# taz.de -- Energiewende kommt voran: So viele Solarzellen wie noch nie | |
> Der Ausbau der Photovoltaik boomt. Damit das so bleibt, muss die | |
> Bundesregierung weitere Maßnahmen ergreifen, fordern Branche und | |
> Umweltschützer. | |
Bild: Erneuerbare Energie: Photovoltaikanlagen auf den Dächern | |
Berlin taz | Immer mehr Privatleute und Unternehmen in Deutschland setzen | |
auf eine Photovoltaik-Anlage, um selbst Strom zu produzieren. Im April | |
dieses Jahres waren mit rund 3,4 Millionen Solaranlagen mit einer | |
Nennleistung von insgesamt rund 81.500 Megawatt so viele wie noch nie | |
installiert. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Die Zahl | |
der Anlagen ist damit gegenüber April 2023 um fast 30 Prozent gestiegen, | |
die installierte Leistung um 20,5 Prozent. Nicht erfasst in der Statistik | |
[1][sind sogenannte Balkonkraftwerke], die derzeit ebenfalls einen Boom | |
erleben. | |
Solarstrom ist wichtig für die Wende weg von fossilen Energien zu | |
klimafreundlichen. Bis zum Jahr 2030 sollen nach dem Willen der | |
Bundesregierung 80 Prozent des benötigten Stroms aus erneuerbaren Quellen | |
kommen. Insgesamt sollen dann 25 Prozent des Strombedarfs aus Solarenergie | |
stammen. Im Jahr 2023 wurden bereits rund 53,6 Millionen Megawattstunden | |
Strom aus Photovoltaikanlagen ins Netz eingebracht. „Damit entfielen 11,9 | |
Prozent des eingespeisten Stroms in Deutschland auf Photovoltaik – ein | |
neuer Höchstwert“, berichtete das Statistische Bundesamt. Im Jahr 2022 | |
waren es 10,6 Prozent gewesen. | |
Auch 2024 geht der Boom weiter. Nach Angaben des Bundesverbands | |
Solarwirtschaft stiegt die installierte Leistung der Photovoltaikanlagen in | |
den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent. | |
Wachstumstreiber waren vor allem der Bau von Anlagen auf Freiflächen und | |
auf Firmendächern. „Gestiegen ist die Investitionsbereitschaft zuletzt vor | |
allem bei Unternehmen, die ihre Firmendächer mithilfe der Solarenergie | |
elektrifizieren wollen, aber auch bei Privathaushalten ist sie | |
grundsätzlich weiter hoch“, sagte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des | |
Branchenverbands. | |
Im sogenannten Heimsegment, also Anlagen auf Privathäusern, ist die | |
Nachfrage in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um rund 5 Prozent | |
gesunken. Allerdings hatte sich die auf Eigenheimen installierte Leistung | |
in den fünf Jahren zuvor verzehnfacht. Damit die Ziele der Bundesregierung | |
erreicht werden, sei eine verlässliche Förderung erforderlich, so der | |
Bundesverband Solarwirtschaft. Außerdem müssten noch bestehende Barrieren | |
beim Zugang zum Netz beseitigt werden. | |
## Preise für Module sind gefallen | |
Trotz des Booms ist die Produktion von Solarmodulen in Deutschland stark | |
gesunken. In den ersten drei Monaten 2024 wurden mit 495.600 Stück 52,8 | |
Prozent weniger Solarmodule hergestellt als im 1. Quartal des Vorjahres. | |
Dieser Trend wird sich fortsetzen. [2][Die Hersteller hierzulande leiden | |
unter der chinesischen Konkurrenz,] die den Markt mit Billigangeboten | |
flutet. Die Unternehmen hatten deshalb von der Bundesregierung Hilfen | |
gefordert. Nachdem klar ist, dass es die nicht geben wird, haben etliche | |
die Produktion in Deutschland eingestellt. | |
Allerdings ist auch der Wert der eingeführten [3][Solarzellen und | |
Photovoltaikmodule] gesunken. Der Bundesverband Solarwirtschaft erklärt das | |
zum einen mit vollen Lagern. Nach dem Ende der Coronakrise hätten viele | |
Händler:innen ihre Lager sehr gut gefüllt, um Lieferengpässe zu | |
vermeiden. Deshalb können sie die Nachfrage noch bedienen, ohne weitere | |
Ware importieren zu müssen. „Andererseits sind die Preise der PV-Module in | |
den vergangenen Monaten weiter gefallen“, sagte Hauptgeschäftsführer | |
Körnig. „Der Wert der importierten Anlagen hat daher nur wenig Aussagekraft | |
auf die tatsächliche Entwicklung der neu installierten | |
Photovoltaikleistung.“ | |
Eine konkrete Prognose für das Gesamtjahr 2024 möchte er nicht abgeben. | |
„Wir gehen aber davon aus, dass wir auch in diesem Jahr die Ausbauziele der | |
Bundesregierung übertreffen“, sagte er. | |
Der Naturschutzbund Nabu begrüßt den Ausbau der Solarenergie, verlangt aber | |
weitere Maßnahmen der Bundesregierung. Der Boom bedeute nicht, dass sich | |
die Entwicklung von selbst fortsetze, warnte Rebekka Blessenohl, | |
Energieexpertin des Nabu. „Es gibt noch genug Baustellen.“ Der Nabu fordert | |
unter anderem die Einführung eines Solardachstandards, der mindestens eine | |
Pflicht für eine Photovoltaikanlage auf gewerblichen und öffentlichen | |
Dächern vorsieht. „Der Staat muss seine Vorbildfunktion verfestigen“, sagte | |
Blessenohl. Perspektivisch solle so eine Pflicht für alle Dächer gelten. | |
Außerdem dürfe der Staat die Akzeptanz für die Solarenergie nicht | |
gefährden. Aktuell bestehe diese Gefahr bei der Umsetzung einer | |
EU-Richtlinie, mit der Genehmigungen vereinfacht werden sollen. Ein Teil | |
davon ist die Abschaffung von Umweltprüfungen – und damit der Beteiligung | |
von Bürger:innen an dem Verfahren. „Die öffentliche Beteiligung darf | |
nicht wegfallen“, so Blessenohl. Wenn Bürger:innen keinen Einfluss auf | |
Projekte nehmen können, lehnen sie sie eher ab, fürchtet die | |
Energieexpertin. | |
29 Jul 2024 | |
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[3] /Deutsche-Solarbranche-in-der-Krise/!5993515 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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