| # taz.de -- Tanzwissenschaftlerin über Pflanzen: „Mehr als nur Objekte“ | |
| > Dominika Cohn hat untersucht, was Pflanzen uns zu sagen hätten, wenn sie | |
| > sprechen könnten. Aus dem Ergebnis hat sie eine Tanzperformance gemacht. | |
| Bild: Erst zuhören, dann szenisch übersetzen: Tänzerinnen in der Performance… | |
| taz: Frau Cohn, wie tanzt man einen Farn? | |
| Dominika Cohn: Es geht nicht darum, den Farn zu tanzen, sondern die | |
| Spezifika der Pflanze auf die Bühne zu bringen und in ihrer | |
| Unterschiedlichkeit zu performen. Im Fokus steht das Hinterfragen des | |
| Zusammenseins von Mensch und Pflanze. Was hätte der Farn uns zu sagen, wenn | |
| er sprechen könnte? | |
| taz: Wie findet man das denn heraus? | |
| Cohn: Das ist die große Frage und Kern der Recherche. Da gibt es | |
| unterschiedliche Ansätze, sich einer Antwort anzunähern. Die | |
| Tänzer*innen haben im ersten Probenblock gegärtnert, der Choreograf hat | |
| Interviews, etwa mit einer Schamanen und einem Waldbiologen, geführt und | |
| ich habe posthumanistischen Input geliefert. | |
| taz: Was geben die für Antworten? | |
| Cohn: Natürlich haben sie unterschiedliche Herangehensweisen und vor allem | |
| eine andere Sprache. Die Schamanin spricht von Energien und Karma, der | |
| Biologe bezieht sich auf die Naturwissenschaften. Aber die Schlüsse, die | |
| sie ziehen, sind ähnlich. | |
| taz: Und zwar? | |
| Cohn: Es geht weniger darum, Stimmen eins zu eins zu übersetzen. Wir | |
| möchten sensibilisieren, dass [1][Pflanzen] nicht nur auszubeutende und zu | |
| verwertende Objekte sind. Mit der Performance schaffen wir einen zarten, | |
| zuweilen auch frappierenden, poetischen Raum, eine fiktive Welt, die die | |
| Menschen im Publikum veranlasst, weiterzudenken. Wir sind keine politische | |
| Zusammenkunft, aber das Stück lässt sich sehr politisch lesen. | |
| taz: Sind die Tanzenden so etwas wie Dolmetscher*innen? | |
| Cohn: In einem posthumanen Sinne sind sie es; auf eine verkörpernde und | |
| spürende Weise. Der [2][Tanz] als Ausdrucksform bietet sich für diese | |
| Annäherung jenseits des sprachlichen Verstandes an. Aber das Sein der | |
| Pflanzen, auch wenn man es als Sprachlichkeit verstehen möchte, driftet | |
| sehr weit auseinander. Mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, | |
| wollen wir dem Publikum etwas nahebringen. | |
| taz: Liegt das Problem nur beim Menschen oder gibt es auch Probleme | |
| zwischen Pflanzen? | |
| Cohn: Natürlich gibt es Probleme zwischen Pflanzen. [3][Invasive Pflanzen] | |
| können sich entweder [4][klimawandelbedingt] breitmachen oder wurden | |
| eingeschleppt und zerstören andere Arten. Aber fast alle Probleme sind | |
| menschlichen Ursprungs. | |
| taz: Hilft es denn, wenn ich am Morgen nach dem Stück auf dem Weg zur | |
| Arbeit eine sterbende Pflanze gieße? | |
| Cohn: Ja, vielleicht schon, wir versuchen Hoffnung mitzugeben und nicht das | |
| Publikum zu frustrieren. Sicher ist es toll, wenn man sich danach | |
| weitreichende Gedanken macht – sich vielleicht sogar mit dem Rechtsstatus | |
| der Pflanzen beschäftigt –, aber es wäre ein erster Schritt, wenn man z. B. | |
| die Pflanzen auf dem Arbeitsweg ein kleines bisschen mehr wahrnimmt, | |
| wertschätzt und vielleicht auch Sorge trägt. | |
| 16 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fanny Schuster | |
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