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# taz.de -- VW kündigt Entlassungen an: Schock in Wolfsburg
> Der Autokonzern VW leidet unter schwachen Absatzzahlen und muss sparen.
> Die Belegschaft kritisiert, sie solle Fehler des Managements ausbaden.
Bild: VW-Konzernchef Oliver Blume hat sich für höhere Vorstandsgehälter eing…
Berlin taz | Das hat es in der Geschichte der deutschen Werke von
Volkswagen noch nie gegeben: Entlassungen und Schließung ganzer
Produktionsstätten. Ohne schnelles Gegensteuern könne nicht ausgeschlossen
werden, dass Autowerke und Komponenten-Fabriken geschlossen würden, teilte
die Unternehmensführung in einer internen Erklärung mit. „Die Lage ist
äußerst angespannt und nicht durch einfache Sparmaßnahmen zu bewältigen.“
Um welche Werke es konkret geht, ließ der Autobauer offen.
Gewerkschaft und Betriebsrat sind entsetzt. Betriebsratschefin Daniela
Cavallo warf dem Vorstand Versagen vor und kündigte in einer Extraausgabe
der Betriebsratszeitung Mitbestimmen „erbitterten Widerstand“ an. „Für u…
kommen Standortschließungen nicht infrage.“
Sie macht dem Vorstand schwere Vorwürfe. Der habe vor allem auf rein
elektrische Autos gesetzt, den Trend zu Hybrid-Fahrzeugen verpasst. Für
große Empörung sorgte zudem die Ankündigung des Vorstands, den Tarifvertrag
zur Beschäftigungssicherung vorzeitig kündigen zu wollen. Der läuft
eigentlich bis 2029.
Werksschließungen und Entlassungen sind bei den deutschen VW-Werken bislang
ein Tabu. Das VW-Gesetz des einstigen Staatsunternehmens schreibt vor, dass
Entscheidungen über Produktionsstätten nur getroffen werden dürfen, wenn
mindestens zwei Drittel des Aufsichtsrats dem zustimmen. Schließungen oder
Verlagerungen ins Ausland sind ohne Einverständnis der
Arbeitnehmervertretungen quasi unmöglich.
## Besonders die Geschäfte in China schwächeln
Hinzu kommt, dass das Land Niedersachsen zu den größten Anteilseignern
gehört und 20 Prozent der Stimmrechte hält. Und die Landesregierung in
Hannover ist ebenfalls am Erhalt der Arbeitsplätze interessiert. Nicht
zuletzt das erklärt, dass sich jeder fünfte Arbeitsplatz der weltweit rund
600.000 VW-Beschäftigten in Niedersachsen befindet.
Dass der VW-Vorstand nun mit Entlassungen und Werksschließungen droht,
zeigt, wie dramatisch die Lage für Europas größten Autokonzern inzwischen
ist. [1][Volkswagen leidet seit Monaten unter schwachen Absatzzahlen] bei
massiv gestiegenen Kosten.
Besonders die Geschäfte in China schwächeln, dem größtem Automarkt der
Welt. Volkswagen war dort lange der führende Autohersteller. Fast jedes
zweite Fahrzeug verkauften die Wolfsburger in der Volksrepublik. Diesen
Titel musste die Marke VW Ende 2022 an den chinesischen Konkurrenten BYD
abgeben. Entfielen 2020 noch 19,3 Prozent der Neuwagen-Verkäufe in China
auf die Marken des VW-Konzerns, waren es im vergangenen Jahr nur noch 14,5
Prozent.
## Transformation zum Elektroauto verschlafen
Was dem Unternehmen dort vor allem zu schaffen macht: [2][VW hat die
Transformation zum Elektroauto verschlafen]. Der E-Automarkt in China
boomt, VW hat in diesem Segment aber gerade mal einen Marktanteil von unter
3 Prozent. Die E-Autos von VW können vor allem bei der Batterietechnik und
der Software nicht mithalten, den beiden zentralen Bereichen moderner
E-Autos. Das Geschäft mit Verbrennern, lange Zeit der Renditebringer der
Wolfsburger, ist in der Volksrepublik hingegen weitgehend zum Erliegen
gekommen.
Um [3][mit der chinesischen Konkurrenz mithalten] zu können, investiert VW
derzeit Milliarden in ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum –
allerdings in China. In Deutschland ist der Verkauf von E-Autos wiederum
eingebrochen, nachdem die Bundesregierung zum Jahreswechsel die Zuschüsse
beim Kauf eines E-Autos spontan gekappt hat.
Um die dennoch dringend notwendigen Investitionen in die Elektromobilität
stemmen zu können, ist im ohnehin schwach ausgelastetem Stammwerk in
Wolfsburg Sparen angesagt. Bei dem 2023 beschlossenen Sparprogramm, das bis
2026 zehn Milliarden Euro Kostensenkung bringen soll, klafft allerdings
schon jetzt eine riesige Lücke. Insider sagten dem Handelsblatt, es fehlten
zwei bis drei Milliarden Euro, dem Manager Magazin zufolge fehlen sogar
fünf Milliarden Euro.
## Dieselskandal hat Milliarden gekostet
Ein weiterer Grund, warum VW bei der technologischen Entwicklung
hinterherhinkt: Der Konzern musste im Zuge des Dieselskandals von 2015
Milliarden zurücklegen. Volkswagen hatte 2015 auf Druck der
US-Umweltbehörde EPA zugeben müssen, giftige Diesel-Abgaswerte durch eine
Software manipuliert zu haben. Diese sorgte dafür, dass die Motoren die
Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand zwar einhielten, auf der Straße aber
ein Vielfaches ausstießen. Der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn
musste daraufhin seinen Posten räumen.
Eigentlich sollte er sich zusammen mit vier anderen VW-Managern schon 2021
vor Gericht verantworten. Das Verfahren wurde jedoch aus gesundheitlichen
Gründen zurückgestellt und erst am Dienstag aufgenommen. Das Braunschweiger
Gericht hat vorerst 89 Termine angesetzt.
3 Sep 2024
## LINKS
[1] /VW-und-BMW-melden-Gewinnrueckgaenge/!6024231
[2] /E-Mobilitaet-bei-VW/!6022739
[3] /Milliardensubventionen-aus-China/!6000652
## AUTOREN
Felix Lee
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