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# taz.de -- Gedenkstättenleiter von Buchenwald: Einen bedrohen, alle einschüc…
> Wer sich für die Demokratie engagiert, riskiert, von Nazis angefeindet zu
> werden. Nicht alle können danach auf Unterstützung aus der Politik
> zählen.
Bild: Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, steht hinter …
[1][Jens-Christian Wagner] ist Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und
Mittelbau-Dora. Er hat 350.000 Briefe an Thüringer*innen versandt und
sie dazu aufgefordert, bei der anstehenden Landtagswahl demokratische
Parteien zu wählen. Er hat nicht dazu aufgerufen, Faschos zu verprügeln.
Sondern er hat daran erinnert, dass bei der Wahl viel auf dem Spiel steht
und man bitte keine Rechtsextremen wählen soll.
Nun wird er bedroht. Dieser Satz verliert an Schlagkraft, weil ständig
Leute bedroht werden. Aber wenn ich Wagners Tweet zu der Angelegenheit
lese, dann halte ich einen Moment lang die Luft an. Er schreibt dort: „In
der Gedenkstätte Mittelbau-Dora wurde mein Konterfei auf eine
Todesmarschstele geklebt.“ Die Gedenkwand erinnert an die etwa 13.000
Opfer, die im [2][KZ Buchenwald zu Todesmärschen] gezwungen wurden. Eine
Weimarer „Montagsspaziergängerin“ habe ihm geschrieben, der verstorbene
SPD-Politiker Thomas Hartung habe die Quittung für sein Handeln bekommen –
und auch er werde seine Strafe noch erhalten, zitiert Wagner auf X. Hartung
war bildungs- und migrationspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion
und engagierte sich gegen rechts. Im Juli starb er an Krebs.
Das Gefühl, das sich beim Lesen einstellt, ist das gleiche wie am Sonntag,
als mir auf Instagram Videos von Rechtsextremen am Leipziger Bahnhof
angezeigt werden. 400 Neonazis stehen am Bahnhof, rufen rechte Parolen,
strecken die Fäuste in die Luft oder formen ihre Hände zu Okay-Zeichen, das
Symbol für White Power. Die Polizei umzingelt die Neonazis. Setzt sie fest.
Die rechte Demo in Leipzig fällt aus.
Zwar erklärt Wagner, beispielsweise im Interview mit der Süddeutschen
Zeitung, vorsichtiger geworden zu sein, abends nicht mehr am offenen
Fenster zu sitzen. Aber er sagt auch, im Austausch mit der Polizei zu
stehen. Auch wenn Wagner nicht unter Personenschutz steht, ist er zumindest
ein Stück weit durch die Beamten und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit
geschützt – so wie die Leipziger queere Community am Sonntag.
Der Austausch und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit schützen niemanden
komplett – das zeigt auf erschütternde Weise der [3][Mord an Walter
Lübcke,] der heute 71 Jahre alt geworden wäre. Doch zugleich haben Menschen
wie Wagner zumindest den Rückhalt anderer Demokrat*innen:
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt nannte die Drohungen gegen
Wagner inakzeptabel. Der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt sagte,
die Anfeindungen seien „unerträglich“. Wagner steht nicht allein da.
## Schutz für alle Demokrat*innen
[4][Viele andere Demokrat*innen, die sich im Privaten trauen, Widerstand
gegen rechts zu leisten], erfahren diesen Zuspruch aber nicht. Sie werden
nicht geschützt, wenn sie im Sportverein, bei der Arbeit oder in der Bar
nicht weggucken, wenn jemand angefeindet wird.
[5][Dirk Neubauer], mittelsächsischer Landrat, hat im Juli seinen Rücktritt
damit begründet, dass „da draußen zu viele den Mund halten“. Das zeigt, w…
wichtig es ist, dass Demokrat*innen ihre Stimme gegen rechten Hass
erheben.
Doch die Bedrohungen gegen Wagner sollen nicht nur ihn einschüchtern,
sondern alle Demokrat*innen – vor allem diejenigen, die nicht geschützt
werden. Auch sie müssen in den Fokus der Politik kommen und konkret
Unterstützung erfahren, immer und überall, wo die Demokratie und ihre
Bürger*innen von den Rechtsextremen verächtlich gemacht und bedroht
werden.
21 Aug 2024
## LINKS
[1] /350000-Briefe-an-Thueringerinnen/!6028360
[2] /Gedenkstaette-nahe-ehemaligem-KZ/!5869459
[3] /Todestag-von-Walter-Luebcke/!6014315
[4] /Gedenkstaettenleiter-Wagner-zu-Ost-Wahlen/!6015153
[5] /Vor-Landtagswahl-in-Sachsen/!6030586
## AUTOREN
Marie Sophie Hübner
## TAGS
Buchenwald
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Wahlen in Ostdeutschland 2024
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