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# taz.de -- Sommerinterview auf der Alm: Eine Antifa-Kuh packt aus
> Das ist selten: Ein Preuße in Bayern und ein Gespräch über die wirklich
> wichtigen Fragen unserer Zeit – mit Benita, der Kuh.
Bild: Muh!
Das politische Berlin ist in der Sommerpause, der Kanzler ist im Urlaub an
einem unbekannten Ort und schickt [1][Machtwörtchen an den
Finanzminister], und auch diese Kolumnenspalte muss gnadenlos mit Wörtern
gefüllt werden, so will es unsere Pflicht gegenüber dem taz-Leser.
Womit füllt man die Sommerpause? Mit Sommerreisen und Sommerinterviews. Da
an meinem Urlaubsort, ein Dorf am Rande der bayerischen Alpen, keine
Spitzenpolitiker zur Verfügung stehen, sprechen wir mit der Kuh Benita, die
fünf Meter entfernt kauend auf der Weide steht und so stoisch schaut, wie
es in Berlin nur der Kanzler kann.
taz: Benita, erlauben Sie einem Preußen, der zum ersten Mal Urlaub in
Bayern macht, mit Blick auf die Berge schwimmen und wandern geht, einen
unqualifizierten Kommentar: Boah, ist das schön hier.
Benita: Ist Ihnen mal aufgefallen, dass die Leute politisch progressiver
werden, je hässlicher ihre Aussicht vor dem Fenster ist? Ich würde auch
wollen, dass alles anders wird, wenn ich aus der norddeutschen Tiefebene
kommen würde. Als antifaschistischer Kuh gehen mir die konservativen Bayern
trotzdem auf die Nerven.
taz: Die Ampel streitet schon wieder [2][über den Haushalt]. Ihr Kommentar
dazu?
Benita: Muuuh! Ich werde vor allem aus EU-Subventionen bezahlt und bleibe
deshalb entspannt. Und [3][die Bauernproteste] sind ja zum Glück vorbei.
taz: Wenn man hier in Bayern übers Land fährt, sieht man noch die
Protestschilder, die ich sonst aus Ostdeutschland kannte. Zum Beispiel:
„Fachkräftemangel? Gibts nur in der Regierung!“ Oder einen selbstgemalten
Grabstein für „den Bauern“.
Benita: So ein Schmarrn! Dass mein Bauer quicklebendig ist, spüre ich jeden
Tag schmerzhaft an meinem Euter. Den Fachkräftemangel auch. Hier fehlen
überall Arbeitskräfte, das örtliche Autohaus wirbt gerade mit 3.000 Euro
Prämie für einen vermittelten Verkäufer.
taz: Da Sie Ihr Euter ansprechen. Mein Sohn (7) hat gerade verstanden, dass
Ihnen die Kälber weggenommen wurden, damit die Menschen Ihre Milch trinken
können. Journalistenfrage: Wie hat sich das angefühlt?
Benita: Keine biografischen Fragen, das hatten wir vor dem Interview
abgemacht! Aber ja, ich als Kuh würde Ihnen Hafermilch empfehlen. Dass
Menschen die Muttermilch anderer Tiere trinken, ist [4][„weird“, wie Tim
Walz sagen würde].
taz: In dieser Woche haben Hubert Aiwanger und Steffi Lemke ein paar Ihrer
Kolleginnen auf einer Almtour besucht und sich dabei fotografieren lassen.
Benita: Steffi Lemke? Nie gehört. Letztes Jahr kam der Södermarkus noch
höchstpersönlich auf der Alm vorbei, aber da war auch Wahlkampf. Und der
Hubsi kann froh sein, dass seine Sommerreise ihn nicht zu mir geführt hat,
dem hätt’ ich aber einen Tritt gegeben. Antifa ist Hufarbeit!
taz: Die beiden haben auf der Alm angekündigt, den Bauern bei ihrem Kampf
mit dem Wolf zu helfen. Macht Ihnen der Wolf Angst?
Benita: Ich weiß nicht, was mir mehr Angst macht – bayerische Bauern mit
der Lizenz zu Schießen oder diese Preußen, die aus germanischer Folklore
ausgerechnet das Lieblingstier des Führers [5][schützen wollen], während
sie alle anderen gern auf den Grill legen.
taz: Bei meiner Deutschlandreise von den Brandenburger Seen bis zu Ihnen
bin ich diesen Sommer immer wieder [6][dem Sylt-Lied] begegnet. Hier bei
Ihnen im Dorf saß gestern im Wirtshaus ein Mann mit einem T-Shirt, das die
Sylt-Silhouette in Schwarz-Rot-Gold zeigt, dazu die Zeile: „Döp Dö Dö Döp…
Benita: Wer war das? Dem leg ich einen Fladen vors Haus!
11 Aug 2024
## LINKS
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[4] /Demokraten-im-Wahlkampf/!6025461
[5] /Woelfe-zum-Abschuss-freigegeben/!6000857
[6] /Ohrwurm-Antifa-nach-Sylt/!6012806
## AUTOREN
Kersten Augustin
## TAGS
Satire
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