# taz.de -- Neues vom Hamburger Zeitungsmarkt: Abendblatt auf Diät | |
> Weil die alte Druckerei schließt, erscheint das Blatt im kleineren | |
> Rheinischen Format. Damit verliert die bürgerliche Zeitung ihre gewohnte | |
> Üppigkeit. | |
Bild: Neue Größenverhältnisse am Frühstückstisch: die taz und das Abendbla… | |
Hamburg taz | Liebling, sie haben die Zeitung geschrumpft, war der spontane | |
Gedanke, als Donnerstag früh die morgendliche Hauslektüre auf dem | |
Frühstückstablett lag. Milchigere Farben, kleinere Schrift, und das Format | |
stimmte nicht. Normalerweise lag die kleine taz zusammengefaltet im großen | |
Hamburger Abendblatt. Die eine mit ihrem Titellogo in Kirschrot, das Blatt | |
mit einen durchgezogenen, moosgrünem Balken. Der ist auf einmal nur noch | |
hauchdünn, die ganze Zeitung kaum größer als die [1][linke Konkurrenz]. | |
Hassliebe wäre zu viel gesagt, aber die Autorin verbindet viel mit dem | |
Abendblatt. Es ist kontinuierlicher, verlässlicher Informationslieferant | |
zum einen. Dass in Hamburg die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, wird | |
vermeldet. Dass [2][Taylor Swift] als Wachsfigur ins Panoptikum an der | |
Reeperbahn kommt, auch. Und auf der Meinungsseite kommt | |
[3][Ex-Uni-Präsident Dieter Lenzen] als „einer der klügsten Köpfe der | |
Stadt“ zu Wort, der über das Hamburgischsein schreibt. Kleiner Tipp: | |
Understatement gehört dazu. | |
Ein Kästchen auf der Titelseite klärt auf. Informiert, dass die Zeitung | |
fortan im neuen Format erscheint. Ein Lesertelefon bietet Auskunft an. | |
Leider löst der frühere Besitzer, der Springer-Verlag, seine Druckerei in | |
Ahrensburg auf. Alternativ fand die seit 2014 zur Funke-Medien-Gruppe | |
gehörende Zeitung eine Druckerei im gut 200 Kilometer entfernten | |
Braunschweig. Und die kann das alte „Nordische Format“ nicht drucken. | |
Deshalb erscheint die Zeitung im „Rheinischen Format“. Man sei selbst | |
traurig darüber, heißt es am Telefon. | |
Doch die neue Zeitung habe nicht weniger Inhalt, verspricht | |
Vize-Chefredakteur Berndt Röttger [4][auf abendblatt.de]. Man erhöhe die | |
Seitenzahl auf 36. Täglich erscheinen nun Nachrichten aus dem Norden in | |
einem eigenen Teil. Auch wird der Redaktionsschluss für die gedruckte | |
Zeitung nach vorn verlegt. Das ganze sei „kein Sparprogramm“. Lediglich die | |
Überschriften und der weiße Rand werden „deutlich kleiner“, schreibt | |
Röttger, „wir nutzen das Papierformat also besser aus.“ | |
## Völlig überflüssige Informationen | |
Stimmt die Küchenwaage, dann ist das neue Druckerzeugnis etwa 35 Gramm | |
leichter. Multipliziert mit der bei Wikipedia genannten Auflage von 115.755 | |
Exemplaren, spart das täglich rund vier Tonnen Papier. | |
Aber die Anmutung dieser Zeitung ist schon eine andere geworden. Die | |
Schrift drängt unten fast aus dem Rand, die im Formatvergleich nun | |
ungewöhnlich großen und grellen Anzeigen lassen den Inhalt nebensächlich | |
erscheinen. Es ist die wichtigste Zeitung am Platz. Die mit den meisten | |
Exklusivgeschichten der Stadtregierung, im Gegenzug schimpft sie mancher | |
regierungstreu. Die mit einem Hang zu [5][rechter Law-and-Order-Kampagne], | |
etwa wenn es um [6][Jugendliche mit Problemen] geht. Die, wo es von Belang | |
ist, wenn das Marketing möchte, dass eine Straße nach [7][einem | |
umstrittenen Modemacher benannt] wird. Die, die schlicht von allen | |
bürgerlichen Verwandten gelesen wird, sprich, die das Bürgertum vertritt. | |
Ganz ohne dieses Druckerzeugnis wird Hamburg keinesfalls sein. Die Zeitung, | |
so hört man, soll auf jeden Fall weiter auf Papier erscheinen. Nachdem die | |
Hamburger Morgenpost nur noch am Wochenende in Papierform erscheint und die | |
taz ähnliches plant, wird sie die einzige tägliche Zeitung für Hamburger | |
sein, die gern Papier zwischen den Händen haben, das nicht Bild-Zeitung | |
heißt. | |
Aber ein Verlustgefühl ist es schon, so viel weniger Papier in den Händen | |
zu halten. Die Zeitung erschien damit immer so üppig, so opulent. Sie | |
informierte völlig überflüssig, mit großzügigen Fotos layoutet, auch über | |
die wohlhabende Welt. Über edle Restaurants, zu denen die Autorin niemals | |
hingehen würde, und über Ferienimmobilien an Nord- und Ostsee, die sie nie | |
kaufen könnte. | |
Und als die [8][Energie knapp wurde,] hätte sie beinahe eine Presse | |
gekauft, mit der sich aus Zeitung Briketts formen lassen. Es kam mit dem | |
Abendblatt auch einfach täglich eine schöne Menge Wertstoff ins Haus. Kaija | |
Kutter | |
2 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] / | |
[2] /Taylor-Swift-in-Hamburg/!6022763 | |
[3] /Studie-zu-Ursprung-des-Coronavirus/!5751369 | |
[4] https://www.abendblatt.de/hamburg/article406783201/das-hamburger-abendblatt… | |
[5] /Debatte-nach-Randale-in-Kinderklinik/!6009081 | |
[6] /Kampagne-fuer-geschlossenes-Heim/!5939987 | |
[7] /Karl-Lagerfeld-Promenade/!6012139 | |
[8] /Umgang-mit-Energiepreiskrise-in-Hamburg/!5872014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Zeitung | |
Hamburger Abendblatt | |
Druckerei | |
Lesen | |
Social-Auswahl | |
Schwerpunkt Zeitungskrise | |
Dresden | |
Schwerpunkt Stadtland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das Ende der Hamburger Morgenpost: Metropole ohne Boulevard | |
Die „Hamburger Morgenpost“ erscheint seit vergangener Woche nicht mehr | |
täglich. Seither fehlt unserem Autor etwas im Tagesalltag. | |
Medienvielfalt in Deutschland: Madsack macht den Sack zu | |
Die Mediengruppe Madsack aus Hannover übernimmt die sächsische | |
DDV-Mediengruppe – und besitzt nun alle Dresdner Lokalblätter. | |
Journalistik-Professor über Zeitungen: „Nicht nur vom Sterben sprechen“ | |
Man müsse über staatliche Förderung sprechen, meint Journalistik-Professor | |
Klaus Meier. Weil Journalismus auch eine Infrastruktur der Demokratie ist. |