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# taz.de -- Regierungserklärung von Olaf Scholz: Merz beklagt „karikaturenha…
> Mit heftigen Attacken reagiert die Opposition im Bundestag auf die
> Regierungserklärung des Kanzlers. Der warnt vor einem „Wettbewerb mit
> Populisten“.
Bild: Berlin, 26. Juni: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einer Regie…
Berlin afp/taz | Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat der Regierung
von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Verlust der Handlungsfähigkeit
attestiert. „Sie haben für kein Ziel Ihrer Regierung mehr die Unterstützung
auch nur eines Teils, geschweige denn der Mehrheit der Bevölkerung“, sagte
Merz im Plenum des Bundestags an den Kanzler gerichtet. „Noch nie in der
Geschichte unseres Landes hat eine Regierung so gegen die klaren Interessen
der eigenen Bevölkerung regiert wie Sie.“
Die Ampelkoalition habe „keine Idee, keinen Plan, kein Konzept mehr für
Deutschland“ und werde nur noch wegen des „reinen Machterhalts“
zusammengehalten, ätzte der CDU-Bundesvorsitzende. Als Beleg nannte er die
[1][Schwierigkeiten der Koalition], einen Haushaltsentwurf für das kommende
Jahr vorzulegen.
Die wirtschaftliche und politische Schwäche Deutschlands habe Konsequenzen
für ganz Europa, kritisierte Merz. „Von keinem anderen Land in Europa geht
gegenwärtig so viel Unsicherheit und so viel Unklarheit aus wie von
Deutschland.“ Dabei müsste Deutschland eigentlich der Stabilitätsanker
Europas sein.
Merz reagierte mit seiner Rede auf die vorangegangene Regierungserklärung
des Bundeskanzlers. Scholz hatte darin eingeräumt, dass die Politik
Vertrauen verloren habe – zugleich zählte er eine Reihe von Maßnahmen auf,
die er als Erfolg seiner Koalition wertete.
„Ständige Krisenerfahrungen haben Vertrauen erschüttert, das kann man gar
nicht anders sagen“, sagte Scholz. Es gebe aktuell einen „Wettbewerb mit
dem Populisten und Extremisten, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger für
ihre Zwecke missbrauchen“. Die Politik stehe [2][vor der Aufgabe, der
Verunsicherung entgegenzuwirken]: „Was wir tun müssen ist, die Sicherheit
stärken – die Sicherheit im Inneren und Äußeren.“
Das Thema Sicherheit werde „klare Priorität“ in dem Haushaltsentwurf für
das kommende Jahr haben, den die Koalition im Juli vorlegen werde, kündigte
Scholz zu den bevorstehenden Gipfeln von EU und Nato an. „Ohne Sicherheit
ist alles nichts – und das werden wir mit dem, was wir hier auf den Weg
bringen, auch zum Ausdruck bringen.“
Scholz bezeichnete das Ergebnis der Europawahl, bei der seine Partei ein
historisch schlechtes Ergebnis eingefahren hatte, als „Einschnitt“: Das
Ergebnis habe gezeigt, „dass ganz offenbar angesichts all der vielen Krisen
vielen die Zuversicht abhanden gekommen ist“ sagte er. Daraus folge ein
Auftrag an die Regierung: „Wir müssen dort, wo Zuversicht fehlt, sie neu
begründen.“
Einsparungen im Sozialbereich lehnte Scholz ab, weil dies zu Lasten des
gesellschaftlichen Zusammenhalts gehen würde: Es dürfe „keine Einschnitte
geben bei der sozialen Gerechtigkeit, bei Gesundheit, Pflege oder Rente“.
Ziel der Regierung müsse es sein, dass die Wirtschaft wieder schneller
wachse – denn der Staat habe mehr Ausgabenspielraum, „wenn der Kuchen
wächst“.
## Scholz warnt vor Verteilungsdebatten
Seine Koalition werde deshalb gemeinsam mit dem Haushaltsentwurf einen
„Wachstumsturbo“ mit auf den Weg bringen, kündigte Scholz an. Dazu gebe es
„sehr kollegiale Gespräche in der Bundesregierung“, fügte der Kanzler hin…
– und erntete dafür Gelächter von der Opposition.
Eindringlich warnte der Kanzler vor Verteilungsdebatten – der Schwerpunkt
müsse viel eher auf der Konjunkturbelebung liegen. Scholz beklagte eine
„unglaubliche Ausbreitung des Nullsummen-Denkens“. Dieses führe nur „zu
Neid und Missgunst und nicht zum Miteinander“.
Merz erwiderte, die Darstellung des Kanzlers habe „wirklich etwas
Karikaturenhaftes“ an sich. Der CDU-Chef machte die Politik der
Bundesregierung auch für das Erstarken von extremen politischen Kräften
verantwortlich.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt der Koalition vor, keine
Lehren aus ihrem [3][schlechten Abschneiden bei der Europawahl] gezogen zu
haben. Dobrindt bilanzierte: „Migration tatenlos, Wachstumsschwäche
tatenlos, Wohlstandsverlust tatenlos: Sie haben keinen Plan, Sie haben
keine Idee für das Land, und manche bezweifeln, ob Sie überhaupt noch eine
Koalition haben.“
## Streit um Ukraine-Politik der Bundesregierung
Der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann warf Scholz mit Blick auf den
Ukraine-Krieg einen falschen Ansatz vor. Es fehlten wegweisende
Entscheidung in Richtung Frieden und Sicherheit, sagte der Vorsitzende der
Linkengruppe im Bundestag. „Aufrüstung führt nur zur Drohkulisse und zur
falschen Prioritätensetzung im Inneren, aber nicht zu mehr Frieden und
Sicherheit“.
AfD-Chef Tino Chrupalla warf der Koalition vor, die Interessen der
Bürgerinnen und Bürger nicht zu vertreten. „Nur wenn die Bürger abgeholt
werden und sich auch wahrgenommen fühlen, werden sie auch die Institutionen
und die Akteure dahinter akzeptieren“. Dies geschehe aber nicht. „Genau das
ist der Grund, Herr Scholz, warum sie bei der Europawahl diesen Klatsch
gekriegt haben.“
Auch die Abgeordnete Sahra Wagenknecht vom BSW attackierte die Koalition,
sie ignoriere die Sorgen der Menschen. „Ihr Verständnis von Demokratie ist
wirklich bemerkenswert: Die Wähler erteilen Ihnen und der ‚Ampel‘ eine
Abfuhr sondergleichen, und Sie machen einfach weiter, als wäre nichts
passiert“, sagte Wagenknecht. Das finde sie „schlicht empörend“. Außerd…
betreibe Scholz eine Politik, die „Schritt für Schritt in einen großen
europäischen Krieg hineinführen“ könne.
Zuvor hatte der Bundeskanzler den [4][BSW und die AfD wegen ihres Boykotts]
der [5][Bundestagsrede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj]
scharf angegriffen. „Das war falsch, das war feige und dieses Hauses
unwürdig“, sagte Scholz in seiner Regierungserklärung.
Alle Parlamentarier des BSW und die der AfD bis auf vier Abgeordnete waren
der Rede vor zwei Wochen ferngeblieben. „Wir lehnen es ab, einen Redner im
Tarnanzug anzuhören“, lautete die Begründung der AfD-Fraktionsspitze. Das
BSW warf Selenskyj vor, er trage dazu bei, „eine hochgefährliche
Eskalationsspirale zu befördern“, während es auf der anderen Seite „Signa…
aus Moskau zu einem Waffenstillstand entlang der jetzigen Frontlinie“ geben
würde.
Scholz wies am Mittwoch im Bundestag die [6][vom russischen Präsidenten
gestellten Bedingungen] für einen Waffenstillstand zurück. „Putin setzt
weiter voll auf Krieg und Aufrüstung, darüber darf niemand hinwegsehen“,
sagte er. Dies zeige sich „am deutlichsten an seinem vermeintlichen
Waffenstillstandsangebot“. Dieses fordert von der Ukraine die Abgabe von
durch Russland noch gar nicht besetzten Gebieten und den Verzicht auf
jeglichen militärischen Beistand in der Zukunft.
Wer glaube, dass die Ukraine „das überleben würde und dass daraus ein
dauerhafter Frieden in Europa wird, der muss schon sehr viel Russia Today
schauen“, sagte Scholz. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erteilte dem
AfD-Abgeordneten Steffen Janich in der Debatte einen Ordnungsruf, weil er
Scholz während dessen Rede als „Kriegstreiber“ bezeichnete.
26 Jun 2024
## LINKS
[1] /Ampel-Verhandlungen-ueber-Bundeshaushalt/!6016241
[2] /Ampelkoalition-in-der-Krise/!6013639
[3] /SPD-nach-der-Europawahl/!6013312
[4] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bsw-selenskyj-rede-100.html
[5] /Wolodymyr-Selenskyj-in-Berlin/!6013432
[6] /SPD-Altvordere-kritisieren-Olaf-Scholz/!6017309
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