# taz.de -- Trassenpreise für Züge: Bahnbranche will Schienenmaut dämpfen | |
> Die Gleisnutzung wird teurer – und die Verkehrswende gerät in Gefahr. Der | |
> Verband der Verkehrsunternehmen schlägt deshalb ein neues Preissystem | |
> vor. | |
Bild: Die Bahn wird die Trassenpreise erhöhen: Ein Zug der ODEG fährt auf der… | |
Berlin taz | Der Branchenverband der Verkehrsunternehmen (VDV) fordert eine | |
Reform der Schienenmaut – um so Eisenbahnunternehmen vor extremen | |
Preissteigerungen zu bewahren. Schon Anfang des Jahres stieg die Gebühr für | |
die Nutzung des Schienennetzes deutlich an, weitere massive Erhöhungen | |
stehen im Raum. Die Folgen: Kund:innen könnten höhere Ticketpreise | |
bevorstehen, Güterverkehr droht auf die Straße verlagert zu werden. | |
VDV-Vizepräsident Joachim Berends sprach von einem [1][„Teufelskreis aus | |
ständig und überproportional steigenden Trassenpreisen“], der einige | |
Bahnunternehmen in die Insolvenz zu treiben drohe. | |
Betreiber der Züge, die auf dem deutschen Schienennetz fahren, müssen die | |
Trassenpreise – eben eine Art Schienenmaut – an den Betreiber der | |
Infrastruktur zahlen. Die meisten Kilometer Schieneninfrastruktur betreibt | |
die DB Infrago. Die Infrastrukturtochter der Deutschen Bahn kündigte vor | |
Kurzem an, dass die Trassenpreise schon Mitte Dezember dieses Jahres um | |
durchschnittlich 6 Prozent steigen könnten, ein Jahr später droht eine | |
Steigerung von rund 19 Prozent im Durchschnitt. | |
Der Grund für die deutlichen Erhöhungen ist der Finanzierungsmechanismus, | |
den die Bundesregierung für die DB ausgetüftelt hat: Anstatt der Bahn nur | |
auf direktem Wege über den Bundeshaushalt für das Jahr 2025 Gelder | |
zuzusprechen, hat die Ampelkoalition beschlossen, auch [2][das Eigenkapital | |
des Staatskonzerns zu erhöhen] – an der Schuldenbremse vorbei. So sollen | |
insgesamt 10,4 Milliarden Euro bereitgestellt werden. | |
Für die Eigenkapitalerhöhung muss die DB jedoch Zinsen an den Bund zahlen. | |
Die Zinsen muss wiederum die Infrago aufgrund einer gesetzlichen Regelung | |
erwirtschaften, und ebendieses Geld soll durch höhere Trassenpreise | |
zusammenkommen. | |
## VDV schlägt zwei neue Modelle vor | |
Um den Teufelskreis zu durchbrechen, schlug der VDV am Montag zwei neue | |
Modelle für das Trassenpreissystem vor. Das erste Modell trägt den Namen | |
„Nachjustierung“: Damit soll etwa eine Grenze für Steigerungen der | |
Schienenmaut festgelegt werden. Laut Vizepräsident Berends ist das Modell | |
kurzfristig umsetzbar, hat deshalb allerdings auch Nebenwirkungen: | |
Bundesländer könnten sich unter Umständen trotzdem nur noch ein kleineres | |
Nahverkehrsangebot leisten, müssten also Busse und Bahnen abbestellen. Oder | |
die Verkehrsbetriebe müssten die Ticketpreise erhöhen, beispielsweise im | |
Fernverkehr der DB [3][oder beim 49-Euro-Ticket] – ein weiterer Nachteil | |
für Kund:innen. | |
Das zweite Modell, „Neukonzeption“, ist umfassender. Kernpunkt dieses | |
Vorschlags ist, dass die Schienenmaut nur noch auf Grundlage der Kosten | |
berechnet wird, die tatsächlich für eine Zugfahrt anfallen. In anderen | |
europäischen Staaten ist das schon der Fall. Allein in Deutschland kann die | |
DB Infrago auch sonstige Kosten, die sie für den Betrieb der Infrastruktur | |
tragen muss, über die Trassenpreise reinholen. | |
Der VDV will seine Modelle jetzt an das Bundesverkehrsministerium | |
herantragen und innerhalb der nächsten sechs Monate ausloten, wie sie sich | |
rechtlich umsetzen ließen. „Die Not ist groß“, machte Berends deutlich. | |
„Stark steigende Trassenpreise führen zur [4][Verlagerung von Verkehren von | |
der Schiene auf die Straße].“ Güterbahnen könnten zum Beispiel kaum mehr | |
mit Lkws mithalten. Dabei will die Bundesregierung für eine | |
klimafreundliche Verkehrswende eigentlich Transporte von der Straße auf die | |
Schiene holen. | |
Um den steigenden Trassenpreisen etwas entgegenzusetzen, sagte | |
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), er werde die Zinsen für das | |
Eigenkapital der DB Infrago ab 2026 von 5,9 auf 2 Prozent senken. Laut | |
Matthias Gastel, Bahnpolitiker bei den Grünen im Bundestag, müsse das | |
„jetzt schnell durch das Ministerium aufgegleist werden“. Langfristig aber | |
sei das nicht genug. „Wir müssen ran an die verfehlte Systematik der | |
Trassenpreise und für eine Senkung oder eine flexiblere Ausgestaltung | |
sorgen“, sagt auch Gastel. | |
Kurzfristig müsse das Instrument der Trassenpreisförderung herhalten: Im | |
Haushalt für das Jahr 2025 hat der Bund die Förderung auf 275 Millionen | |
Euro erhöht. Dieses Geld bekommen die Bahnunternehmen, um die hohen | |
Entgelte stemmen zu können. Doch selbst das reiche nicht aus, um höhere | |
Ticketpreise oder kleinere Angebote zu verhindern, wie Verbände erst | |
vergangene Woche warnten. Das Bündnis, zu dem unter anderem die | |
Klima-Allianz und die Eisenbahngewerkschaft EVG gehören, [5][forderte für | |
2025 deshalb] weitere 100 Millionen Euro Trassenpreisförderung für den | |
Gütertransport und 300 Millionen Euro für den Personenverkehr. | |
16 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.vdv.de/presse.aspx?id=6515dc3b-85cb-4412-88f3-811fec58343a&… | |
[2] /Debatte-ueber-Haushalt/!6032693 | |
[3] /Was-darf-Mobilitaet-kosten/!6034014 | |
[4] /Die-Folgen-der-Trassenpreiserhoehungen/!6028476 | |
[5] https://www.evg-online.org/meldungen/details/news/gewerkschaften-und-verbae… | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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