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# taz.de -- Extremismus in England: Frauenhass ist Terror
> Nach rechten Krawallen soll die Extremismusstrategie in UK geprüft
> werden. Die Idee, Frauenhass als Terrorismus zu werten, steht im Raum.
> Richtig so!
Bild: Rechte Gesinnungen gehen oft mit Frauenhass einher. Ein Demonstrant in Le…
Wird sich der MI5, der britische Inlandsgeheimdienst, in Zukunft häufiger
mit Gewalt gegen Frauen auseinandersetzen? Wird er mit seinem Motto „Regnum
defende“ (Verteidige das Königreich) bald auch die nationale Bekämpfung von
Frauenhassern und Gleichstellungsverweigerern koordinieren? Und könnten
Staatstrojaner bald auf den Laptops von potenziellen Gefährdern für Frauen
installiert werden? Wahrscheinlich nicht.
Aber der Begriff Extremismus könnte im Vereinigten Königreich bald
ausgeweitet und mit einer interessanten Überarbeitung ausgestattet werden.
Nämlich um extremen Frauenhass als Ideologie. Dieser soll dann wie
islamistischer oder rechtsextremer Terror behandelt werden. Gut so! Denn
Gewalt gegen Frauen ist Terrorismus und gehört mit allen politischen
Mitteln bekämpft.
Terrorismus ist ein vager Begriff. Wenn Medien von einem terroristischen
Anschlag reden, ist meistens unklar, worum es sich genau handelt. In den
meisten Fällen aber um einen politisch motivierten Gewaltakt. Terrorismus
wird meist aus direkter Indoktrination geboren. Personen, meist jung, aus
instabilen Verhältnissen kommend und sinnsuchend, werden gezielt für höhere
ideologische Zwecke manipuliert.
Alle Formen von Terrorismus haben Dinge gemein: Sie verfolgen ein konkretes
Ziel und setzen eine extremistische Ideologie durch. Vor allem schürt
Terrorismus aber Angst, indem er Menschen ihrer Sorglosigkeit beraubt.
## Drohungen, Isolation, Gewalt
Und tatsächlich hat Terror gegen Frauen ein ähnliches Muster. Neben
körperlicher Gewalt zeigt er sich vor allem dadurch, dass er auf die
Biografie einer Frau Einfluss nimmt. Drohungen, emotionaler Druck und
Isolation kontrollieren Betroffene. Insbesondere dann, wenn die Gewalt –
wie in den meisten Fällen – in den eigenen vier Wänden ausgeübt wird und
das eigene Zuhause in einen Ort verwandelt, in dem Angst regiert.
Und die Gefahr für Frauen in Großbritannien ist real. Die britische Polizei
meldet jährlich rund eine Million Gewaltdelikte gegen Frauen. Das sind mehr
als 2.700 an einem Tag. Und mehr als 20 Prozent aller Straftaten im ganzen
Land. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nur um die erfassten Straftaten.
Die Dunkelziffer für Gewaltdelikte gegen Frauen dürfte wohl noch höher
liegen.
Diese Zahlen zu senken gleiche einer Mammutaufgabe, der die Polizei allein
nicht gewachsen sei: „Die Polizeiarbeit wird ihren Teil dazu beitragen,
aber das Ausmaß und die Dringlichkeit der Herausforderung erfordern eine
gesamtgesellschaftliche Reaktion“, [1][hieß es im Juli aus britischen
Polizeikreisen.]
## Indoktrinierung über Tiktok
Ob genau das der Grund [2][der britischen Innenministerin Yvette Cooper
war, den Terrorismusbegriff neu zu erwägen]? Eher wollte sie wohl die Frage
beantworten, wie die Regierung mit den rechtsextremen Ausschreitungen
umgeht. Die Strategie, die im Oktober vorgestellt wird, soll
„extremistische Trends erkennen und beobachten“. Einer dieser Trends ist
die weiter zunehmende Radikalisierung der Gewalt gegen Frauen.
Zwar gibt es keinen misogynen Masterplan, den eine Handvoll Männer
schmiedet und durchzusetzen versucht. Die Indoktrination erfolgt auch
online. Wer will und seinen Algorithmus entsprechend füttert, bekommt auf
Tiktok Massen an Videos reingespült, die stereotype Rollenbilder
propagieren und Gewalt gegen Frauen verherrlichen.
[3][Im August 2021 tötete ein 22-Jähriger fünf Personen] in der englischen
Hafenstadt Plymouth mit einer Waffe, nachdem er sich im Internet
radikalisiert hatte. Er wurde mit der Incel-Bewegung in Verbindung
gebracht, die das Leid und die Misere von jungen Männern im Feminismus und
in der Emanzipation der Frau begründet sieht.
## Es braucht politische Maßnahmen
Der Schock auf den tödlichen Anschlag war groß, Aufrufe zur Bekämpfung von
schädlichen Online-Inhalten wurden laut und der Druck auf die mittlerweile
regierende Labour Party nach 14 Jahren Tories war immens. Der Vorstoß der
britischen Innenministerin wäre angesichts dessen ein guter Versuch,
feministische Inhalte in der britischen Innenpolitik zu verankern.
Angesichts der aktuellen Gesetzeslage wäre der [4][Vorschlag des britischen
Innenministeriums] eine 360-Grad-Drehung im Kampf gegen Gewalt an Frauen
und deswegen wohl auch nur ein symbolischer Akt. Denn momentan gelten
Straftaten, die gezielt Frauen und Mädchen ins Visier nehmen, nicht mal als
Hassverbrechen.
Trotzdem: Um den fortschreitenden Frauenhass on- und offline zu bekämpfen,
braucht es wirksame politische Maßnahmen. Und zwar jetzt. Am besten wäre
dann beides: extreme Misogynie sowohl als Hassverbrechen als auch als
Terrorismus zu verstehen.
Richtigstellung: Im Text wird gesagt, die britische Regierung erwäge,
extreme Frauenfeindlichkeit als Terrorismus einzustufen. Dies ist falsch.
Die Regierung prüft lediglich, ob extreme Frauenfeindlichkeit Teil der
neuen Anti-Extremismus-Strategie werden soll. Die taz übernahm den
Terrorismusbegriff aus englischen Medien, die ihn inzwischen zu
‚Extremismus‘ korrigierten.
19 Aug 2024
## LINKS
[1] https://news.met.police.uk/news/tackling-violence-against-women-and-girls-w…
[2] https://www.bbc.com/news/articles/c15gn0lq7p5o
[3] /Amoklauf-im-englischen-Plymouth/!5793714
[4] https://www.bbc.com/news/articles/c15gn0lq7p5o
## AUTOREN
Clemens Schreiber
## TAGS
Gewalt gegen Frauen
England
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Schwerpunkt Femizide
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