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# taz.de -- Krieg in Nahost: Kippt die Stimmung gegen Netanjahu?
> Israel erlebt die größte Protestnacht seit Kriegsbeginn. Der Mord an
> sechs Geiseln in Gaza facht die Demonstrationen neu an. Netanjahu:
> unbeeindruckt.
Bild: 750.000 Menschen fordern einen Geiseldeal sofort. Wie lange kann Netanjah…
Jerusalem taz | Die Kaplanstraße im Herzen Tel Avivs und der nahe „Platz
der Geiseln“ sind seit Monaten die Brennpunkte der Demonstrationen für ein
Geiselabkommen. Doch so viele Menschen wie am Samstagabend waren noch nie
gekommen. Die Veranstalter sprachen von einer halben Million Teilnehmern in
Tel Aviv und 250.000 im Rest des Landes.
[1][Der Fund von sechs ermordeten Geiseln in Gaza vor einer Woche] hat in
Israel etwas in Bewegung gesetzt. Die Hamas hatte die Geiseln hingerichtet,
kurz bevor das heranrückende Militär sie befreien konnte. [2][Seitdem ist
kaum ein Tag ohne Massenproteste vergangen.]
„Das Blut klebt an deinen Händen“, sagte Nissim Kalderon an die Adresse von
Regierungschef Benjamin Netanjahu gewandt. Der Bruder des noch immer in
Gaza gefangenen 53-jährigen Ofer Kalderon forderte am Samstagabend in Tel
Aviv Netanjahus Rücktritt: „Mach Platz für jemanden, der sie zurückbringen
kann“, zitiert ihn die Zeitung Haaretz. Einav Zangauker, die Mutter der
Geisel Matan Zangauker, sagte auf einer Bühne vor dem Armeehauptquartier:
[3][„Solange Netanjahu an der Macht ist, werden wir Geiseln in
Leichensäcken zurückbekommen.“]
Netanjahu zeigte sich am Sonntagmorgen bei einer Kabinettssitzung
unbeeindruckt: „Die große Mehrheit der israelischen Bürger“ stehe hinter
Israels Kriegszielen, zitiert die Times of Israel den Regierungschef.
Umfragen zeigen, dass die israelische Öffentlichkeit wesentlich gespaltener
ist, als Netanjahu Glauben machen will. Eine Befragung des israelischen
Demokratie-Instituts ergab im August, dass mehr als die Hälfte der Israelis
für ein Abkommen über die Rückkehr der Geiseln und ein Ende des Krieges in
Gaza sind.
## Werden die Massenproteste etwas ändern?
Dass die Massenproteste nun etwas ändern, ist dennoch unwahrscheinlich.
Netanjahu hält, auch unter dem Druck seiner rechtsextremen
Koalitionspartner, seit Monaten an Bedingungen wie einer israelischen
Präsenz entlang der ägyptischen Grenze zum Gazastreifen fest. Die Hamas
hatte eine Einigung unter dieser Voraussetzung mehrfach ausgeschlossen.
Der jüngste Vorstoß der USA, beiden Seiten einen finalen Vorschlag
vorzulegen, gerät aber auch angesichts neuer Bedingungen der Hamas ins
Stocken. Vertreter der US-Regierung würden laut einem Bericht der
Washington Post derzeit die Situation neu bewerten. Die Hamas fordert
demnach nun im Austausch für zivile Geiseln die Freilassung
palästinensischer Gefangener, die wegen Anschlägen auf Israelis lebenslange
Haftstrafen verbüßen. Bisher war diese Bedingung nur für die Freilassung
von israelischen Soldaten im Gespräch gewesen.
Indes eskaliert die Lage im besetzten Westjordanland weiter. Am Freitag
sollen israelische Soldaten laut Augenzeugen der 26-jährigen US-türkischen
Aktivistin Aysenur Ezgi Eygi während eines Protests gegen die Siedlung
Eviatar im Dorf Beita in den Kopf geschossen haben. Die Armee teilte mit,
die Vorwürfe zu prüfen. Ihre Familie forderte eine unabhängige
Untersuchung. Menschenrechtsgruppen werfen der Armee vor, Vorwürfe intern
nicht wirksam zu prüfen. In der Vergangenheit hatte demnach nur rund eine
von einhundert internen Ermittlungen strafrechtliche Konsequenzen.
Ebenfalls am Freitag wurde im wenige Kilometer südlich von Beita gelegenen
Dorf Karijut ein 13-jähriges Mädchen erschossen. Seit dem Hamas-Überfall am
7. Oktober haben israelische Soldaten und Siedler im Westjordanland laut
dem palästinensischen Gesundheitsministerium mehr als 660 Palästinenser
erschossen, darunter sowohl bewaffnete Kämpfer als auch unbeteiligte
Zivilisten.
## Ausweitung des Gaza-Krieges
Im selben Zeitraum wurden mindestens 23 Israelis bei palästinensischen
Angriffen getötet. Eine großangelegte Armeeoperation mit Dutzenden
Getöteten im Norden des Gebietes schürte zuletzt Ängste vor einer
Ausweitung des Gazakrieges auf das Westjordanland.
Auch im Gazastreifen wird weiter gekämpft. Am Wochenende wurden Dutzende
Menschen bei Angriffen der israelischen Armee getötet, darunter am Sonntag
der Vizedirektor des Zivilschutzes in Nordgaza, Mohammed Morsi. Nach
Angaben der Organisation starben er und vier Mitglieder seiner Familie bei
dem Luftangriff auf sein Haus im Flüchtlingslager Dschablija.
8 Sep 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Felix Wellisch
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