Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommunalpolitiker auf Instagram: Memes made in Hannover
> In Hannover bearbeiten sich die Ratsfraktionen von CDU und Grünen
> gegenseitig mit Memes. Jetzt ist die Frage: Ist auch noch ein Erwachsener
> im Raum?
Bild: Smartphone-Einsatz im Politbetrieb: In Hannover zählen gerade Memes zum …
Das ist schon ein bemerkenswerter Vorgang: Der CDU-Ratsfraktion in Hannover
ist ausnahmsweise ein Meme gelungen. Also mit Absicht, nicht aus Versehen.
Für die Älteren unter uns: Ein Meme ist so ein Foto oder Videoschnipsel,
das in sozialen Netzwerken kursiert. Meist nimmt man damit bekannte
Persönlichkeiten hoch, man nimmt eine bekannte Szene und versieht sie mit
einem neuen Kontext, in dem man sie irgendwo reinmontiert, mit satirischen
Sprüchen versieht oder Musik darunterlegt.
Das ist diese spezielle Art von Internethumor, sehr kreativ, oft lustig,
öfter auch gemein und/oder außerhalb des eigenen Rudels kaum verständlich,
weil so viele Anspielungen drinstecken.
Politiker werden da eigentlich eher zur Zielscheibe als zum Schöpfer – die
CDU sowieso. Sie wissen schon: ein auf die Tanzfläche tapsender Merz, ein
im falschen Moment feixender Laschet – alles Meme-Material.
Der Wert eines Memes misst sich aber auch daran, wie viele es aufgreifen,
abwandeln, weiterverbreiten. Insofern muss man jetzt einmal neidlos
anerkennen: Im ganz kleinen, also hannöverschen Maßstab ist das der
CDU-Fraktion ja schon gelungen.
Die wollte nämlich kritisieren, dass grüne Kommunalpolitiker kurzfristig
doch nicht mehr über das [1][Innenstadtkonzept] der Deutschlandfraktion
diskutieren wollten.
Also schrieb man etwas von „Die Grünen benehmen sich wie bockige Kinder“
und packte ein niedliches KI-generiertes Comic-Bengelchen mit verschränkten
Armen, vorgeschobener Unterlippe und grünem Pulli mit Sonnenblume dazu.
Das konnte wiederum die Grüne Ratsfraktion nicht auf sich sitzenlassen. Sie
setzte ein halbes Dutzend weiterer bockiger Kinder in die
Social-Media-Welt, verbunden mit Hinweisen darauf, warum es aus ihrer Sicht
gute Gründe gibt bockig zu sein – zu viele Autos in der Innenstadt zum
Beispiel.
Dieses sich gegenseitig beharken in den sozialen Netzwerken wurde wiederum
von lokalen und regionalen Medien dankbar aufgegriffen, zuallererst von der
Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Und fertig ist der
Wie-generiere-ich-Aufmerksamkeit-Schweinezyklus.
## Die Weihnachtspullis kriegen nicht so viele Klicks
Das wirkt natürlich angesichts der Entwicklungen der vergangenen Woche
gleich doppelt komisch oder auch prophetisch. Immerhin kommen den Grünen ja
anscheinend gleich eine [2][ganze Reihe von bockigen Kindern abhanden] –
erst als Wahlvolk im Osten und nun in den eigenen Jugendorganisationen.
Aber das ist vielleicht ein anderes Thema.
Angesichts der lustigen Meme-Produktion ist die Versuchung natürlich groß,
sich jetzt als einziger Erwachsener im Raum aufzuspielen. Da wird dann
schnell mit Worthülsen um sich geworfen wie „Haben die nichts Wichtigeres
zu tun?“ oder „Wie kindisch ist das denn?“. Aber das ist natürlich auch …
bisschen billig und blendet vor allem die eigene Rolle komplett aus.
Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass die Bürgersprechstunde des
Oberbürgermeisters auf [3][Instagram] so viel Diskussionen oder Kommentare
provoziert hätte, in der er – zusammen mit dem Kämmerer Axel von der Ohe –
den städtischen Haushalt erörtert hat.
Nicht einmal seine jährlichen Weihnachtsgrußvideos, in denen er immerhin
seinen sonst so seriösen Business-Look kurzzeitig gegen hinreißend
geschmacklose, bunte Motivpullis tauscht, erzielen so viele Klicks.
Letztlich sind wir halt doch alle gleich, Bürger wie Politiker,
Medienmacher wie Mediennutzer: Wir finden es einfacher, uns über Quatsch
aufzuregen, als uns andauernd mit den wirklich schwierigen und komplexen
Themen zu beschäftigen.
Erwachsen ist vermutlich, wer begreift, was er da tut – und von anderen
nicht mehr erwartet, als er selbst zu liefern bereit ist. Und wer am Ende
doch wieder seufzend an die Arbeit geht. Mal sehen, wer damit den Anfang
macht.
5 Oct 2024
## LINKS
[1] /Streit-um-autofreie-City-in-Hannover/!6028288
[2] /Nach-Ruecktrittswelle-bei-den-Gruenen/!6035815
[3] /Instagram/!t5018703
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Kolumne Provinzhauptstadt
Soziale Netzwerke
Kommunalpolitik
Hannover
Aufmerksamkeit
TikTok
Kolumne Provinzhauptstadt
Memes
SPD
Kolumne Provinzhauptstadt
Kolumne Provinzhauptstadt
Kolumne Provinzhauptstadt
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Toxic Trait“ auf Tiktok: Antitoxische Selbstkritik
Der Tiktok-Trend „Toxic Trait“ rückt unsere dunklen Seiten ins Rampenlicht
– humorvoll und ehrlich. Doch was steckt hinter dem Phänomen?
Ausrangierter Fernsehturm in Hannover: Millionen für eine Werbetafel
In der Stadt debattiert man, ob Events oder Miniappartments den Fernsehturm
hinterm Bahnhof retten. Aber ist das überhaupt sinnvoll?
TikTok-Trend „Gen Z wrote the script“: Was passiert, wenn Boomer Gen-Z-Slan…
Ein neuer Trend erobert Tiktok: Boomer imitieren Gen-Z-Slang und erreichen
damit Millionen – doch nicht jeder Versuch begeistert.
Ungerechte Umverteilung von Fördergeld: SPD verliert politischen Kompass
Ich komme aus einer Sozi-Familie. Aber ich verstehe den Haufen nicht mehr.
Dieses Mal geht es um die Haushaltsvorschläge der Deutschlandkoalition.
Spielbank in Hannover: Rien ne va dings
In Hannover gibt es Ärger um die Ausschreibung der Spielbanklizenzen. Dabei
hat das Geschäft auch so schon ziemlich viel Glamour verloren.
Gewalt an Schulen: In der Eskalationsspirale
Aufgebrachte Eltern, eine entsetzte Lehrerin, ein Konflikt, der eskaliert –
das ist der Klassiker. Aber bei näherem Hinsehen ist manches anders.
Streit um autofreie City in Hannover: Innenstadt-Drama, nächster Akt
In Hannover dreht der Kulturkampf ums Auto eine weitere Runde um den Block.
Komplexe Probleme löst man so nicht, aber das will jawohl auch keiner.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.