# taz.de -- CDU-Kanzlerkandidatur von Friedrich Merz: Zwei Postkarten für Mark… | |
> Wenn man der Ansicht ist, dass Deutschland ohne einen Kanzler der Union | |
> besser dran ist, war das eine gute Woche. | |
Bild: Die Zeit der Lebkuchenherzen-Postkarten isch over | |
Was viele nicht wissen: In der Poststelle der bayerischen Staatskanzlei | |
arbeitet ein taz-Maulwurf. Einige taz-Leser haben ein Faible für bedrucktes | |
Papier, und so hat dieser Mann sein Hobby zum Beruf gemacht. | |
Da das Briefgeheimnis für Postkarten eingeschränkt gilt, zumal, wenn diese | |
Postkarten offen auf dem Schreibtisch des Ministerpräsidenten liegen, | |
können wir enthüllen, welche Post an Dr. [1][Markus Söder] verschickt | |
wurde, nachdem er der Weltöffentlichkeit mitgeteilt hatte: „[2][Friedrich | |
Merz macht’s]. Ich bin fein damit.“ | |
Die erste Postkarte ziert eine kitschige Ansicht der Elbphilharmonie. Der | |
Absender schreibt: Moin Markus, danke, dass du Friedrich den Vortritt | |
gelassen hast! Etwas Besseres hätte mir nicht passieren können. Wenn du in | |
meinem nächsten Kabinett Verkehrsminister sein willst, meld’ dich. Aber | |
rasier dir den Bart ab, das trägt in Berlin keiner mehr. Dein Olaf | |
Wenn man der Ansicht ist, dass Deutschland ohne einen Kanzler der Union | |
besser dran ist, war das eigentlich eine gute Woche. Die Bilanz der Ampel | |
ist durchwachsen, die Kandidatur von Merz könnte ihre Rettung werden. Die | |
Union zieht mit einem Kandidaten ins Rennen, der keine Regierungserfahrung | |
hat, der erst zum Vorsitzenden gewählt wurde, als es keinen anderen | |
mehrheitsfähigen Kandidaten mehr gab. | |
## Merz eignet sich als Feindbild | |
Ein Mann, der sich nicht im Griff hat und gern sein Publikum belehrt. Merz | |
eignet sich als Feindbild: Der Blackrock-Manager, der im Privatjet nach | |
Sylt reist. Gegen ihn wird es möglich sein, ein Wechselwähler-Milieu zu | |
mobilisieren, das die CDU wegen Merkel wählte und sich für den | |
Schwiegersohntypen Hendrik Wüst hätte erwärmen können. | |
Sollte der Wahlkampf auf eine Entscheidung zwischen zwei Kandidaten | |
zulaufen und auf die Frage, wem die in der Mehrheit konservativen | |
BürgerInnen vertrauen, hat Scholz gute Chancen. Die letzte Wahl gewann er, | |
weil er den Angela-Merkel-lookalike-Contest gewann. Scholz’ monotone Stimme | |
gab den WählerInnen das Gefühl: Der ist genauso langweilig wie ich, der | |
weiß, wovon er spricht. | |
Es könnte also alles schön sein, wenn nicht eine zweite Postkarte auf | |
Söders Schreibtisch liegen würde. | |
Lieber Markus, als Problemlöser fang’ ich konstruktiv an: Ich find’s super, | |
dass du eine Entscheidung getroffen hast und wünsche dir alles Gute. Dass | |
du so gegen Schwarz-Grün bist, egal, eh nur Wahlkampfgetöse. Mein Problem | |
ist: Mit Friedrich Merz als Gegner sieht ja sogar Olaf frisch aus. Wie | |
werde ich dann Kanzler?! Herzlich, Robert | |
Es gibt zwei Faktoren, die den kommenden Wahlkampf vom vorigen | |
unterscheiden: Der erste ist [3][Robert Habeck]. Die Grünen treten mit | |
einem Kandidaten an, dem viele das Kanzleramt zutrauen. Aber sie sind in | |
der Defensive, die Klimakrise ist der Mehrheit egal, sie hat sie verdrängt. | |
Habeck wird Scholz trotzdem Stimmen aus der Mitte streitig machen. Selbst | |
wenn Merz schlecht abschneidet und nur 25 Prozent holt, kann es sein, dass | |
Scholz und Habeck sich gegenseitig runterziehen. | |
Der größte Unterschied aber ist: Diesmal wird es gleich zwei populistische | |
Parteien geben, die als Alternativen auftreten und die etablierten Parteien | |
in die Zange nehmen. Sie werden behaupten, für eine andere Politik zu | |
stehen, für eine Alternative zu Ampel und Union. Vertreten werden sie von | |
zwei Frauen, Sahra Wagenknecht und Alice Weidel. Die eine hat einen | |
iranischen Vater, die andere lebt mit ihrer Partnerin in der Schweiz. | |
Angeblich ist Identitätspolitik ja over, und natürlich sollte man Parteien | |
daran messen, wofür sie inhaltlich stehen. Aber bei der Bundestagswahl | |
sollen Merz, Habeck, Scholz, drei weiße Männer über 50, den Aufbruch | |
verkörpern, den Deutschland nötig hätte. Na toll. | |
22 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Kersten Augustin | |
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