Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klimawandel am kältesten Ort der Welt: Hitzewelle in der Antarktis
> Mehr als 30 Grad zu warm ist es derzeit am Südpol. Besonders die Meere
> heizen sich auf – weltweite Folgen reichen von Eisschmelze bis
> Korallensterben.
Bild: Hitzewelle: Mit Beginn der 1960er Jahre sind die Wassertemperaturen stark…
Berlin taz | Hitze ist relativ, lässt sich derzeit in der Ostantarktis
beobachten: Der kälteste Ort der Erde erlebt derzeit eine ungewöhnliche
Hitzewelle. Aktuell ist dort dunkler Winter, normal sind Temperaturen
zwischen minus 50 und minus 60 Grad. Derzeit jedoch werden an vielen
Stellen nur milde minus 15 bis 20 Grad gemessen.
Eine Hitzewelle mit Minusgraden, die der Atmosphärenforscher Edward
Blanchard-Wrigglesworth gegenüber der US-Zeitung Washington Post als
„rekordverdächtig“ bezeichnet: „Weniger Meereis und ein wärmerer südli…
Ozean um den [1][antarktischen Kontinent]“ seien ein Grund für wärmeres
Winterwetter, so der Professor an der Washingtoner Universität.
Tatsächlich beträgt die aktuelle [2][Meereisausdehnung rund um den Südpol]
lediglich 16 Millionen Quadratkilometer und liegt damit nahe am
Rekordminimum aus dem vergangenen Jahr. Und auch die Oberflächentemperatur
der Ozeane bewegt sich aktuell mit durchschnittlich 21 Grad Celsius auf
Rekordniveau.
Dass es immer mehr Wärme auf der Erde gibt, verwundert Experten nicht:
„Derzeit hält die Menschheit durch ihre Treibhausfracht zusätzlich so viel
Energie pro Sekunde auf der Erde, wie 14 Atombomben der Hiroshimagröße
verursacht haben“, sagt der Atmosphärenphysiker Ralf Sussmann vom
Karlsruher Institut für Technologie.
## Aufgeheiztes Meer killt die Korallen
Weil Wärme viel einfacher in die Ozeane als beispielsweise in Sand oder Ton
übergeht, sind die Ozeane besonders betroffen: Nach Berechnung des
Weltklimarats IPCC haben die Weltmeere in den vergangenen Jahrzehnten 93
Prozent der Wärmeenergie aufgenommen, die durch den menschengemachten
Treibhauseffekt zusätzlich in die Erdatmosphäre gelangte.
Dass das nicht ohne Folgen bleiben kann, ist mittlerweile gut erforscht.
Beispielsweise erwartet der Weltklimarat IPCC, dass bei einem Anstieg der
globalen Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad zwischen 70 und 90 Prozent
aller Korallen weltweit abgestorben sind. Bei 2 Grad Temperaturanstieg sind
gar 99 Prozent vernichtet, auch die Kaltwasserkorallen.
Auch die Wassertemperaturen rund um das Great Barrier Reef in Australien
haben einen neuen Höchstwert erreicht: Nie war es in den letzten 400 Jahren
heißer im Korallenmeer als von Januar bis März 2024, schreibt ein Team der
University of Melbourne im Fachblatt Nature. Für ihre Arbeit haben die
Forschenden die Temperaturen der Meeresoberfläche von 1618 bis 1995 anhand
von Korallenskeletten aus dem Riff rekonstruiert und diese mit den
aufgezeichneten Temperaturen der Meeresoberfläche von 1900 bis 2024
abgeglichen.
Das Ergebnis: Mit Beginn der 1960er Jahre sind die Wassertemperaturen stark
gestiegen – um 0,12 Grad pro Jahrzehnt. Immer drastischer wird das 1.100
Kilometer große Great Barrier Reef von der Korallenbleiche gebeutelt: Die
zuständige Behörde, die „Great Barrier Reef Marine Park Authority“,
bilanzierte in diesem Jahr die fünfte [3][Massenbleiche von Korallen] in
nur acht Jahren.
„Während der Bleiche sind die Steinkorallen zwar noch nicht tot, aber stark
geschwächt“, erläutert Christian Wild, Professor für Marine Ökologie an d…
Universität Bremen. Sie wachsen fast nicht mehr und können sich auch nicht
mehr gegen Konkurrenten wehren. „Bleibt die Temperatur länger zu hoch,
sterben die gebleichten Korallen oft ab“. Ohne drastische
Emissionsreduktionen weltweit gehe der Kampf um die Korallen verloren.
## Antarktis-Hitze noch bis Mitte August
Aber nicht nur den Korallen setzt die zunehmende Hitze im Meer zu, auch
beispielsweise dem Schelfeisgürtel in der Antarktis. Dort schmilzt etwa der
Doomsday-Gletscher schneller als erwartet, weil warmes Ozeanwasser von
unten eindringt. Übersetzt bedeutet der Name so viel wie
Weltuntergangsgletscher, oder auch „Gletscher des Jüngsten Gerichts“.
Das passt: Diese gigantische Eismasse am Südpol in der Westantarktis ist
wie ein Korken, der den Inhalt einer Flasche – hier die unterirdischen
Wassermassen – bändigt. Einen Inhalt also, der besser bleibt, wo er gerade
ist: Wenn der Gletscher weg ist, steigt der Meeresspiegel um 7 Meter.
Laut Prognosen wird die [4][Hitzewelle] über der südlichen Antarktis noch
bis Mitte August anhalten: Es ist schon die zweite innerhalb von zwei
Jahren. Aber auch an Land geraten immer mehr Menschen unter Hitzestress:
Wie die Weltorganisation für Meteorologie ermittelt hat, wurden in den
vergangenen 12 Monaten in mindestens zehn Ländern an mehr als einem Ort
Tagestemperaturen von über 50 Grad Celsius gemessen.
9 Aug 2024
## LINKS
[1] /Antarktis/!t5022941
[2] /Eisschild-in-der-Westantarktis-schmilzt/!5965466
[3] /Korallensterben-in-Australien/!5843810
[4] /Hitzeschutz-und-Klimawandel/!6026351
## AUTOREN
Nick Reimer
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Antarktis
Hitzewelle
Korallen
Social-Auswahl
klimataz
Schwerpunkt Klimawandel
Zukunft
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Extremwetterkongress und Klimawandel: Flutrisiko verdoppelt
Experten warnen, dass sich der Klimawandel bereits exponentiell verstärkt,
schnell voranschreitet. Die Gründe dafür sind vielseitig.
Eisschmelze in der Antarktis: MARUM-MeBo70 hat's rausgekriegt
Mit einem Bohrer wollten Wissenschaftler herausfinden, warum das Eis in der
Antarktis unterschiedlich schnell schmilzt. Nun sind die Ergebnisse da.
Eisschild in der Westantarktis schmilzt: Die Kontrolle verloren
Egal, wie viel Treibhausgas emittiert wird, das Eisschild in der Antarktis
schmilzt, die Gletscher rutschen. Trotzdem sind CO₂-Minderungen sinnvoll.
Klimawandel bedroht Nord- und Südpol: So wenig Eis wie nie zuvor
Bislang galt das Meereis der Arktis als besonders bedroht. Doch jetzt
schlagen Klimaforscher auch für den Südpol Alarm.
Folgen der Klimakrise in der Antarktis: Finstere Aussichten
Eine Studie aus Großbritannien warnt: Hitzewellen und Gletscherabbrüche
werden häufiger. Das hat globale Auswirkungen – etwa für Küstenregionen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.