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# taz.de -- Ein besonderer Fotograf: Parr gute Bilder
> Der britische Fotograf Martin Parr ist gestorben. Sein humorvoller Blick
> auf das Leben macht sein Werk so beliebt.
Bild: Düsseldorf, 18. Juli 2019: Martin Parr führt durch seine Ausstellung im…
Die 1970er waren immer noch ein Jahrzehnt der Schwarz-Weiß-Bilder,
zumindest wenn man ernstzunehmende Dokumentarfotografie machen wollte.
[1][Wie Martin Parr]. Das mag heute überraschen, ist Parr doch derjenige,
der mit drall farbigen, bis ins Kleinste ausgeleuchteten Bildern Humor und
Groteske in die klassische Fotografie brachte. Wenn man nicht lache, bleibe
einem in dieser Welt nichts anderes übrig als zu weinen, erklärte er seinen
Stil gern. Man müsse daher den Witz im Alltäglichen suchen.
Doch als Mitte Zwanzigjähriger hielt sich Martin Parr, der aus der
Grafschaft Surrey bei London stammte, erst einmal an die Regeln, und die
lauteten: Seriöse Fotografie ist schwarz-weiß, Farbe ist Kommerz. [2][Sehr
sanft wirken daher noch seine frühen Bilder ohne Farbe], aber sie zeigen
schon Parrs Blick für soziale Sonderbarkeiten, insbesondere die britischen,
vor allem aus dem Arbeitermilieu – träumende Näherinnen während einer
Produktionspause in der Fabrik oder eine Friseurin, die ihrer Kundin beim
Hausbesuch eine poufartige Föhnhaube aufsetzt.
In der englischen Provinzstadt Hebden Bridge, wo Parr eine Zeit lang lebte,
fotografierte er das Gemeindeleben der Nonkonformisten, jener
protestantischen Gruppierung, die sich von der Church of England
abgespalten hatte. „The Non-Conformists“ von 1975 ist Parrs frühe große
Serie über das gesellschaftliche Leben in Großbritannien, von denen viele
noch folgen sollten.
Und an ihr kann man Parrs Bildtechnik gut erkennen. Wie er fast zu nah ans
Bildgeschehen heranrückt und seine Sujets auf Blickhöhe ablichtet. Wie er
die Linien nie ganz gerade verlaufen lässt und den Bildvordergrund häufig
verstellt: Etwa mit der kargen Lehne einer Kirchenholzbank, auf der weiter
hinten zwei alte Damen sitzen. Derart gebeugt, dass man gar nicht weiß, ob
sie demütig beten oder eingenickt sind.
1976 stellte der US-amerikanische Fotograf William Eggleston seine Bilder
im New Yorker MoMA aus – in Farbe. Auch wenn das Publikum verhalten darauf
reagierte, für die Geschichte der Fotografie bedeutete die Eggleston-Schau
eine Zäsur, die auch der junge Martin Parr registrierte. Kurz darauf fing
Parr an, in Farbe zu fotografieren. Und schöpfte dafür die Mittel der
eigentlich verruchten Werbefotografie voll aus: ultrasattes Kolorit,
ultraviel Licht.
Der rote Lippenstift einer schon etwas betagten Sonnenbadenden in der
berühmten Serie „The Last Resort“ vom Strandort New Brighton aus den
1980ern wurde nicht nur schreiend rot, auch jede Lippenfalte, jede von
UV-Licht und Schweiß geöffnete Hautpore drängte auf diese Weise ins Bild.
Schonungslos realistisch und überzogen wurde Parrs Fotografie erst durch
die Farbe. Von der Beobachtung wandelte sie sich zur Kritik. Und die nährte
sich aus seinem Blick für groteske Szenerien, die ihm das Großbritannien
der Thatcher-Ära lieferte.
Seiner Bildsprache warf Vietnamkriegsfotograf Philip Jones Griffiths vor,
sie sei faschistisch. Als Parr sich 1994 bei der renommierten Fotoagentur
Magnum bewarb, wollte man ihn daher zunächst nicht. Erst bei seinem zweiten
Anlauf wenig später wurde er in die Agentur aufgenommen. Von 2013 bis 2017
war er gar ihr Präsident.
Er würde eben ablichten, was da draußen ist, sagte Parr einmal. Badeorte
sollte er noch viele bereisen: in Argentinien, Lettland oder China.
Vergangenen Samstag ist Martin Parr in Bristol im Alter von 73 Jahren
gestorben.
13 Dec 2025
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## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
zeitgenössische Fotografie
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