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# taz.de -- Asyl- und Migrationspolitik der Ampel: Grüne ringen um ihre Grenzen
> Die Hardliner-Forderungen von Friedrich Merz weisen die Grünen einhellig
> zurück. Über den eigenen Kurs gibt es intern aber Diskussionen.
Bild: Schon jetzt kontrolliert die Bundespolizei an der deutsch-polnischen Gren…
Berlin taz | Friedrich Merz schweißt die Grünen [1][mal wieder zusammen].
Über die Flügel hinweg sind sie sich am Mittwoch einig: Der hat einen
Schuss. „Wie ein Kind im Sandkasten“ führe sich der CDU-Chef auf, sagte
Fraktionschefin Katharina Dröge im Bundestag. „So kann man kein Land
regieren.“ Von einem „Schmierentheater“ sprach schon am Vortag die linke
Parteichefin Ricarda Lang, von einem „peinlichen Possenspiel ohne Respekt
vor dem europäischen Einigungsprojekt“ der Realo Dieter Janecek.
Dass die Union in einem nationalen Alleingang Flüchtlinge zurückweisen will
und das [2][Spitzengespräch mit der Ampel am Dienstag verlassen hat] –
zumindest ein Stück weit kommt es den Grünen gelegen.
So weit wie Merz wollen sie nicht gehen, auf dieses Stoppschild können sie
sich einigen. Sogar in der Koalition traten interne Streitigkeiten
kurzzeitig in den Hintergrund: Dass man europäisches Recht einhalten will,
ist in der Ampel noch Konsens. Und noch ein positiver Nebeneffekt für die
Grünen: In Abgrenzung zur CDU erscheinen sie fast wieder wie Garanten einer
halbwegs liberalen Migrationspolitik.
Zumindest rückt ein Stück weit in den Hintergrund, welche Verschärfungen
sie in ihrer Regierungszeit schon alle mitgetragen haben und mutmaßlich
noch mittragen werden. Erst in dieser Woche ging das sogenannte
Sicherheitspaket, auf dass sich die Ampelspitzen vor anderthalb Wochen
geeinigt hatten, in den Bundestag. Es beinhaltet unter anderem die
Streichung von Sozialleistungen für sogenannte Dublin-Flüchtlinge, für
deren Asylverfahren andere EU-Länder zuständig sind.
In der Fraktionssitzung der Grünen wurde es ausgiebig kritisiert. Zur
Diskussion stand sogar, die Einbringung ins Parlament zu verzögern. Am Ende
gab es keine Mehrheit dafür, aber die Ankündigung der Fraktionsspitze, die
Gesetzesänderungen „sehr ausführlich“ zu prüfen.
Doch während die parlamentarischen Beratungen über das eine
Sicherheitspaket erst anlaufen, hat die Regierung im Windschatten der
Aufregung um Merz schon die nächste Verschärfung auf den Weg gebracht: noch
härtere Maßnahmen zur Abschiebung von Dublin-Flüchtlingen, nach Möglichkeit
auch mittels Haft für die Betroffenen in Grenznähe. [3][Die genaue
Ausgestaltung ist noch unklar]. Es gebe rechtliche Vorgaben dafür, wer
eingesperrt werden darf, sagte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock.
Grundsätzlich sei ihre Partei aber „aus vollem Herzen“ dabei.
## „Was zur Hölle?“
Dagegen gab es, bei aller Einigkeit gegen Hardliner Merz, am Mittwoch aber
doch Widerspruch aus den eigenen Reihen. „Inhaftierung & Pushbacks an
deutschen Grenzen? Da sage ich aus vollem Herzen: Was zur Hölle?“, schrieb
Svenja Appuhn, Sprecherin der Grünen Jugend, auf der Plattform X.
Parteimitglieder kritisierten schon zuvor in einem offenen Brief den Kurs
der letzten Wochen. „Wir als Parteibasis sind besonders alarmiert, weil wir
den Rechtsruck nicht nur in der Gesellschaft spüren, sondern auch zusehen
müssen, wie unsere Partei dem Diskurs folgt“, heißt es darin. Bis
Mittwochmittag hatte der Brief 1.300 Unterschriften.
Gut möglich, dass auch der Parteitag im November von der Diskussion geprägt
wird, statt von der publikumswirksamen Kür Robert Habecks zum
Kanzlerkandidaten. Schon auf dem letzten Parteitag diskutierten die Grünen
intensiv über die Asylpolitik. Mit einer Brandrede [4][brachte der
Vizekanzler die Delegierten damals auf seine Seite].
Aus dem linken Flügel heißt es, damit würde er diesmal nicht mehr
durchkommen. „Wenn Robert Habeck will, dass seine Partei für ihn in einem
Jahr Wahlkampf macht, dann muss er jetzt migrationspolitisch das Ruder
rumreißen“, sagt ein Mitglied der Bundestagsfraktion.
12 Sep 2024
## LINKS
[1] /Gruene-im-Sachsen-Wahlkampf/!6033270
[2] /Zurueckweisungen-an-deutschen-Grenzen/!6036181
[3] /Nach-dem-gescheiterten-Migrationsgipfel/!6036235
[4] /Gruenen-Parteitag-und-Migrationspolitik/!5975548
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Ampel-Koalition
Bündnis 90/Die Grünen
Migration
Asyl
GNS
Immigration
Asylrecht
Schwerpunkt Afghanistan
Migration
Bundestag
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