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# taz.de -- Cannabis Social Clubs: Der legale Weg klemmt
> Ein Baustein beim Cannabisgesetz sind die Cannabis Social Clubs. Dafür
> braucht es Genehmigungen. In Berlin tut man sich schwer.
Bild: Die Cannabis-Vereine sollen eigentlich das wichtigste Instrument bei der …
Berlin taz | Die Euphorie war groß bei den Gegnern der Prohibition, als die
Ampelregierung die [1][Teillegalisierung von Cannabis] ab dem ersten April
dieses Jahres beschlossen hatte. Kiffen ist inzwischen erlaubt, der private
Anbau von Hanf ebenfalls, beides zwar verbunden mit diversen
Einschränkungen und Auflagen, aber immerhin.
Als Nächstes, so sieht es das neue Cannabisgesetz vor, soll man sein grünes
Kraut auch als Mitglied eines Cannabis Social Clubs in begrenzter Menge
legal beziehen dürfen. Noch in diesem Jahr sollte das möglich sein,
glaubten bis vor kurzem selbst die Vorsichtigen unter den
Cannabisaktivisten und sprachen von einem anvisierten „grünen Weihnachten“.
Das klingt nun, mehr als zwei Monate nach dem Stichtag 1. Juli, seit dem
sich laut Bundesgesetz die Cannabis Clubs um eine Genehmigung bemühen
können, ganz anders. In einer gerade vom RBB ausgestrahlten Dokumentation,
„[2][Kiffer-Chaos in Berlin]“, in der von „Katerstimmung statt Rausch“ …
Rede ist, gibt der Vorstand eines Berliner Cannabisvereins an, er sei schon
froh, wenn er nächstes Frühjahr mit dem Anbau von Hanf beginnen könne. Da
die Pflanzen auch noch wachsen, abgeerntet und getrocknet werden müssen,
könnten ihre Blüten wohl frühestens nächsten Sommer in den Joints landen.
Ein Gesetz, das Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband für „viel zu
kompliziert, fürchterlich überbürokratisiert und gespickt mit jeder Menge
schwachsinnigen Vorgaben“ hält, trifft derzeit auf Zuständige für die
Umsetzung dieses Gesetzes, denen er gleichzeitig „keine Fachkompetenz und
keinen Willen“ attestiert. Nicht überall in Deutschland freilich, in
Niedersachsen läuft es mit den Genehmigungen der Clubs, fast ein Dutzend
wurden bereits erteilt. Aber in allen anderen Bundesländern geht kaum etwas
voran.
Besonders dramatisch ist die Lage in Berlin. Hier wurde zwar jüngst auch
der ersten Anbauvereinigung die Genehmigung erteilt, doch man kann
annehmen, dass es so schnell keine weitere geben wird. Es gleicht
schließlich einem Wunder, dass es der Verein geschafft hat. Seit mehr als
zwei Monaten gibt es schließlich ein Gerangel zwischen der Berliner
Gesundheitsverwaltung, den einzelnen Stadtbezirken und dem Landesamt für
Gesundheit und Soziales (Lageso), wer nun für die Betreuung der
Cannabisvereine zuständig ist. Ein einziger Bezirk, Marzahn-Hellersdorf,
zeigte sich bereit, den Antrag eines Clubs zu bearbeiten, und der hat nun
auch seine Genehmigung bekommen.
## Blockade und Verwirrung
Doch nun geht es einfach weiter mit Blockade und Verwirrung. Auch die
Berliner Lokalmedien blicken längst nicht mehr durch bei dem ganzen
Wirrwarr, verkündeten aber zuletzt, dass eine Lösung gefunden worden sei.
Demnach würde das Lageso fortan für die Bearbeitung der Anträge zuständig
sein und die Bezirke für die Kontrolle der Clubs. Fragt man nun aber beim
Lageso an, teilt einem ein Pressesprecher mit, man würde hier die Anträge
nicht einmal in die Hände nehmen, rechtlich gesehen sei man weiterhin nicht
für deren Bearbeitung zuständig. Ein Sprecher der Gesundheitsverwaltung
wiederum gibt auf Anfrage an, man arbeite noch an einer Rechtsverordnung
für das Lageso und parallel an einer „Anpassung des Allgemeinen
Zuständigkeitsgesetzes“. Bis zur Verkündigung der Rechtsverordnung gelte
damit die „Auffangszuständigkeit der Bezirke“. Somit ist man in Berlin
wieder genau da angekommen, wo man bereits vor gut zwei Monaten war: Die
Bezirke, die außer Marzahn-Hellersorf allesamt gesagt haben, sie werden
sich nicht um die Anträge kümmern, sollen es richten.
Passieren wird also weiterhin gar nichts und Marzahn-Hellersdorf hat
bereits vorsorglich verkündet, sich fortan nur um Vereine kümmern zu
wollen, die im eigenen Bezirk angemeldet wurden. Auf die Frage in Richtung
Gesundheitsverwaltung, wann es denn ungefähr so weit sei, bis das Lageso
rechtssicher für die Anträge zuständig sein könnte, bekommt man nicht
einmal eine Antwort.
Oliver Waack-Jürgensen, Vorstand im [3][Dachverband deutscher Cannabis
Social Clubs] und im Cannabisverein Highground, fasst seine Gefühle
angesichts dieses Durcheinanders schlicht so zusammen: „Ich bin angepisst.“
Die andauernden Unklarheiten, das ewige Hin und Her bei gleichzeitigem
Stillstand hätten dazu geführt, dass die Bewegung der Cannabis Social Clubs
gerade am Zerfallen sei. „Die einen sagen, ich krieg mein Weed jetzt auch
ganz leicht als medizinisches Cannabis aus der Apotheke. Die anderen sagen,
ich habe daheim meine Hanfpflanzen und ich liebe sie.“
Wer kiffen möchte, kann sich schließlich inzwischen relativ leicht selbst
versorgen, natürlich auch weiterhin auf dem Schwarzmarkt. Für viele geht es
irgendwie auch ohne die Cannabis-Vereine, obwohl die ja eigentlich im Sinne
des Gesetzgebers das wichtigste Instrument bei der Bekämpfung des
Schwarzmarkts sein sollen.
Das ganz große Drama will Georg Wurth vom Hanfverband, anders als
Waack-Jürgensen, in der schleppenden Umsetzung des Cannabis-Gesetzes jedoch
noch nicht erkennen. „Es geht alles sogar schneller voran als ich vermutet
hatte“, sagt er. Drei Monate haben die zuständigen Behörden gemäß Gesetz
Zeit, um die Anträge der Cannabisvereine zu bearbeiten. „Ich hätte mich
auch nicht gewundert, wenn erst kurz vor Ablauf der Frist etwas passiert
wäre“, so Wurth. Doch zumindest in Niedersachsen wurden ja schon Mitte Juli
die ersten Genehmigungen erteilt.
Wurth meint, das, was mit den Cannabisvereinen nun in Deutschland versucht
werde, sei noch am ehesten mit Malta zu vergleichen, wo es ein ähnliches
Gesetz gebe. „Und da hat es zwei Jahre gedauert von der Verabschiedung des
Gesetzes bis zu den Genehmigungen von Cannabis Clubs.“ So gesehen geht es
fast schon rasant voran in Deutschland. Doch das, was gerade in der
deutschen Hauptstadt geschieht, macht auch ihm Sorgen. „Berlin ist schon
ein Sonderfall“, sagt er und erinnert daran, dass der Flughafen BER so lang
im Bau war, dass darüber garantiert auch auf Malta herzlich gelacht wurde.
Es könnte also durchaus sein, dass man selbst in dem Inselstaat demnächst
staunt, wie lange die in Berlin mal wieder brauchen, um etwas geregelt zu
bekommen.
Oliver Waack-Jürgensen will nun nicht mehr wetten, dass es nicht so kommt.
Sein Plan ist jetzt, seinen Verein als Anbaugemeinschaft in Brandenburg
anzumelden. Dort, so glaubt er, kann es einfach nur besser laufen als in
Berlin.
8 Sep 2024
## LINKS
[1] /Teillegalisierung-von-Cannabis/!5998888
[2] https://www.ardmediathek.de/video/dokumentation-und-reportage/rbb24-reporta…
[3] https://csc-dachverband.de/
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
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