# taz.de -- Kunst auf Friedrichshainer Friedhof: Gestickte Poesie rund um den T… | |
> Das „Deadly Matters Kollektiv“ regt mit Installationen auf einem Friedhof | |
> zum Nachdenken über Leben, Sterben und Tod an. Ein kleiner Rundgang. | |
Bild: Gestickte Poesie weht sachte im warmen Wind auf dem Friedhof in Friedrich… | |
Berlin taz | Das hier ist mein Revier. Schon fast 30 Jahre lang kenne ich | |
den Friedhof mit dem schönen Namen [1][Georgen-Parochial-Friedhof II] wie | |
meine Westentasche. Seit zehn Jahren gehe ich morgens und abends 15 Minuten | |
zu Fuß über den Todesacker, wenn ich mit dem Rad zur Arbeit in die taz | |
fahre. Neues fällt sofort auf. So wie dieses Schild, das plötzlich am | |
Haupteingang an der Landsberger Allee 48–50 den Weg zu „Deadly Matters“ | |
zeigt. | |
Es handelt sich um eine vom Berliner Senat geförderte Ausstellung, die bei | |
freiem Eintritt bis 18. Juli zu den regulären Friedhofsöffnungszeiten von 8 | |
bis 20 Uhr zugänglich ist. Wegweiser führen zu den einzelnen, über den | |
Friedhof verstreuten Installationen. Das „Deadly Matters Kollektiv“ – so | |
nennen sich die sieben Künstlerinnen – hat den Friedhofsraum auf sich | |
wirken lassen. | |
Herausgekommen sind „ortsspezifische Installationen, die den Zugang zu den | |
vielen Dimensionen des Todes und des Lebens öffnen“, wie es auf der | |
[2][Homepage zur Ausstellung] heißt. Und das „ortsspezifisch“ trifft es | |
gut. Der noch heute genutzte 13 Hektar große Friedhof wurde 1867 angelegt. | |
Neben neuen Grabreihen und modernen Urnenfeldern gibt es eine Menge | |
historischer Mausoleen und uralter umzäunter Gräber. Einige wurden | |
aufwendig saniert; die Mehrzahl verfällt immer mehr, von der Natur | |
überwuchert. | |
In genau so einer Grabanlage steht je ein Stuhl in den vier Ecken, die zum | |
Verweilen einladen – und zum Lauschen. Über einen QR-Code lässt sich das | |
Klangstück „The call of Silence“/ „Der Ruf der Stille“ von Natallia | |
Kunitskaya anhören. Die 5,26 Minuten beginnen mit einem Herzton, der von | |
einem bedrohlichen Maschinenton und Babygeschrei abgelöst wird. | |
## Reise durch den Lebenszyklus | |
Das ist ergreifend, wenn man weiß, dass nur weniger Meter entfernt ein | |
historisches Grab zu einer Grabanlage für Sternenkinder umfunktioniert | |
wurde. Zu hören sind auch Krankenwagensirenen (das Krankenhaus | |
Friedrichshain liegt gegenüber dem Friedhof), Kirchenglocken, Lachen, | |
Gesprächsfetzen, Orgelmusik, das Piepen eines medizinischen Apparats … Die | |
Installation gleicht einer akustischen Reise durch den gesamten | |
Lebenszyklus. | |
In einer ganz anderen Ecke des Friedhofs steht ein weißes Zelt auf einer | |
frisch gemähten Wiese. Katya Romanova hat hier ein Pop-up-Café eröffnet. Es | |
trägt den Namen „berlin bones“. Das ist mehr als sinnfällig, wenn man wei… | |
dass unter dieser Wiese die Gebeine von Verstorbenen ruhen, die aus den | |
Jahren 1200–1717 stammen, vor rund zwölf Jahren erst geborgen und dann | |
wieder beigesetzt wurden. | |
Hier veranstaltet die Künstlerin Gespräche und gemeinsame Mahlzeiten, „die | |
einen Raum für den Austausch von Erinnerungen, Gefühlen und Erfahrungen | |
über Tod und Gedenken eröffnen“ sollen. Essen und Trinken sind bekanntlich | |
wesentliche Elemente von Trauerritualen. Am Abend des 9. Julis findet ab | |
18.30 Uhr eine Diskussion zum Thema Sterbebegleitung statt ([3][Anmeldung | |
erbeten]). „Todesangelegenheiten“ eben, wie man den englischen | |
Ausstellungstitel übersetzen kann. | |
Bis 18. Juli, Programm und Anmeldungen zu Veranstaltungen: | |
[4][www.dasistkunst.com] | |
9 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://evfbs.de/index.php?id=169 | |
[2] https://www.dasistkunst.com/ | |
[3] https://lu.ma/0x301yl6 | |
[4] https://www.dasistkunst.com/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
## TAGS | |
Friedhof | |
Künstlerinnen | |
Sterben | |
Tod | |
Klangkunst | |
Tod | |
Friedhof | |
wochentaz | |
taz-Serie Wasser | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ausstellung „Totentanz“ in Lübeck: Wenn der Schnitter kommt | |
Ein Dauerbrenner, unser irdisches Ende: Eine deutsch-finnische Ausstellung | |
in Lübeck zeigt Variationen zum zerstörten „Totentanz“-Bild von 1464. | |
Friedhöfe als Grünfläche: Kartoffeln vom Gottesacker | |
In Berlin werden immer weniger Friedhofsflächen für Bestattungen benötigt. | |
Als Parks oder Gemüsegärten finden sie neues Leben. | |
Grabstätte im Friedwald: Papa Baum | |
Der Vater unserer Autorin liegt unter einer Buche begraben. Lange haderte | |
sie mit dem Ort, bis sie bei einem Besuch verstand, was sie an ihm hat. | |
taz-Serie Nah am Wasser: Nun muss es nur noch regnen | |
Der Evangelische Friedhofsverband macht einen Friedrichshainer Friedhof fit | |
für den Klimawandel. Eine riesige Regenwasserzisterne ist das Kernstück. |