# taz.de -- Streit um autofreie City in Hannover: Innenstadt-Drama, nächster A… | |
> In Hannover dreht der Kulturkampf ums Auto eine weitere Runde um den | |
> Block. Komplexe Probleme löst man so nicht, aber das will jawohl auch | |
> keiner. | |
Bild: Ach, wenn es doch so einfach wäre. In vielen Innenstädten wird um den P… | |
Am Ende reden wir [1][doch wieder nur über Parkplätze]. Etwas mehr als eine | |
Woche ist es her, dass SPD, CDU und FDP mit großem Tamtam ihr gemeinsames | |
Konzept für die Innenstadt vorgelegt haben. Angepriesen wurde der | |
Forderungskatalog aus 79 Punkten [2][als „ganzheitlicher Ansatz“, der „den | |
Bedürfnissen weiter Teile der Bevölkerung gerecht werde“]. | |
Und worüber wird am Ende geredet? Über genau zwei Punkte: den „Erhalt der | |
rund 4.000 Parkplätze innerhalb des Cityrings“ und „kostenloses Parken in | |
der Innenstadt ab 18 Uhr“. Glaubt wirklich irgendjemand, dass es die | |
kränkelnde Innenstadt beleben wird, wenn die Leute dort künftig schon um 18 | |
Uhr kostenlos parken dürfen statt wie bisher ab 20 Uhr? | |
Natürlich nicht. Es geht um den symbolischen Widerstand gegen die grüne | |
Forderung, man möge sein Gefährt doch bitte schön im Parkhaus abstellen, um | |
mehr Platz zu schaffen für Fußgänger, Radfahrer, Grün und | |
Aufenthaltsqualität. Letzteres will die konservative Mehrheitsfraktion (zu | |
der man die SPD nun halt zählen muss) ja auch. Aber bitte nur da, wo es | |
keinem Autofahrer weh tut – in der geringfügig erweiterten Fußgängerzone. | |
Ansonsten enthält das große, umfassende Konzept nichts, was nicht schon | |
[3][im integrierten Innenstadtkonzept der Stadt von vor zwei Jahren] | |
gestanden hätte: Man wünscht sich einen neuen Nutzungsmix aus Wohnen und | |
Arbeiten und Wissenschaft und Kultur anstelle der öden Shoppingmeile. | |
## Was ist denn eigentlich die Gegenvision? | |
Aber – und das ist natürlich ein Teil des Problem – den kann man halt nicht | |
einmal fix politisch beschließen und diktieren. Der hängt an Eigentümern | |
und Investoren, die sich oft nicht sonderlich für Hannover interessieren. | |
Da voranzukommen ist ein zähes Geschäft aus Locken und Werben, Bitten und | |
Betteln und bessere Rahmenbedingungen schaffen. | |
In [4][den Visionen des grünen Oberbürgermeisters Belit Onay] hätten diese | |
Rahmenbedingungen natürlich darin bestanden, den großen Wurf zu wagen und | |
Hannover dann als Kopenhagen oder Paris oder Barcelona Norddeutschlands | |
vermarkten zu können, als topmoderne, lässige, klimawandelresistente Stadt. | |
Stattdessen verheddert man sich im kleinlichen Gezänk um ein paar | |
Parkplätze mehr oder weniger, ein bisschen öde Fußgängerzone mehr oder | |
weniger. Und was ist [5][denn nun eigentlich die Gegenvision?] So etwas | |
wie: Kommen Sie her, siedeln Sie sich hier an, hier sieht es aus wie | |
überall sonst, wir haben leere Warenhäuser und mit etwas Glück finden Sie | |
auch einen Parkplatz? | |
In Wirklichkeit ist es ja so, dass nicht einmal Autofahrer ein Interesse | |
daran haben, mehr Autos in die Innenstadt zu locken. Dann fließt der | |
Verkehr nur noch zähflüssiger, wird die Parkplatzsuche noch mühseliger. | |
## Wie wäre es, Häuserzeilen wegzusprengen? | |
Jeder Autofahrer, der bis drei zählen kann, müsste ein vitales Interesse | |
daran haben, dass andere bitte schön möglichst mit Öffis oder dem Rad oder | |
zu Fuß unterwegs sind. Es ist nun einmal nicht unendlich viel Platz da, in | |
so einer Stadt. Es sei denn, wir fangen an, Häuserzeilen wegzusprengen, um | |
Platz für Straßen und Parkplätze zu schaffen wie Mitte der 50erJahre. | |
Möglicherweise haben SPD, CDU und FDP die Innenstadt einfach schon | |
aufgegeben. Es ist ja irgendwie auch logisch, dass sie Politik für die | |
machen, die sie noch wählen: Die Speckgürtelbewohner, die möchten, dass | |
sich möglichst wenig ändert. | |
Und natürlich ist auf beiden Seiten die Versuchung groß, sich auf den | |
Kulturkampf ums Auto zu konzentrieren – der ist überschaubar, simpel, führt | |
zu nichts, mobilisiert aber zuverlässig die eigene Anhängerschaft. | |
Am Ende bekommt jeder das, was der Deutsche am liebsten hat: Grund zu | |
meckern. Die einen darüber, dass in diesem Land nichts vorangeht. Die | |
anderen darüber, dass alles immer schlechter wird. Alles wie immer. | |
Vielleicht ist doch nichts doofer als Hannover. | |
7 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Verkehrspolitik-in-Hannover/!6001709 | |
[2] https://spd-hannover.de/meldungen/ganzheitlicher-ansatz-wird-beduerfnissen-… | |
[3] https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Politik/B%C3%BCrgerbet… | |
[4] /Streit-um-autofreie-Innenstadt/!5971351 | |
[5] /Hannovers-CDU-ersinnt-Innenstadtkonzept/!6013258 | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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