# taz.de -- Nachruf auf Aktivisten Michael Sladek: Vordenker der Energiewende | |
> Michael Sladek war Umweltaktivist und eine der prägendsten Figuren der | |
> Bürgerenergiebewegung. Nun ist er im Alter von 77 Jahren gestorben. | |
Bild: Die Atomkatastrophe von Tschernobyl veranlasste Sladek, sich für eine gr… | |
Berlin taz | Seine Herzlichkeit war so unbändig, dass sie manchmal etwas | |
ruppig wirkte. Aber einem Michael Sladek konnte man das nie übelnehmen. | |
Seine ungestüme Art war offenkundig Wertschätzung für sein Gegenüber. Wozu | |
brauchte man da noch Etikette? | |
Michael Sladek war charismatisch. Er vermochte Menschen zu begeistern und | |
in eine Sache einzubinden. Widersachern ging er nie aus dem Weg, denn an | |
seinem analytischen Verstand kam ohnehin niemand vorbei. Mit diesen | |
Fähigkeiten ausgestattet gelang es ihm, gemeinsam mit seiner Frau Ursula | |
Sladek nach einem langen Kampf gegen die Atomkraft im Jahr 1994 die EWS zu | |
gründen, die Elektrizitätswerke Schönau. | |
Im Jahr 1997 übernahmen die [1][„Stromrebellen“], wie sie genannt wurden, | |
die Stromversorgung in dem Schwarzwaldstädtchen, die Marke EWS ist ein | |
Pionier auf dem Grünstrommarkt. Das Ehepaar erhielt zahlreiche | |
Auszeichnungen für ihr Engagement für grüne Energiegewinnung. 1946 im | |
schwäbischen Murrhardt geboren, kam Michael Sladek 1977 nach einem | |
Medizinstudium in Freiburg nach Schönau. Dort ließ er sich als Landarzt | |
nieder. | |
Dann passierte Ende April 1986 der Atomunfall von Tschernobyl. Der Reaktor | |
Nummer 4 explodierte im Atomkraftwerk, nahe der ukrainischen Stadt Prypjat, | |
damals noch Teil der Sowjetunion. Es war der bisher schlimmste Unfall in | |
einem AKW mit verheerenden Folgen für Menschen und die Umwelt. Der | |
Atomunfall erschütterte und besorgte die Welt. | |
## Sladek entdeckt die Bürgerenergie | |
Auch in Schönau gründete sich angesichts der radioaktiven Wolke eine | |
Elterninitiative, die sich aber nicht auflöste, anders als andere Gruppen | |
zu dieser Zeit, als der erste Schock verraucht war. Sie wurde vielmehr | |
politisch – durch Michael Sladeks Antrieb. Anfangs, erzählte er einmal, sei | |
er noch davon ausgegangen, dass man die Energiewirtschaft von oben | |
verändern müsse. Doch bald schwenkte er um und entdeckte die Bürgerenergie. | |
Als sich der örtliche Stromanbieter weigerte, Atomstrom aus seinem | |
Portfolio zu schmeißen, kam die verwegene Idee auf, das örtliche Stromnetz | |
zu kaufen und in Bürgerhand zu überführen. Diese Art von Hürden konnten | |
Michael Sladek nie wirklich abschrecken. | |
Ob es die beiden Bürgerentscheide in Schönau waren, die gewonnen werden | |
mussten, oder ob man Millionen von D-Mark auftreiben musste für den | |
Netzkauf – mit seiner lebensfrohen, einnehmenden Art fand der Mediziner | |
immer wieder die nötigen Unterstützer. | |
Für taz-Leser wurden Sladeks Stromrebellen ab Sommer 2000 bekannt: „10.000 | |
Umsteiger bis 31. Oktober“ lautete der Slogan der taz-Stromwechselkampagne. | |
Die rief dazu auf, Kohle- und Atomkonzernen die rote Karte zu zeigen und | |
ihren Stromanbieter zu wechseln. Sie sollten auf echte, damals noch rare | |
Grünstromangebote umsteigen. | |
## Söhne übernahmen Geschäft | |
„Watt ihr spart“ hieß damals ein Schönauer Tarif, „Watt ihr Volt“ ein | |
anderer. Nicht wenige taz-Leser wurden so zu Kunden und Stromrebellen – und | |
seitdem von Sladeks EWS beliefert. Im Jahr 2022 zählte das Unternehmen mehr | |
als 11.000 Genossenschaftsmitglieder. | |
Michael Sladek starb am Dienstag nach schwerer Krankheit mit 77 Jahren. Er | |
hinterlässt Frau und fünf Kinder. [2][Anfang 2015 schieden er und seine | |
Frau aufgrund ihres Alters aus dem Vorstand aus.] Zwei seiner Söhne führen | |
heute sein Unternehmen weiter. Zuvor waren beide bereits seit mehreren | |
Jahren als Geschäftsführer von Tochterfirmen der Netzkauf EWS tätig. | |
26 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
Bernward Janzing | |
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