlin’s Ferienresorts, John | |
Hinde zu Ehre gereichend, das der damals junge Martin Parr ins Bild setzte. | |
Natürlich in Schwarz-Weiß. | |
23 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wert-von-Fotos/!6025987 | |
[2] https://www.fffrankfurt.org/aktuell/prd.627.martin-parr-early-works/ | |
[3] /Archiv-Suche/!686019&s=John+Hinde&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Katharina J. Cichosch | |
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