# taz.de -- Kampf gegen Rassismus: Band für Mut gegen Rassismus | |
> Ayşe Demir vom Verein Türkischer Bund Berlin-Brandenburg wird für ihre | |
> Arbeit gegen Rassismus und Diskriminierung mit dem Band für Mut | |
> ausgezeichnet. | |
Bild: Ayşe Demirs setzt sich seit seit Jahren gegen Rassismus und Diskriminier… | |
Berlin taz | Die Vorstandsprecherin des Vereins Türkischer Bund | |
Berlin-Brandenburg ist eine feste Institution im Kampf gegen Rassismus und | |
Diskriminierung. Am 05. September wird Ayşe Demir dafür mit dem Band für | |
Mut ausgezeichnet. „Es ist schön, dass unsere Arbeit nicht unsichtbar | |
bleibt und gewürdigt wird“, sagt Demir der taz. Mit der Auszeichnung, die | |
vom Deutschen Gewerkschaftsbund und den Bundesländern Berlin und | |
Brandenburg, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Landessportbund vergeben | |
wird, werden Initiativen und Menschen geehrt, die sich für ein friedliches | |
Miteinander einsetzen. | |
In ihrer Arbeit bringt Demir verschiedene Initiativen wie Aufstehen gegen | |
Rassismus oder dem Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin | |
zusammen. Erfolge der Vereinsarbeit sind auch die Mitwirkung an der | |
Ausarbeitung des 2020 verabschiedeten Landesantidiskriminierungsgesetzes | |
(LADG), sowie des Partizipationsgesetzes (PartMigG) 2021. | |
Demir scheut auch nicht davor zurück, offensiv gegen Rassismus vorzugehen. | |
Als ein Interview mit Thilo Sarrazin noch vor seiner Buchveröffentlichung | |
2009 „Deutschland schafft sich ab“ in der Kulturzeitschrift Lettre | |
International erschien, klagte die TBB wegen Volksverhetzung. „Die Klage | |
wurde jedoch abgewiesen“, erzählt Demir. Die Begründung der Berliner | |
Staatsanwaltschaft: Seine Aussagen seien eher polemisch oder populistisch, | |
aber nicht rassistisch. | |
Doch Demir gab nicht auf und bereitete mit dem TBB eine Beschwerde bei dem | |
UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung ein. „Dann haben | |
wir wieder geklagt, aber diesmal gegen die Bundesregierung mit dem | |
Tatbestand, dass die Bundesregierung uns nicht ausreichend [1][gegen | |
Diskriminierung und Rassismus schützt]“, erklärt Demir. 2013 gewinnt der | |
TBB, ein Riesenerfolg. | |
## Man kann sehr wohl mehrere Heimaten haben | |
Doch es gibt auch schwere Momente, in denen sich Ayşe Demir fragt, ob es | |
sich denn noch lohnt für die Menschenrechte zu kämpfen. [2][Die meisten | |
rassistischen Aussagen, gegen die der TBB Strafanzeigen erstattet], werden | |
abgelehnt – für die Gerichte fallen sie unter den Mantel der | |
Meinungsfreiheit, erklärt Demir. „Auch wenn die meisten Anzeigen nicht | |
verfolgt werden, wird jede einzelne wegen Beleidigung oder Volksverhetzung | |
dokumentiert.“ | |
Demirs Vater kam 1965 als Gastarbeiter nach Berlin. In einer | |
Papierrecyclingfabrik wird er schnell befördert. Er lernt Deutsch und lebt | |
sich in seiner neuen Heimat gut ein. Der Fabrikbesitzer bietet ihm eine | |
Wohnung in seiner Stadtvilla in Ruhleben an. Ayşe Demir wird 1969 in | |
Schmargendorf geboren und wächst in Ruhleben auf. Demir hat häufig | |
rassistische Diskriminierung aufgrund ihrer kurdisch-alevitischen Wurzeln | |
erfahren. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei, wo sie | |
zwischenzeitlich für mehrere Jahre lebte. | |
[3][Für Ayşe Demir gibt es nicht nur eine Heimat. „Es gibt mehrere Heimaten | |
für mich]. Ich verbinde damit keinen nationalen Staat. Es ist ein Ort der | |
Akzeptanz, der Gewohnheit, der Zugehörigkeit und des Wohlbefindens“, sagt | |
Demir. Für die Antirassistin gehört auch Istanbul dazu, aber an erster | |
Stelle ist Berlin ihr Lebensmittelpunkt. | |
Auch wenn Demir ausgezeichnet wird, geht ihr Kampf weiter – besonders in | |
Zeiten, die von Rechtsextremismus und Neonazismus geprägt sind. Thüringen | |
und Sachsen haben gezeigt, in welche Richtung sich die Mehrheit in | |
Deutschland zurzeit bewegt und das bedeutet für Demir und ihr Team, noch | |
mehr antirassistische Arbeit leisten, noch mehr auf Diskriminierung | |
aufmerksam machen. „Wir als Gesellschaft dürfen nicht zulassen, dass | |
rassistische Aussagen und Vorurteile zur Normalität werden“, sagt Demir. | |
„Wenn wir jetzt eine schleichende Resignation zulassen, dann haben wir den | |
Kampf gegen rechts und Rassismus verloren.“ | |
5 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Derya Türkmen | |
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