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# taz.de -- Ausrangierter Fernsehturm in Hannover: Millionen für eine Werbetaf…
> In der Stadt debattiert man, ob Events oder Miniappartments den
> Fernsehturm hinterm Bahnhof retten. Aber ist das überhaupt sinnvoll?
Bild: Suboptimale Wohnlage: Der kleine Fernsehturm hinter Hannovers Hauptbahnho…
Vielleicht liegt es an meiner urlaubsbedingten Entfernung von Hannover.
Manche Rathaus-Diskussionen erscheinen von weitem noch alberner. Die um den
„Telemoritz“ genannten Fernsehturm hinterm Hauptbahnhof zum Beispiel.
Der sollte abgerissen werden, weil er als Werbeträger für VW Nutzfahrzeuge
ausgedient hatte und so arg sanierungsbedürftig ist, dass man einen
zweistelligen Millionenbetrag reinstecken müsste, was selbst VW in der
aktuellen Lage für eine Werbetafel zu teuer erscheint.
Prompt erhob sich das Wehklagen. Immerhin haben wir uns an dieses Türmchen
als Orientierungshilfe arg gewöhnt, er hat Generationen von betrunkenen
Studenten heimgeleuchtet, angeblich kann man ihn auch vom Deister aus
sehen. Und überhaupt ist der Mensch ein Gewohnheitstier, Menschen aus
Hannover erst recht.
Der Denkmalschutz knickte auch prompt ein. Erst hatte man das
Unter-Schutz-Stellen abgelehnt, immerhin ist das Ding zigmal umgebaut
worden. Auch die VW-Leuchtreklame, von der manche glauben, sie sei bis zu
diesem Sommer immer dran gewesen, wurde erst in den 2000er-Jahren
installiert.
Aber plötzlich fand man in der Behörde dann doch, das Türmchen sei
historisch genug – der zweite seiner Art bundesweit! – und prägend für die
Silhouette der Stadt und so. Gedacht war das wohl so, dass es eine mögliche
Um- und Nachnutzung des Türmchens befördern sollte. Dazu lagen zwei
Konzepte vor, von denen eines noch ein bisschen irrer ist als das andere.
Eines firmiert unter dem gruseligen Namen „der gute Turm“ und wurde von
einer Gruppe um den Musikproduzenten Mousse T. ausgeheckt. Es sieht vor,
aus dem Ding eine Kultur- und Eventlocation zu machen, die wirtschaftliche
Tragfähigkeit ist zweifelhaft.
Das zweite, eine Art Wohnturm, kommt von dem Unternehmer, der sich einen
jahrelangen Rechtsstreit mit der Stadt geliefert hatte, um ein fensterloses
Boxhotel genehmigt zu bekommen.
In Teilen der Ratspolitik wurde dieses Konzept als das minimal
realistischere bevorzugt. Die informelle Deutschlandkoalition aus SPD, CDU
und FDP hat einen entsprechenden Ratsbeschluss herbeigeführt. Der war
allerdings nicht mehr als eine Empfehlung an VWN, weil das Unternehmen als
Eigentümer den Verkauf beschließt.
Die Grünen fanden es empörend, dass der CDU-Fraktionschef hier einen Bieter
befördert, der von seiner Anwalts- und Notarkanzlei vertreten wird. Was
aber bei allen anderen nur Achselzucken hervorruft, weil man von CDU und
FDP ja eh nichts anderes erwartet.
Mich erinnert die Debatte an die Elternstrategie in der Bock- und
Trotzphase, wo du andauernd fragst: Das grüne oder das blaue T-Shirt? In
der Hoffnung, so zu verhindern, dass sich das Kind plärrend auf den Boden
wirft, weil es sich überhaupt nicht anziehen will. Aber müsste man in
diesem Fall noch mal darüber reden, dass Anziehen halt manchmal echt doof
ist?
## An teurem Wohnraum mangelt es nicht
Beide Entwürfe haben den Haken, dass der Turm als solcher am Ende kaum noch
zu erkennen sein wird. Der Entwurf, der nun den Vorzug bekommen hat, sieht
zudem circa 120 verschachtelte Mini-Apartments vor.
Die gehören nun aber – aus Mietersicht – zu den teuersten Wohnformen
überhaupt, aufgrund der baulichen Besonderheiten hier werden sie sicherlich
noch einmal teurer. Der Mangel an teurem Wohnraum ist in Hannover aber gar
nicht so groß.
Dazu kommt, dass diese teuren Wohnungen dann zwar mitten in der Innenstadt
stehen – aber da, wo sie am hässlichsten, lautesten und räudigsten ist.
Rund herum finden sich seelenlose Klötze aus mehreren Jahrzehnten: Das
Bredero-Hochhaus, an dem nichts vorangeht. Die Bahnzentrale. Ein
scheußliches Einkaufszentrum. Die vermodernde Raschplatzhochstraße. Die
Bahntrasse. Der Busbahnhof. Un-Orte, Nicht-Orte, Transit-Orte. Wer zum
Kuckuck will denn so wohnen?
Nun ja, immerhin wird VW Nutzfahrzeuge, dem künftigen „Investor“ ein paar
Millionen Euro auf einem Notaranderkonto mitgeben –damit die Finanzierung
des teuren Abrisses am Ende nicht an der Allgemeinheit kleben bleibt, wenn
all diese großartigen Konzepte gescheitert sind.
Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 15.10. und wurde
aktualisiert, nachdem sich VWN für den Verkauf an Wohnturm-Investor Oliver
Blume entschieden hat.
25 Nov 2024
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
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Mieten Hannover
Volkswagen
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